Bild: Autoren der Studie sind u.a. Dr. Bernd Krabbe, Chefarzt der Angiologie im UKM MHS in Steinfurt, und Priv.-Doz. Nasser Malyar, Sektionsleiter der Angiologie am UKM (Universitätsklinikum Münster).
Münster (ukm/aw) – Rund 28 Prozent der Erwachsenen in Deutschland rauchen. Dabei hat der Anteil an Nutzern von E-Zigaretten in den letzten Jahren sprunghaft zugenommen. In einem kürzlich veröffentlichten Positionspapier mehrerer medizinischer Fachgesellschaften* wird ausdrücklich davor gewarnt, E-Zigaretten in Bezug auf gesundheitlichen Folgen zu unterschätzen. Autoren der Studie sind u.a. Dr. Bernd Krabbe, Chefarzt der Angiologie im UKM MHS in Steinfurt, und Priv.-Doz. Nasser Malyar, Sektionsleiter der Angiologie am UKM (Universitätsklinikum Münster).
Sind E-Zigaretten im Vergleich zu „normalen“ Zigaretten mit Tabak die „gesündere“ Alternative? Krabbe: Rauchen ist in jedem Fall gesundheitsschädlich und gehört zu den häufigsten vermeidbaren Todesursachen weltweit. Leider hat die Medizin zur Wirkung von E-Zigaretten keine Langzeitdaten – dazu sind sie noch nicht lang genug auf dem Markt. Tendenziell sind E-Zigaretten möglicherweise weniger schädlich, aber anders als bei herkömmlichen Zigaretten können wir Langzeitwirkungen noch nicht beurteilen. Malyar: Der Irrglaube, die E-Zigarette sei gesund, ist in jedem Fall falsch. Es wird sich in Zukunft noch herausstellen, ob die E-Zigarette weniger schädlich ist. Wichtig bleibt festzuhalten: Schädlich sind beide – vor allem in Kombination.
Welche Stoffe sind in E-Zigaretten bedenklich? Krabbe: Beim Verdampfungsvorgang entstehen aus den ursprünglich enthaltenen Stoffen weitere chemische Produkte, von denen ein Teil potentiell krebserregend ist., z.B. Formaldehyd oder Acetaldehyd. In der Metallspirale, in der die Erhitzung stattfindet, werden außerdem ultra-feine Partikel freigesetzt, die die Gesundheit ebenfalls schädigen. Manche E-Zigaretten enthalten auch Nikotin, von dem wir ja schon wissen, dass es ein gesundheitsschädlicher Stoff ist. Das alles ist mit Blick auf die Langzeitfolgen nicht belegt, es gibt keine Studien. Das Ausmaß der Wirkung wird sich erst in Zukunft zeigen.
Wie ist der gemeinsame Gebrauch von Zigaretten und E-Zigaretten parallel nebeneinander einzuschätzen? Malyar: Insbesondere das parallele Rauchen von Tabak- und E-Zigaretten birgt im Moment nicht abschätzbare Risiken. Studien zeigen, dass in Deutschland dreiviertel der Raucher beide Zigarettenarten parallel rauchen. Sie tragen also das volle Risiko des Tabakkonsums und zusätzlich noch das noch nicht gut erforschte Risiko der Inhalation von E-Zigaretten. Dessen sollten sich diese Menschen bewusst sein – das kann das gesundheitliche Risiko in vielerlei Hinsicht potenzieren.
Viele wollen die E-Zigarette zur Tabakentwöhnung nutzen – empfehlenswert? Malyar: Es gibt da unterschiedliche Studienergebnisse hinsichtlich der Wirksamkeit einer Entwöhnung. Fakt ist: Die WHO empfiehlt den Einsatz von E-Zigaretten zur Rauchentwöhnung nicht. Denn die Mehrheit der Nutzer von E-Zigaretten (in der Regel 60 bis 80 Prozent) raucht weiterhin, ohne dass es zu einer nennenswerten Verringerung beim Konsum herkömmlicher Zigaretten kommt. Krabbe: Da ist sich die Wissenschaft im Moment nicht ganz einig, weil die Studienlage unterschiedlich ist. Der Weg der Rauchentwöhnung sollte bestenfalls im Ausnahmefall über die E-Zigarette gehen, weil das Risiko des Doppelkonsums besteht. Zielführender sind bewährte Rauchentwöhnungs-Methoden wie Verhaltenstherapien und Präparate zum Nikotinersatz.
Ist Passivrauchen eigentlich auch bei E-Zigaretten gefährlich? Krabbe: Das ist eine interessante Frage. Wir wissen aus einer Studie, für die man 2.000 Patient*innen befragt hat, die über fünf Jahre einem passiven E-Zigaretten-Konsum ausgesetzt waren, dass es doch signifikant häufiger zu Beschwerden kommt, die mit dem Bronchialsystem zusammenhängen. Bei dieser Gruppe zeigte sich gegenüber den nicht Passivrauchern, dass es doppelt so häufig zum Beschwerden wie Husten und Schleimbildung kam und dreimal so häufig zu Kurzatmigkeit. Das legt zumindest nahe, dass auch Passivrauchen bei E-Zigaretten nicht gesundheitsförderlich ist. Wie sich das Passivrauchen im Langzeitverlauf auf das Atem- und Herz-Kreislauf-System auswirkt und ob es ähnlich krebserregend wie Zigarettenrauchen ist, wird sich in Zukunft zeigen.
*: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. in Zusammenarbeit mit DGIM, DGK, DGA, DGHO, DGT, DKG, GPP, BdP, VPK, DZL, Deutscher Atemwegsliga, Lungenstiftung Krebshilfe und Herzstiftung. (Pneumologie 2022; 76: 473–478)
Bild: Würdigung eines herausragenden Engagements: Rektor Prof. Dr. Johannes Wessels (l.) und der Ärztliche Direktor des UKM, Prof. Dr. Alex W. Friedrich (r.), fanden bei den Feierlichkeiten zum 20-jährigen Stiftungsbestehen und dem 15-jährigen Bestehen des EMAH-Zentrums am UKM ebenso hochschätzende Worte für Karla Völlm wie Klinikdirektor Prof. Dr. Helmut Baumgartner (2.v.l.). Enthüllt wurde in Anwesenheit von rund 70 Gästen eine Stiftertafel und ein Karla Völlm-Porträt von Künstlerin Regina M. Kreer-Ulbricht.
Gleich zwei Gründe gibt es in diesen Tagen am UKM zu feiern: Vor genau 15 Jahren eröffnete in Münster die bundesweit erste eigenständige Klinik für Erwachsene mit angeborenen und erworbenen Herzfehlern (EMAH) – nicht aber ohne Vorarbeit von Karla Völlm, die mit ihrer vor 20 Jahren gegründeten Fördergemeinschaft und heutigen EMAH Stiftung Karla Völlm den Grundstein legte. Nach wie vor gehört das münstersche EMAH-Zentrum zu den führenden Einrichtungen über die Grenzen von Deutschland hinaus.
Münster (ukm/maz) – Es sind zwei Namen, die nicht nur in Münster unweigerlich miteinander verknüpft sind: Karla Völlm und Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern, kurz EMAH. Letzteres ist ein Begriff, den Völlm vor mehr als 20 Jahren selbst konzipiert hat, der heute in der Medizin etabliert ist und bis hin zum Sprachgebrauch der Deutschen Kardiologischen Fachgesellschaft gehört. „Ich empfinde Glück, Stolz und Zufriedenheit, wenn ich auf die vergangenen zwei Jahrzehnte zurückschaue“, sagt die Gründerin und Vorsitzende der EMAH Stiftung Karla Völlm am Tag einer besonderen Ehrung, die sie gestern am UKM (Universitätsklinikum Münster) erhielt. Erstmals gibt es am Klinikum eine Stiftertafel für eine Privatperson, die mit ihrem unermüdlichen Engagement bis heute rund sechs Millionen Euro an Spendengeldern eingeworben hat – und damit schlichtweg den Grundstein des heutigen EMAH-Zentrums gelegt hat, das in diesem Monat sein 15-jähriges Bestehen feiert. „Ohne Karla Völlm würde unsere Klinik nicht existieren“, bringt Prof. Helmut Baumgartner, Direktor der Klinik für Kardiologie III, Angeborene Herzfehler (EMAH) und Klappenerkrankungen, die Verdienste der 79-Jährigen gleich zu Beginn seiner Ansprache auf den Punkt.
Angetrieben aus persönlicher Betroffenheit heraus, als die Mutter einer im Jahr 1981 geborenen Tochter mit angeborenem Herzfehler feststellt, dass für Betroffene mit dem Übergang ins Erwachsenenalter keine Versorgungsstrukturen mehr bestehen, gründete sie die Fördergemeinschaft Zentrum für angeborene Herzfehler Universitätsklinikum Münster e.V., die 2011 in die EMAH Stiftung Karla Völlm überführt wurde. Sie setzte damit ihr Engagement fort, mit dem sie bereits ab 1989 in Sankt Augustin große Erfolge verzeichnete und das dortige Deutsche Kinderherzzentrum mitaufbaute – und damit dazu beitrug, dass die Versorgung von Kindern mit angeborenen Herzfehlern stark verbessert wurde, sodass die Überlebensrate heute bei etwa 90 Prozent liegt. Solche Meilensteine in der Medizin folgten anschließend für eben genau diese aus dem Kindesalter erwachsenen Betroffenen. „Die Versorgung der EMAH-Patienten ist in Deutschland heute weitestgehend sichergestellt“, resümiert Völlm, die 2008 für ihren Einsatz mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, zufrieden. „EMAH ist in der Medizin zu einem Begriff geworden.“
In Münster ist ihr Einsatz vor allem in zwei große Phasen zu unterteilen, wie Helmut Baumgartner in seiner Rede anlässlich der beiden Jubiläen und der Ehrung hervorhebt: Die erste Phase war stark auf die Entwicklung der Infrastruktur ausgerichtet, reichte von baulichen Maßnahmen bis hin zur Beschaffung von Kardio-MRT- und Ultraschallgeräten. „Frau Völlm hat fünf Jahre intensive Vorarbeit geleistet, bis im Mai 2008 dann das EMAH-Zentrum am UKM offiziell eröffnet wurde“, so der Klinikdirektor. „Allein 3,3 Millionen Euro an Spendengeldern sind bis 2011 investiert worden, danach hat sich unser Klinikbetrieb selbst getragen und seitdem werden wir durch die Stiftung vor allem bei der Forschungsförderung unterstützt.“ Ebenso wurden in den vergangenen Jahren Professuren und diverse Stipendienplätze durch die finanzielle Unterstützung ermöglicht.
Auch bei den weiteren Reden wird an diesem Mittwoch schnell klar, wie eng die beiden Jubiläen miteinander verbunden sind: Mit zwei Ärzten hat die Arbeit im EMAH-Zentrum begonnen, heute sind es 15 Ärztinnen und Ärzte, vier Medizinische Fachangestellte, hinzukommen eine wissenschaftliche Koordinatorin sowie die Klinikdirektion. Mit mehr als 6500 Ambulanzkontakten und über 1600 stationären Patientinnen und Patienten pro Jahr bildet das münstersche Zentrum neben Berlin und München das Spitzentrio in Deutschland, was unter anderem die Besuche von Landesinnovationsminister Andreas Pinkwart (2009) sowie den Bundesgesundheitsministern Daniel Bahr (2013) und Jens Spahn (2019) unterstreichen. Auch international hat sich die Klinik des UKM nicht zuletzt durch das große Forschungsengagement einen hervorragenden Ruf erarbeitet.
Und Karla Völlm? Die sieht ihre Mission noch längst nicht beendet. Im Fokus ihrer Arbeit soll „weitere translationale Forschung“ stehen, kündigt sie an, also die Verbindung der Grundlagenforschung mit der praktischen Anwendung von Forschungsergebnissen in der Patientenversorgung. Außerdem steht eine Nachfolgeregelung für den Stiftungsvorsitz an. Ein Thema, an dem sie aktuell schon arbeitet – das für alle der rund 70 anwesenden Gäste an diesem Ehrentag jedoch eine untergeordnete Rolle spielt. Denn der gehört allein der Mäzenin selbst.
UKM-Pathologie: „Wir wollen die Zukunft gemeinsam gestalten“
Das im Jahr 1924 gegründete Gerhard-Domagk-Institut für Pathologie am UKM (Universitätsklinikum Münster) schlägt ein neues Kapitel auf und geht mit einer Doppelspitze in die Zukunft. Das ist in Deutschland in sämtlichen Universitätspathologien bislang einmalig und ein großer Schritt auf dem Weg zu flacheren Hierarchien. Geführt wird das Institut von Univ.-Prof. Eva Wardelmann, die bereits seit zehn Jahren Direktorin ist, und – neu – von Univ.-Prof. Wolfgang Hartmann, der jetzt in gleichberechtigter Position die Co-Leitung des Instituts übernommen hat.
Münster (ukm/ik) – „Der seit langem ‚gereifte‘ Hintergrund für den Schritt zur Doppelspitze ist, dass wir seit vielen Jahren vertrauensvoll zusammenarbeiten und sehr genau wissen, was wir aneinander haben“, erzählt Univ.-Prof. Dr. Eva Wardelmann. Auch Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Hartmann sieht in der innovativen Struktur deutlich mehr Chancen als Herausforderungen: „Aus unserer Sicht ist es ein riesiger Vorteil, sich abstimmen und Entscheidungen vorab auf Augenhöhe diskutieren zu können, Aufgaben nach den jeweiligen Stärken und Neigungen an sich zu nehmen oder auch abgeben zu können. Das Ergebnis ist für alle ein besseres, so ist unser Gefühl nach den ersten Wochen.“ Nach fünf Jahren als leitender Oberarzt und Professor für Molekulare Pathologie leitete Prof. Hartmann seit 2018 die Sektion für Translationale Pathologie am UKM. Seine besonderen Schwerpunkte sind Knochen- und Weichgewebstumoren, Lymphome sowie Tumoren des Kindesalters.
Und wie wird die Arbeit zwischen den zwei Spitzen zukünftig aufgeteilt? „In der Krankenversorgung gibt es organisatorische Aufgaben, bei denen man sich sehr gut abwechseln kann, etwa die tägliche Diskussionsrunde schwieriger Fälle am Mikroskop oder die kritische Freigabe von Befunden. In der Administration des Institutes haben wir verschiedene Schwerpunktthemen wie zum Beispiel Personal oder Finanzen vereinbart, die wir dauerhaft in einer Hand lassen, da Kontinuität an dieser Stelle die Dinge vereinfacht – aber wir haben festgelegt, dass wir im Grunde alles untereinander abstimmen“, so Wardelmann. Co-Leiter Hartmann bringt es auf den Punkt: „Letztendlich wollen wir die Zukunft gemeinsam gestalten.“
Die beiden Patholog*innen sehen mit der neuen Struktur eine große Chance, gemeinsam das Fachgebiet und das Institut erfolgreich weiter nach vorne zu bringen. „Wir wollen die Digitalisierung in der Diagnostik implementieren, die Molekularpathologie weiterentwickeln und der Pathologie als klinisches und wissenschaftliches Fach das Profil und den Stellenwert verschaffen, der ihr zusteht“, unterstreicht Wolfgang Hartmann. Ein besonderes Anliegen sei dabei, den angehenden Pathologinnen und Pathologen das Werkzeug an die Hand zu geben, diese Mission mitgestalten und irgendwann in Zukunft übernehmen zu können. Daneben möchten die beiden gemeinsam mit Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern spannende wissenschaftliche Fragen beantworten. „Und schließlich ist die Ausbildung von Studierenden eine ganz wichtige Aufgabe, sowohl in der Medizin als auch in den Biowissenschaften – Pathologie ist ein Stück weit die Grundlage für (fast) alles, das möchten wir auch so vermitteln“, so Eva Wardelmann.
Bild: Dr. Jan Kriz ist Chefarzt der Klinik für Strahlentherapie des Clemenshospitals.
Aus der Behandlung von Krebserkrankungen ist die Strahlentherapie nicht mehr wegzudenken. Doch auch bei gutartigen Beschwerden wie Tennisarm, Fersensporn oder anderen Weichteilerkrankungen kann die Bestrahlung zum Einsatz kommen. Am 24. Mai findet um 18 Uhr in der Alexianer Waschküche, Bahnhofstraße 9, die nächste Infoveranstaltung der Reihe „AlexOnline“ statt. Sowohl vor Ort als auch online unter www.alexonline-muenster.de berichtet Dr. Jan Kriz, Chefarzt der Klinik für Strahlentherapie des Clemenshospitals, unter dem Titel „Von Arthrose bis Tumor – Zielgenaue Therapie“ über die Verbesserung der Heilungschancen durch moderne Strahlentherapie. Wie wird vermieden, dass während einer Bestrahlung auch gesundes Gewebe geschädigt wird? Wo liegen die Stärken und wo die Risiken der Strahlentherapie? Welche Nebenwirkungen können auftreten? Diese und weitere Fragen beantwortet der Experte während der Veranstaltung.
Veranstaltung: „Von Arthrose bis Tumor – Zielgenaue Therapie“ Datum: 24.05.2023, 18:00 Uhr Ort: Alexianer Waschküche, Bahnhofstraße 6, Münster Anmerkung: Für die Live-Übertragung ist keine Anmeldung notwendig. Für den Vorort-Besuch ist eine Anmeldung per E-Mail ratsam.
Der Vortrag kann sowohl vor Ort in der Alexianer Waschküche, Bahnhofstraße 6 in Münster, als auch online unter www.alexonline-muenster.de verfolgt werden. Für die Live-Übertragung ist keine Anmeldung notwendig, wer persönlich in die Waschküche kommen möchte, sollte sich wegen des begrenzten Platzangebots zuvor unter alexonline.ms@alexianer.de anmelden. Unter der gleichen Mailadresse können ab sofort Fragen an den Experten gerichtet werden, während der Übertragung steht zusätzlich eine Chatfunktion zur Verfügung. Die Fragen werden von den Experten während der Veranstaltung anonym beantwortet.
Bild: Dank klinischer Studien verbessern sich die Behandlungsmöglichkeiten stetig: Rüdiger Meyer zu Hörste (M.) mit den Studienassistentinnen Joanie Marie Simon (l.) und Sabrina de Jesus Pereira Lopes sowie Prof. Georg Lenz (2.v.l.) und Dr. Evgenii Shumilov. (Foto UKM/ Wibberg)
Am 28. Mai ist Welt-Blutkrebs-Tag
Innovative Therapien verbessern die Heilungschancen von Patientinnen und Patienten mit bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems. Rüdiger Meyer zu Hörste ist einer von ihnen.
Münster (ukm/lie) – „Ich bin in vollem Galopp vom Pferd geschossen worden“, beschreibt Rüdiger Meyer zu Hörste das Gefühl, nachdem er im März vergangenen Jahres die Diagnose „diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom“ erhalten hatte – eine aggressive Form von Lymphdrüsenkrebs. Der wohlverdiente Ruhestand nach fast 40 Jahren als Lehrer für Englisch und Sport an einem Versmolder Gymnasium stand damals kurz bevor. Doch statt die Zeit danach mit der Familie genießen zu können, waren da plötzlich all die mit einer Krebserkrankung verbundenen Ängste und Sorgen. Für die Behandlung kam der heute 67-Jährige ans UKM (Universitätsklinikum Münster) und erfuhr hier von der Möglichkeit, an einer klinischen Studie teilzunehmen. „Dank der Therapie habe ich mich inzwischen vollständig erholt und bin wieder voll im Leben“, ist er erleichtert, dass bei den regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen keine Krebszellen mehr nachweisbar sind.
„Das diffuse großzellige B-Zell-Lymphom zählt zu den aggressiven, schnellwachsenden Blutkrebsarten, sagt Prof. Georg Lenz, Direktor der Medizinischen Klinik A und Wissenschaftlicher Direktor des WTZ (Westdeutsches Tumorzentrum) Münster am UKM. Typische Anzeichen für diese Krebsform seien schnelle Lymphknotenschwellungen, Fieber, Nachtschweiß und Abgeschlagenheit, so der Lymphom-Experte. Diese Symptome seien insgesamt eher unspezifisch, da sie auftreten können, aber nicht müssen und auch auf viele andere Erkrankungen hinweisen können. „Ich hatte nur einen Knubbel seitlich unten rechts am Hals – sonst nichts“, machte sich auch Meyer zu Hörste anfangs keine großen Sorgen und dachte an eine Zerrung vom Sport. „Der Knubbel wuchs dann aber rasant – fast jeden Tag, wenn ich in den Spiegel geschaut habe, sah er größer aus.“
Weil die Erkrankung so schnell voranschreitet und sich die bösartigen Zellen über das lymphatische System im Körper ausbreiten können, sind eine frühe Diagnose und zeitnaher Behandlungsbeginn wichtig für die Prognose. „Bei Herrn Meyer zu Hörste lagen mehrere Risikofaktoren inklusive einem Knochenbefall vor“, sagt Dr. Evgenii Shumilov, Oberarzt in der Medizinischen Klinik A. „Deswegen haben wir ihm die Teilnahme an der sogenannten COPA-R-CHOP-Studie angeboten, um die Heilungschancen verbessern zu können“, verweist der Onkologe auf eine von Prof. Lenz und seinem Team entwickelte und geleitete, bundesweite Studie, bei der die Teilnehmenden zusätzlich zur etablierten Immunchemotherapie noch den neuen Wirkstoff Copanlisib erhalten. „Copanlisib zählt zu den sogenannten Kinasehemmern“, erklärt Shumilov. „Mit deren Hilfe können bestimmte Signalwege in den Lymphomzellen blockiert und ihr Wachstum reduziert werden.“
Als Meyer zu Hörste von der Möglichkeit erfuhr, an der Studie teilzunehmen, zögerte er nicht lange: „Alles, was meine Chancen erhöht, mache ich gerne.“ Die Unterstützung durch seine Familie und die enge Betreuung durch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte und das erfahrene Studienteam halfen ihm durch die körperlich und seelisch anstrengende Zeit: „Ich habe zwischenzeitlich Haare, Gewicht und Geschmack verloren, aber nie den Mut!“
„Die Therapieoptionen für Patientinnen und Patienten mit Lymphomen und Leukämien haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert“, verweist Prof. Lenz auf den wissenschaftlichen Fortschritt. „Spezifische Behandlungen mit Antikörpern oder zielgerichteten Medikamenten, die in den Stoffwechsel der bösartigen Zellen eingreifen, mit gentechnisch veränderten Abwehrzellen – den sogenannten CAR-T-Zellen – sowie mit Immuntherapeutika zeigen sehr vielversprechende Ergebnisse. Es hat sich viel getan, und die Entwicklung schreitet stetig weiter voran.“
Gründung einer neuen Selbsthilfegruppe für Leukämie- und Lymphom-Erkrankte in Münster
Programm am 22. Mai 2023
Begrüßung und Vorstellung durch Peter Michalski, Leiter der „Leukämie und Lymphom Selbsthilfegruppe Münsterland e.V.“ am Standort Ahlen/ Beckum
Vorstellung des WTZ (Westdeutsches Tumorzentrum) Münster durch den Geschäftsführer Prof. Philipp Lenz
Vortrag zum Thema „Neue Entwicklungen bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Lymphomen“ von Prof. Georg Lenz, Direktor der Medizinischen Klinik A des UKM und Wissenschaftlicher Direktor des WTZ Münster
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