Bild: Erforschen mit PSYCH-STRATA fünf Jahre lang die Medikamenten-Resistenz bei psychischen Störungen: Klinikdirektor Prof. Bernhard Baune (r.) und Prof. Michael Zeller (Foto: WWU/M. Heine)

Wer an Luft- oder Atemnot, medizinisch Dyspnoe, leidet, dem wird im wahrsten Sinne des Wortes der Atem geraubt. Die meisten Betroffenen glauben, dass ihre Lunge Ursache der Beschwerden ist – doch hinter dem Symptom können auch andere ernste Erkrankungen stecken. Am UKM gibt es daher jetzt eine Spezialsprechstunde von einem Expertenteam aus den Fachrichtungen der Pneumologie, Kardiologie und der Neurologie, um der Luftnot gemeinsam auf den Grund zu gehen.

Münster (ukm/ik) – „Ich hatte schon als Kind ein Engegefühl in der Brust und habe nur schlecht Luft bekommen“, erinnert sich Jana Palms an die ersten Fahrradausflüge mit ihren Eltern. Aber nicht nur Fahrradfahren oder Schulsport stellten sich als Herausforderung für die inzwischen 23-Jährige aus Mönchengladbach heraus. Bereits beim Treppensteigen kommt sie sehr schnell aus der Puste. „Es ist nicht immer einfach zu sagen, woher die Luftnot bei Patienten kommt“, erklärt Dr. Michael Mohr, Sektionsleiter der Pneumologie am UKM (Universitätsklinikum Münster). „Eines der Probleme ist, dass häufig nur isoliert auf Herz oder Lunge geschaut wird und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Fachgebieten wie beispielsweise der Neurologie fehlt.“ Nicht selten fühlen sich manche Patient*innen zwischen den Fachdisziplinen hin und her geschoben, ohne dass eine definitive Ursache genannt werden kann. Deshalb gibt es am UKM seit Kurzem eine spezielle Sprechstunde: Hinter der langen Bezeichnung „Interdisziplinäre Konferenz für Dyspnoe und eingeschränkte Belastbarkeit“ steckt ein Zusammenschluss von Expertinnen und Experten aus den Bereichen der Pneumologie, Kardiologie (Sektion Herzinsuffizienz) und Neurologie, die gemeinsames das Ziel haben, der Luftnot auf den Grund zu gehen.

„Wenn sich ein Patient mit ungeklärter Luftnot bei uns in der Kardiologie vorstellt, organisieren wir für ihn Termine auch bei den anderen Fachdisziplinen – und umgekehrt“, erzählt Prof. Jürgen Sindermann, der als Leiter der Sektion Herzinsuffizienz am UKM seine Disziplin in der Sprechstunde vertritt. Danach setzen sich die Expertinnen und Experten gemeinsam an einen Tisch, um herauszufinden, wo genau das Problem liegt. Anhand eines eigens entwickelten, standardisierten Protokolls wird Punkt für Punkt abgearbeitet und ausgeschlossen, welches Organ oder welche Ursache für die Luftnot verantwortlich ist. Dr. Matthias Boentert, Oberarzt an der Klinik für Neurologie mit Institut für Translationale Neurologie, vertritt in diesem Expertenteam die Disziplin, die oftmals niemand mit dem Thema Luftnot in Verbindung bringt. „Doch gerade Muskel- oder Nervenerkrankungen können auch Ursache von Luftnot sein“, so Boentert. „Wir lernen viel voneinander“, betont Mohr den Mehrwert der jetzt standardisierten Zusammenarbeit, „und vor allem profitieren die Patienten davon.“

Video: Dr. Michael Mohr und Patientin Jana Palms erklären, wie die interdisziplinäre Sprechstunde bei der Suche nach der Ursache der Luftnot der Patientin geholfen hat.

Das zeigt auch das Beispiel von Jana Palms: Es wurde festgestellt, dass ihre Muskeln schon bei geringster Belastung übersäuern, wie bei Leistungssportlern, und daraus geschlossen, dass ein Stoffwechselproblem die Ursache sein muss. Daraufhin wurde die Patientin in die Stoffwechselambulanz der Kinderklinik des UKM überwiesen, wo nach entsprechenden Untersuchungen tatsächlich eine seltene Stoffwechselerkrankung diagnostiziert worden ist. „Ich bin erleichtert, dass ich hier ernst genommen wurde und nach all den Jahren endlich den Grund für meine Luftnot kenne“, freut sich Palms, die als Studierende der Chemie ein sehr gutes Verständnis dafür hat, welche Auswirkung der Gendefekt auf ihren Stoffwechsel hat. Denn auch wenn man die Krankheit nicht heilen kann, können durch bestimmte Maßnahmen die Symptome gelindert werden. „Seit Beginn der Therapie bin ich leistungsfähiger geworden und weiß, wie ich den Krankheitsverlauf beispielweise mithilfe von Ernährungsanpassung beeinflussen kann“, ist Jana Palms dankbar.