Bild: Gelbe Rosen als symbolischer Dank (v.l.): Dr. Dagmar Schwarte (Gesundheitsamt Münster), Heiner Vogt (Stellv. Leiter Amt für Kinder, Jugendliche und Familie, Münster), Jutta Möllers (Ratsmitglied Stadt Münster, Kinder- und Jugendpolitische Sprecherin Bündnis90/Die Grünen), Petra Gittner (Leiterin Jugendamt Emsdetten), Beate Tenhaken (Leiterin Jugendamt Greven), Dr. Anke Hövels (Lt. Oberärztin Geburtshilfe), Priv.-Doz.Dr. Michael Böswald Projektverantwortlicher Chefarzt), Monja Göcke (Babylotsin), Tillmann Fuchs (Sozialdezernent Kreis Steinfurt) und Regionalgeschäftsführer Burkhard Nolte.

Münster – Mit dem „Babylotsen-Projekt“ startete das St. Franziskus-Hospital Münster vor vier Jahren ein einzigartiges Präventionsprojekt rund um Schwangerschaft und Geburt, um Familien mit Betreuungsbedarf zu erkennen und ihnen die individuell nötige Unterstützung in den Kommunen und Kreisen zu vermitteln. Das Krankenhaus als eine der größten Geburtskliniken in NRW konnte eine Projektförderung durch die Glücksspirale erreichen, die aber im vergangenen Jahr auslief. Das Hospital sprang ein, um die Finanzierung mit geringer Stundenzahl aufzufangen. Dank des Einsatzes der Projektleitung, die zusammen mit der Babylotsin die umliegenden Jugendämter persönlich aufgesucht und Anträge an die Kommunen und Kreise geschrieben hat, konnten fast alle Angesprochenen von der Dringlichkeit und der Qualität des Projektes überzeugt werden und die Finanzierung nun langfristig ausgebaut werden. In einer Feierstunde dankten die Projektbeteiligten des Hospitals den Förderern.

„Babylotsen sind Ansprechpartner und Netzwerker, wenn sich rund um die Geburt Anhaltspunkte für Belastungen bei den Schwangeren oder in der Familie ergeben“, beschrieb Beate Riße ihre Aufgabe als Babylotsin in der Geburtsklinik des St. Franziskus-Hospitals. Schon beim Aufnahmegespräch mit den Patientinnen werde mit Hilfe eines speziellen Erhebungsbogens ermittelt, ob Hilfe- und Beratungsbedarf bestehe. Da über 90 Prozent der Frauen in einer geburtshilflichen Klinik entbinden, habe man hier die einmalige Gelegenheit, den größten Teil der Mütter und Familien zu erreichen und frühzeitig zu beraten. „Das Projekt ist eine echte Herzens­angelegenheit geworden und ein gelungenes Beispiel für Prävention beim Lebensstart. Wir konnten damit eine Lücke zwischen der Jugend-, Sozial- und Gesundheitshilfe schließen“, erläuterte der projektverantwortliche Chefarzt Priv.-Doz. Dr. Michael Böswald. Im Namen des St. Franziskus-Hospitals dankte er den Vertretern der Städte Münster, Greven, Emsdetten und des Kreises Steinfurt für die finanzielle Unterstützung, die es seit Jahresanfang 2019 ermöglicht, das Beratungsangebot langfristig zu etablieren und zeitlich auszubauen: Eine anteilsmäßige Finanzierung wurde in entsprechenden Kooperationsverträgen festgeschrieben. Zusammen mit dem Eigenanteil des Hospitals stehen so jährlich rund 80.000 Euro für das Projekt zur Verfügung.

„Bisher hat das St. Franziskus-Hospital das Babylotsen-Angebot allein aus Eigenmitteln und Spenden finanziert“, erläuterte Regionalgeschäftsführer Burkhard Nolte. „Dank der finanziellen Unterstützung der Kommunen und des Kreises Steinfurt kann das Projekt nun nicht nur aufrechterhalten, sondern sogar personell erweitert werden.“ Künftig stehen den Familien zwei Mitarbeiterinnen im Hospital mit insgesamt ca. 50 Wochenstunden zur Verfügung.

„Der Beratungsbedarf bei Schwangeren und ihren Familien ist groß – und es war bisher nicht möglich, dieser Nachfrage gerecht zu werden“, führte Beate Riße aus. So habe es 2018 im St. Franziskus-Hospital 2530 Geburten gegeben und bei jeder fünften Schwangeren oder ihrer Familie sei ein Bedarf für das Babylotsen-Angebot zu erkennen gewesen. „Die individuelle Kontaktvermittlung und Beratung wird sehr gerne in Anspruch genommen und schafft bei den Schwangeren Vertrauen – und für ihre Lebenssituation Zuversicht “, sind sich Dr. Michael Böswald und Babylotsin Beate Riße einig.

Das St. Franziskus-Hospital ist neben dem Mathias Spital in Rheine das einzige Krankenhaus im Münsterland, in dem Babylotsen tätig sind.

Babylotsen sind Netzwerker, die wissen, wer helfen kann
Werdende Eltern unterliegen oftmals unterschiedlichen Belastungen: Wirtschaftliche Not oder Arbeitslosigkeit, fehlende Integration, schwindende familiäre Strukturen, Trennung oder Krankheit der Eltern. Nicht alle Familien verfügen über ausreichend eigene Ressourcen, um mit diesen Belastungen fertig zu werden. So kann es zu Überforderung und im schlimmsten Fall zur Gefährdung des Kindeswohls kommen. Babylotsen sorgen dafür, dass hilfebedürftige Schwangere und Familien frühzeitig durch den oft unübersichtlichen Dschungel aus Hilfsangeboten geleitet werden.Hierfür ist es besonders wichtig, den Hilfe- und Beratungsbedarf von Familien professionell zu erkennen und frühzeitig zu ihnen Kontakt aufzunehmen. Babylotsen zeichnen sich durch ihre besonders gute Vernetzung zu den verschiedenen Einrichtungen der frühen Hilfen aus. Sie zeigen den Familien einen Weg auf und motivieren sie, an Hilfemaßnahmen teilzunehmen. Bestehende Angebote sollen dabei nicht ersetzt werden. So gibt es von freien und kommunalen Trägern sehr viele Angebote vor und nach der Geburt. Die Wahrnehmung dieser Hilfen kann aber ausgebaut werden. Durch die Babylotsen kann in den Geburtskliniken der akute Bedarf ermittelt und Hilfe sehr früh an die Familien gebracht und die schon vorhandenen Netze besser genutzt werden. Babylotsen leisten somit einen präventiven Beitrag zum Kinderschutz.

Babylotsin Beate Riße: „Lange Zeit hatte ich ein ungutes Gefühl bei dem Gedanken, dass es so viele werdende Mütter und Familien gibt, die mit Ihrer Lebenssituation überfordert sind. Als Babylotsin habe ich den Eindruck, diesen Menschen wirklich helfen zu können. Das ungute Bauchgefühl weicht einem Gefühl der Hoffnung“.