Bild: Prof. Randolf Brehler, Leiter des Bereichs Allergologie an der Hautklinik des UKM. (©Foto: UKM)

Münster (ukm/aw) – Mit Wirkung zum 4. Januar hat die Europäische Union die Verwendung von Farben bei Tätowierungen eingeschränkt. De facto zieht die EU-Chemikalienverordnung REACH damit rund zwei Drittel der in den Tattoo-Studios bisher gebräuchlichen Tattoo-Farben aus dem Verkehr. Grund ist ein meist fehlender Unbedenklichkeitsnachweis. Eine Deklarierung der Inhaltsstoffe, wie sie bei Kosmetika Auflage ist, war nämlich bisher bei Tattoo-Farben nicht gefordert. UKM-Allergologe Prof. Randolf Brehler hält den Schritt für längst überfällig.

Herr Prof. Brehler, Tattoo-Farben unterliegen künftig der EU-Chemikalienverordnung. Waren die Farben denn bisher nicht sicher?
Zumindest mussten die Hersteller bisher nicht nachweisen, dass sie sicher sind. Das genau soll jetzt die Novelle der REACH-Verordnung nachregeln und das ist aus medizinischer Sicht grundsätzlich zu begrüßen. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Farben, die bisher verwendet wurden, tatsächlich schädlich sind. Es bedeutet nur, dass die Unbedenklichkeit nicht nachgewiesen wurde.

Wir haben mehrere Problemkreise, die wir als Mediziner bei Tätowierungen erkennen können. Erstens kann eine Farbe durch Bakterien kontaminiert, also mikrobiologisch verunreinigt sein, was zu bakterieller Infektion der Haut führen kann. Im Tattoo-Studio muss bei Umgang mit den Farben penibel steril umgegangen werden. Zweitens können durch Bestandteile der Tattoo-Farbe allergische Reaktionen ausgelöst werden. Und drittens sind mögliche toxische und auch krebserregende Eigenschaften von Bestandteilen der Tätowier-Farben zu bedenken. Denn die Inhaltsstoffe der Farben verbleiben ja nicht nur in der Haut, sondern wandern über Blut und Lymphe auch in die Lymphknoten und andere Organe. Hier wünscht man sich deshalb grundsätzlich den Nachweis einer Unbedenklichkeit solcher Farben. Da bessert jetzt die REACH-Verordnung nach. Denn bei vielen Farben, die häufig auch aus dem Ausland importiert werden, fehlen diese Untersuchungen zur Unbedenklichkeit gänzlich. Es gab bislang keine Positiv-Liste über die Stoffe, die in den Tattoo-Farben enthalten sein dürfen.

Was heißt das für die Hersteller?
Wer auf dem europäischen Markt Tattoo-Farben verkaufen will, muss jetzt sicherstellen, dass die Farben entsprechend überprüfte und registrierte Inhaltsstoffen enthalten. Dazu müssen die Hersteller einen Unbedenklichkeitsnachweis, der der EU-Chemikalienverordnung entspricht, erbringen. Das alles gilt seit dem 4. Januar. Eigentlich hatten die Hersteller Zeit, sich darauf einzustellen. Problem dabei ist aber: Entsprechende Untersuchungen zur Unbedenklichkeit benötigen Zeit und Geld. Da müssen im Vorfeld auch medizinische Studien laufen, weswegen insbesondere kleinere Hersteller den Aufwand sicherlich scheuen.

Tattoos gehen nach der jetzigen Verordnung eigentlich nur noch in Schwarz, Grau oder Weiß?
Das sind im Wesentlichen die Farben, die als unbedenklich übriggeblieben sind, da hier keine entsprechenden Farbpigmente enthalten sind, denn häufig sind es ja gerade die Farbpigmente, die als problembehaftet gelten. Diese müssen registriert werden, die Unbedenklichkeit also nachgewiesen werden. Die Untersuchung und Registrierung neuer Farben wird sicherlich ein längerer Prozess. Ich denke aber, dass Hersteller ein hohes Interesse daran haben, das für die Farben nachzuholen, bzw. auch neue Farben zu entwickeln.

Aus allergologischer Sicht würden Sie vermutlich Tattoos generell weniger empfehlen?
Das kann man so pauschal nicht sagen. Tattoos sind nicht generell bedenklich, auch nicht aus allergologischer Sicht. Als Maxime gilt aber, dass die Unbedenklichkeit eben erwiesen sein muss. Wir wissen, dass vor allem auf rote Farbe häufig allergische Reaktionen auftreten – wir sehen am häufigsten entzündliche Veränderungen in Tätowierungen, in dem Bereich, in dem rote Farbstoffe verwendet wurden. Aber wir wissen nicht wirklich, WAS konkret die Allergie auslöst. Aus allergologischer Sicht wäre ein Wunsch, dass diejenigen, die tätowiert werden, genaue Informationen darüber bekommen, welche Farben verwendet wurden und idealerweise auch, was darin ist. Es können Pigmente sein, gelegentlich auch Konservierungsstoffe und andere Inhaltsstoffe, die Allergien auslösen. Pigmente können Metallverbindungen enthalten, unter anderem Nickelverbindungen – wobei ja Nickel bekanntlich ein wichtiges Allergen ist, auf das viele Menschen reagieren. Die Farben enthalten auch Konservierungsstoffe, von denen man definitiv weiß, dass sie häufig Allergien auslösen. Solche Konservierungsstoffe waren früher auch in Kosmetikprodukten enthalten, aus denen sie durch die geltende Kosmetikverordnung mit gutem Grund inzwischen verbannt wurden.

Wie häufig sehen Sie eigentlich allergische Reaktionen auf Tattoos?
Es sind hier in der Ambulanz nur wenige Fälle im Jahr und wie gesagt sehen wir dabei häufig Reaktionen auf die roten Anteile von Tattoos, können aber fast nie feststellen, wogegen genau Betroffene tatsächlich allergisch sind. Es bleiben nicht viele Behandlungsmöglichkeiten. Natürlich kann ein Tattoo chirurgisch entfernt werden, was bei großen Tattoos aber ein Riesenaufwand wäre. Zweitens können Tattoos mit einem Laser entfernt werden. Aber auch da würden wir gerne wissen: Was ist das für eine Farbe und was entsteht aus den Farbpigmenten, wenn sie zerstört werden? Es ist nicht ganz auszuschließen, dass dadurch für die Gesundheit noch problematischere Substanzen entstehen.

Würden Sie den Satz „Was auf der Haut nichts zu suchen hat, hat auch in der Haut nichts zu suchen“ eigentlich unterschreiben?
Den Satz finde ich richtig. Die Kosmetikverordnung ist schon seit langer Zeit strenger gewesen als die Tätowierverordnung – und das kann man nicht wirklich verstehen.