Bild: Milch spenden und weitergeben, um die Entwicklung von Frühgeborenen möglichst optimal zu unterstützen (v.l.): Kinderernährungsexpertin Ulrike Och, Mutter Miriam Döring mit Tochter Morlin im Inkubator, Dr. Julia Sandkötter und Prof. Heymut Omran sowie Stationsleitung Kerstin Dzionsko und Mutter und Spenderin Kristina N. freuen sich über die Eröffnung der Frauenmilchspenderinnenbank am UKM. (Foto: UKM)

Muttermilch ist gerade für Frühgeborene und kranke Neugeborene die beste Wahl. Doch was, wenn die Milch der eigenen Mutter nicht ausreicht? In vielen Fällen kommt industrielle Nahrung zum Einsatz, wenngleich ein über 100 Jahre altes Konzept überlebenswichtig sein kann: Spenderinnenmilch. Nach einer Pilotphase hat das UKM jetzt eine eigene Frauenmilchspenderinnenbank etabliert – und die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass alle Frühgeborenen unter 1500 Gramm am UKM ab sofort ausschließlich mit Spenderinnenmilch versorgt werden können.

Münster (ukm/maz) – Es ist kurz vor Mittag auf der Frühgeborenen-Station des UKM (Universitätsklinikum Münster), die kleine, gerade mal wenige hundert Gramm schwere Morlin wirkt zufrieden in ihrem warmen Inkubator, nachdem sie gerade über die Magensonde einige Milliliter Muttermilch erhalten hat. Doch es ist nicht die Milch ihrer eigenen Mutter, die selbst kaum Milch produziert hat – sondern die Milch einer anderen jungen Mutter. Denn Muttermilch ist für ein extremes Frühchen wie Morlin, die in der 25. Schwangerschaftswoche geboren wurde, besonders wichtig. Deshalb zögerte Miriam Döring auch keinen Moment, als sie gefragt wurde, ob ihre Tochter mit der Milch aus der neu eingerichteten Frauenmilchspenderinnenbank am UKM ernährt werden kann. „Es ist wissenschaftlich belegt, dass Spenderinnenmilch nach der Milch der eigenen Mutter die zweitbeste Nahrung ist und bei Frühgeborenen oder kranken Neugeborenen kann das sogar überlebenswichtig sein“, erklärt Dr. Julia Sandkötter, Leiterin der Neonatologie am UKM. „Wir reduzieren mit der Gabe von Spenderinnenmilch die Häufigkeit einer schwerwiegenden Komplikation des Darmes, der nekrotisierenden Enterokolitis.“

So plausibel das Konzept klingt: Frauenmilchspenderinnenbanken sind rar gesät. In Deutschland sind es laut der Frauenmilchbank-Initiative e.V. gerade mal knapp drei Dutzend Spenderinnenbanken – denen über 200 Perinatalzentren, die Frühgeborene behandeln, gegenüberstehen. In NRW haben lediglich die Uniklinik Essen, eine Klinik in Detmold und das Klinikum Dortmund eine Frauenmilchspenderinnenbank. In Münster ist nach den Erfahrungen der Pilotphase seit Anfang des Jahres die Bereitschaft und Akzeptanz am UKM erfreulich groß. Neben zahlreichen Spenderinnen habe bisher keine einzige Mutter das Angebot, ihr Kind mit fremder Milch zu ernähren, abgelehnt. „Wenn die Situation so bleibt – und davon gehen wir aus –, können wir am UKM zukünftig alle Frühchen bis 1500 Gramm und kranke Neugeborene mit Muttermilch versorgen“, zeigt sich Prof. Heymut Omran, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am UKM, mit dem Start zufrieden.

Spenderin kann jede Mutter werden, die ihr Kind am UKM entbunden hat, denn von ihr liegen nicht nur alle gesundheitlichen Daten vor. „Wir haben bei unseren eigenen Patientinnen auch sichergestellt, dass eine hygienische Einweisung erfolgt ist“, so Omran. Nach dem Abpumpen in der Klinik oder später zuhause, geht die Milch an die Milchküche des UKM, wird dort getestet und eingefroren. So wird gewährleistet, dass ein Frühgeborenes immer von der gleichen Spenderin Milch erhält – wie zum Beispiel von Kristina N., deren Kind in der 28. Schwangerschaftswoche auf die Welt kam. In den ersten Lebenstagen profitierte es selbst von Spenderinnenmilch, bis nach dem Stress der zu frühen Geburt wiederum der eigene Milchspendereflex der Mutter einsetzte – und sich dann als sehr ausgeprägt erwies. „Als ich gefragt wurde, ob ich bereit wäre, zu spenden, wollte ich sofort etwas zurückgeben“, erzählt die junge Frau. Anfangs spendetet sie 350 Milliliter, nach nur kurzer Zeit waren es bereits 1,2 Liter pro Tag, von dem andere Frühgeborene profitieren.

Die Zuordnung der Milch erfolgt übrigens anonym, weshalb sich Miriam Döring, die mittlerweile mit ihrer Tochter zuhause ist, mit der Spenderin zwar nie persönlich austauschen konnte. „Aber es war und ist so wertvoll für Morlin und andere Frühchen“, sagt sie voller Dank für das altruistisch motivierte Handeln anderer Mütter. „Und auch wenn es sich im allerersten Moment etwas komisch angefühlt hat mit der fremden Milch: Natürlich möchte jede Mutter das Beste für ihr Kind!“