Münster (ukm/jug) – Hepatitis E ist die wohl am wenigsten bekannte Art der viralen Leberentzündung. Seit einigen Jahren nehmen die Fälle in Deutschland aber deutlich zu – auch, weil niedergelassene Ärzte die Krankheit immer öfter erkennen. Warum die Fallzahlen steigen und wie unterschiedlich die Krankheit verlaufen kann – dazu Dr. Phil-Robin Tepasse, Funktionsoberarzt in der Medizinischen Klinik B für Gastroenterologie und Hepatologie am UKM (Universitätsklinikum Münster), im Interview.

Was ist Hepatitis E? Die Krankheit ist bisher nur wenigen Menschen ein Begriff.

Hepatitis E ist weniger bekannt, weil sie erstmals in den 80er Jahren überhaupt als eigenständiges Virus beschrieben worden ist und sie vergleichsweise selten auftritt. Vom Übertragungsweg und von der Erkrankung ist sie der Hepatitis A am nächsten. Ich kann mich anstecken, indem ich verdorbene Nahrung esse, verdorbenes Trinkwasser trinke und bei schlechter Händehygiene durch Schmierübertragung von Mensch zu Mensch. Bei uns in Deutschland spielt die Trinkwasserqualität bei der Übertragung natürlich keine Rolle. Hier sind wahrscheinlich das Hausschwein, Wild generell und auch das Wildschwein die größten Virus-Reservoirs. Rückblickend hat man festgestellt, dass schon Menschen früher mit dem Virus infiziert waren, was wir heute als Hepatitis E kennen.

Wie viele Menschen in Deutschland sind betroffen?

Die Zahlen steigen rasant an: Im Jahr 2013 gab es in Deutschland 500 gemeldete Fälle, im Jahr 2017 bereits mehr als 3.000. Das liegt aber eher nicht nur daran, dass wir mehr Infizierte haben. Da die Bekanntheit des Virus auch unter den Ärztinnen und Ärzten langsam steigt und sie immer häufiger aktiv nach dem Virus suchen, kann die Diagnose häufiger gestellt werden. Nach Zahlen des Robert-Koch-Instituts gehen wir aktuell von mehr als 300.000 Neuinfektionen in Deutschland jährlich aus, davon wird aber nur ein Bruchteil diagnostiziert. Wir glauben also, dass die Dunkelziffer der Erkrankung deutlich höher liegt. Der zunehmende Verzehr von unzureichend erhitztem Wild- und Schweinefleisch ist ein Grund, warum sich das Virus verbreitet. Auch die Zuwanderung nach Europa trägt zu einem Anstieg der Fälle bei. Am UKM haben wir im letzten Jahr 15 Patienten wegen teilweise schwerer Komplikationen stationär behandelt.

Wie merke ich, dass ich an Hepatitis E erkrankt bin?

Die Symptomatik ist eher unspezifisch: grippeähnliche Symptome, leichtes Fieber, Gelenkschmerzen, Schüttelfrost, Unwohlsein, Übelkeit, Erbrechen und insbesondere Durchfall. Viele gehen mit solchen meist banalen Beschwerden ja nicht mal zum Arzt und lassen die Symptome abklären. Ich würde schätzen, dass der Virus in 97 Prozent der Fälle ohne Probleme ausheilt, ohne dass man überhaupt relevante Symptome bemerkt – bei Gesunden läuft es meistens so ab, nur in Einzelfällen bildet sich eine klinisch manifeste Leberentzündung aus. Anders ist es bei Patienten, die ein ohnehin geschwächtes Immunsystem haben, zum Beispiel bei Organtransplantierten, Schwangeren und älteren Menschen mit chronischen Erkrankungen. Hier kann es ernstere Verläufe geben, die eine erhöhte Komplikationsrate bedeuten. Das kann bis zu einem Leberversagen und sogar zum Tod führen.

Gibt es eine Therapie gegen Hepatitis E?

Aktuell gibt es keine ursächliche Therapie. Wir können nur symptomatisch behandeln, also uns um die Folgeerscheinungen der Hepatitis kümmern. Klinische Studien beschäftigen sich mit Therapien, wirklich belastbare, valide Daten existieren aber bisher noch nicht. Bei schweren Verläufen mit akutem Leberversagen kann je nach Konstellation eine Lebertransplantation dann die einzige lebensrettende Maßnahme sein. Es gibt auch noch keine Impfung, die gibt es nur gegen Hepatitis A und B. Am UKM bieten wir eine Sprechstunde an für Hepatologie und Infektiologie. Dort können Patienten abklären lassen, ob sie eine Lebererkrankung oder Hepatitis-Infektion haben, wenn beispielsweise der Hausarzt mit der Diagnostik nicht mehr weiterkommt. Wir können das ganze Spektrum der Lebererkrankungen abklären. Zusätzlich bieten wir eine zentrale Rufnummer auf unserer Website für Niedergelassene an: Dort können sich Ärztinnen und Ärzte melden, wenn sie denken, dass sie eine Zweitmeinung brauchen oder ihre Patienten bei uns stationär aufgenommen werden müssen.