Zu viele Snacks, zu wenig Bewegung

Zu viele Snacks, zu wenig Bewegung

Bild: Wenn schon Snack, dann wenigstens gesund: Gerade in der Lockdown-Zeit war das einer Umfrage zufolge zu häufig nicht der Fall. Foto: djd/EDEKA Stiftung / Alexander Hartmann

Umfrage zur Ernährung und Bewegung von Vorschulkindern in Lockdown-Zeiten

(djd) – Eltern von jüngeren Kindern mussten in den vergangenen Monaten große Herausforderungen meistern. So stellte die Pandemie auch die Speisepläne der Familien auf den Kopf: Nahmen zuvor viele Kinder ihr Mittagessen in einer Betreuung ein, musste nun zu Hause für eine ausgewogene Ernährung gesorgt werden. Eine aktuelle YouGov-Umfrage unter Eltern von Vier- bis Sechsjährigen im Auftrag der Edeka Stiftung zeigt: In fast jeder zweiten Familie (45 Prozent) wurde mehr gekocht, 33 Prozent verwendeten dazu häufiger frische Zutaten. Trotz Zeitnot kochte die Mehrheit (60 Prozent) fast täglich frisch für ihre Kids, nur zwölf Prozent servierten häufiger Fertiggerichte.

Essen aus Langeweile und Frust

Allerdings verzehrte rund ein Drittel der Kinder auch mehr süße und salzige Snacks als vor der Pandemie. 16 Prozent der Kinder haben während der Lockdowns generell größere Mengen gegessen als zuvor. Als Gründe dafür wurden Langeweile, Einsamkeit und Frust genannt. Daraus resultierte für acht Prozent der Kinder eine nicht altersgemäße Gewichtszunahme. Bei frischen Snacks wurde Obst dem unbeliebteren Gemüse vorgezogen. So gaben 77 Prozent aller Befragten an, dass ihr Kind an mindestens fünf Tagen pro Woche Obst verzehrte. Laut Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollte der Gemüseanteil jedoch deutlich höher sein. Dennoch: Bei 68 Prozent der Familien fand sich Gemüse während der Lockdowns nicht täglich auf den Tellern. Weitere Ergebnisse der Umfrage sind unter www.stiftung.edeka abrufbar, hier finden Eltern zudem zahlreiche Tipps und kindgerechte Rezepte zum einfachen Nachkochen. Zu kurz kam laut Umfrage vielfach auch die Bewegung: Jedes fünfte Kind bewegte sich täglich weniger als 30 Minuten – weit unter der Empfehlung des Bundesministeriums für Gesundheit.

Was kommt nach Corona?

Viele der befragten Eltern versuchten der Krise dennoch Positives abzugewinnen. So wollen sich 38 Prozent der Befragten auch nach der Pandemie weiter zusammen mit ihren Kids bewegen, zum Beispiel bei gemeinsamen Spaziergängen. Zudem verstehen viele Eltern die Krise als Chance, um neue Ernährungsgewohnheiten zu etablieren: Ein Drittel der Befragten plant, auch nach der Pandemie häufiger zusammen mit den Kindern zu kochen und sie in die Vorbereitung der Mahlzeiten einzubeziehen. 26 Prozent gaben an, auch in Zukunft bewusster essen und neue Lebensmittel ausprobieren zu wollen.

Neue Wege bei Sprachentwicklungsstörungen: WWU-Mediziner erforschen den Einsatz von Online-Therapien bei Kindern

Neue Wege bei Sprachentwicklungsstörungen: WWU-Mediziner erforschen den Einsatz von Online-Therapien bei Kindern

Bild: Am anderen Ende der Internet-Verbindung begleitet Logopädiewissenschaftlerin Denise Siemons-Lühring das Online-Sprachtraining (Foto: WWU/L. Jeremies)

Münster (mfm/lt) – Wer als Kind zur Sprachtherapie ging, wird sich an die Sitzungen erinnern: Allein im Raum mit der Behandlerin oder dem Behandler sitzend, wiederholten die Kleinen spielerisch Übungen zum Hören von Sprache und Sprechen. Oft wurde auch die Mundmotorik trainiert. Einzeltherapie-Sitzungen sind auch heute noch der Standard in der Sprachtherapie – doch muss das so bleiben? Das Team um Prof. Katrin Neumann von der Universität Münster erforscht die Wirksamkeit von Online-Therapien für Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen. Stellen Sie eine Alternative zum Einzeltherapie-Standard dar? Für ihr Projekt THEON erhält die Arbeitsgruppe vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eine Förderung in Höhe von 1,3 Millionen Euro.

Corona, Corona, Corona … – nach zwei Jahren Ausnahmesituation wollen viele das Wort nicht mehr hören oder lesen. Allerdings lässt sich nicht übersehen, dass die Pandemie viele bestehende Probleme in den Fokus gerückt und Handlungsbedarf offengelegt hat. So auch in der Sprachtherapie: Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen konnten während der Lockdowns keine Präsenztherapie besuchen und sich durch die Kontaktbeschränkungen auch weniger mit anderen Kindern unterhalten. Damit wurde ihr Sprachfortschritt nicht mehr befördert und stagnierte vermutlich bei einigen. Wieso also nicht die Behandlung online weiterführen, in einer Zeit, in der doch so vieles ins Internet verlegt werden konnte?

Die gesetzlichen Krankenkassen erteilten während der Pandemie befristete Ausnahmegenehmigungen für die sprachtherapeutische Videobehandlung, die immer wieder um einige Monate verlängert wurden, zuletzt bis März 2022. Für eine dauerhafte Genehmigung fehlen jedoch in Deutschland Belege über die Wirksamkeit und Qualität von Videobehandlungen. Das Team um Prof. Katrin Neumann, Direktorin der münsterschen Uniklinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, will Klarheit schaffen.

In einer deutschlandweiten Studie werden die Fortschritte zweier Gruppen von Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen miteinander verglichen: Die Kinder der einen erhalten eine klassische Einzeltherapie einmal wöchentlich in Präsenz, die der anderen werden in einer engmaschigen Intervalltherapie in Kleingruppen behandelt. Letzteres bedeutet: Zwei bis drei Kinder werden mehrmals wöchentlich zu Online-Therapiesitzungen mit ihrer Logopädin zusammengeschaltet, pausieren einige Monate und absolvieren dann einen neuerlichen Therapieblock. „Manche Logopädinnen werden diese Ansätze vielleicht kritisch betrachten, viele öffnen sich ihnen aber auch“, meint Prof. Neumann. Heute tätige Sprachtherapeuten seien nach den altbekannten Standards ausgebildet worden, aber, so die Klinikdirektorin: „Gewohnheiten können sich ändern – und sie müssen es auch.“
Die Notwendigkeit eines Umdenkens sieht sie in der Sprachtherapie selbst begründet: Bei der gehe es darum, Sprach- und Sprechmuster im Gehirn nachhaltig zu verändern. Dies benötige eine große Anzahl von Wiederholungen in unterschiedlichen Kontexten und mit allmählich steigender sprachlicher Komplexität. Einzelne Therapieschritte, die aus einer Schärfung der Sprachwahrnehmung, der Entwicklung von Kompetenzen und der aktiven sprachlichen Umsetzung bestehen, könnten durch eine engmaschige Therapie wahrscheinlich beständiger aufgebaut werden als in einer extensiven Standardtherapie, weil die Lerninhalte in der nachfolgenden Behandlung noch gut abrufbar seien.

„Die wöchentliche Einzeltherapie steht diesbezüglich ohnehin in der Kritik“, so Neumann. Hinzu komme, dass viele Therapiestunden nicht stattfänden, sei es wegen terminlicher Engpässe oder Krankheit bei den Therapeuten oder Therapierten. „De facto gehen die Kinder also im Schnitt nur alle zehn bis vierzehn Tage in die Sprachtherapie“, konstatiert die Fachfrau für Stimm- und Sprachprobleme. Das sei einfach zu wenig und führe dazu, dass die Kinder oft über Jahre in der Therapie seien. „Deshalb untersuchen wir auch andere Formen und testen diese sowohl in Präsenz als auch im Online-Format.“

Die Hoffnung der Forscherinnen ist zudem, mit einem Online-Angebot eine neue Klientel zu erreichen – und das auch entkoppelt von einer globalen Pandemie. „Wir denken dabei an Familien, die nicht einmal in der Woche zur Therapeutin fahren können, an sozial Benachteiligte, für die die Fahrtkosten vielleicht einfach zu teuer sind“, erläutert Prof. Neumann. Auch im Ausland lebende Kinder und andere schwer erreichbare Zielgruppen könnten von einem Online-Angebot profitieren.

Die Förderung durch den G-BA ermöglicht den münsterschen Wissenschaftlerinnen jetzt eine vertiefte Erforschung des Themas und könnte die Weichen stellen für eine Implementierung in den Behandlungsalltag. Insgesamt stellt der G-BA, das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland, über seinen Innovationsfonds jährlich 200 Millionen Euro für Projekte zur Verfügung. Dieses Geld soll helfen, kontinuierlich bessere Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln, die dann in die Regelversorgung der gesetzlich Versicherten einfließen.

Kinder impfen – ja oder nein?  „Wir sollten den Kindern jetzt die Chance geben, sich zu schützen!“

Kinder impfen – ja oder nein? „Wir sollten den Kindern jetzt die Chance geben, sich zu schützen!“

Bild: Gute Verträglichkeit und keine schweren Nebenwirkungen: Prof. Heymut Omran, seit 2010 Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin – Allgemeine Pädiatrie am UKM und selbst Vater von zwei Kindern, befürwortet die Impfung von Kindern ab fünf Jahren.

Münster (ukm/maz) – Nach der heutigen Zulassung des Biontech-Impfstoffs für Kinder ab fünf Jahren durch die Arzneimittelbehörde EMA spricht sich Prof. Heymut Omran, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am UKM (Universitätsklinikum Münster), mit seinem Team für einen zügigen Start der Impfungen aus. Laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sollen dafür noch im Dezember 2,4 Millionen Dosen zur Verfügung stehen. Im Interview spricht Omran über Wirksamkeit, mögliche Nebenwirkungen sowie den richtigen Zeitpunkt der Impfung – und die große Chance, dass Kinder wieder mehr Freiheit erlangen und psychische Belastungen minimiert werden können.

Herr Prof. Omran, die Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA ist da, die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) noch nicht. Sollen Eltern noch abwarten oder jetzt zügig ihre Kinder impfen lassen?

Omran: Wir sind jetzt erneut in einer COVID-Welle und wir wissen, dass uns diese vierte Welle den gesamten Winter beschäftigen wird. Das ist ein ganz wichtiger Punkt! Deswegen muss man jetzt impfen und sollte nicht abwarten, sondern den Kindern die Chance geben, sich zu schützen.

Aber Kinder haben meist milde Verläufe. Wieso ist eine Impfung dennoch sinnvoll?

Omran: Ich denke, es gibt verschiedene Gründe. Wenn ein Kind zum Beispiel ein älteres Familienmitglied nicht anstecken kann, Oma und Opa also sicherer sind, dann ist das sehr hilfreich. Aber das Kind hat selbst auch einen Schutz und Vorteile. Im Rahmen einer COVID-Erkrankung kann es zum Beispiel eine Multi-System-Inflammationserkrankung bekommen und diese Entzündung kann auch zu Herzentzündungen führen. Im Gegenzug ist die Nebenwirkungsrate einer Impfung im Bereich des Herzens deutlich geringer als die Wirksamkeitsrate gegen diese schwere Problematik im Rahmen einer COVID-Infektion.

Wie wirksam ist die Impfung bei Kindern?

Omran: Die Impfung bei Kindern ab fünf Jahren erfolgt mit dem Impfstoff, der auch bei Erwachsenen verwendet wird, jedoch mit einem Drittel der Dosis. Die Wirksamkeit ist sehr ähnlich wie bei Erwachsenen, das bedeutet einen Schutz von etwa 90 Prozent.

Die Daten klingen vielversprechend, Kritikern sind 8000 Teilnehmer der Zulassungsstudie jedoch zu wenig. Wie bewerten Sie die aktuelle Datenlage?

Omran: Es ist vollkommen richtig, dass in der Zulassungsstudie nur eine kleine Gruppe von Kindern untersucht wurde. Aber in den USA wurden mittlerweile zwei Millionen Kinder geimpft und da hat sich bestätigt, dass wir hier keine großen Probleme gesehen haben. Ich persönlich rechne sogar eher mit etwas weniger Nebenwirkungen als bei Jugendlichen, da im Rahmen der Pubertät etwas mehr Nebenwirkungen auftreten und wir bei den Kindern nun ja im präpubertären Stadium sind.

Was sind bisher bekannte Nebenwirkungen?

Omran: Die Nebenwirkungen waren in der Beobachtungsstudie sehr gering, das waren vor allem Lymphknotenschwellungen in der Häufigkeit von circa einem Prozent. Andere Nebenwirkungen kennt man natürlich auch, wie eine leichte Rötung der Impfstelle oder auch etwas Fieber. Schwerere Nebenwirkungen wurden noch gar nicht beobachtet.

Als schwere Nebenwirkung kursierte in den Medien jedoch immer wieder etwas von Herzmuskelentzündungen. Stimmt diese Aussage?

Omran: Man hat gesehen, dass es selten bei männlichen Jugendlichen und noch etwas seltener bei weiblichen Jugendlichen zu solchen Herzentzündungen gekommen ist. Was aber wichtig ist: Diese Herzentzündungen waren in der Regel alle vergesellschaftet mit einem guten klinischen Verlauf. Die Herzentzündungen, die im Rahmen einer Inflammationserkrankung, also einer COVID-Erkrankung auftraten, waren deutlich schwerer.

Was raten Sie Eltern, deren Kinder eine Grunderkrankung haben. Gibt es Gründe, mit einer Impfung eher zurückhaltend zu sein?

Omran: Man sollte vor der Impfung natürlich immer eine sorgsame Aufklärung bei seinem Kinderarzt wahrnehmen. Wenn ein Kind eine besondere Grunderkrankung hat, zum Beispiel eine Herzerkrankung, sollten Eltern zusätzlich mit dem entsprechenden Spezialisten reden, um zu sehen, ob es hier doch auch mal besondere Gründe gegen eine Impfung gibt. Das wird aber sehr, sehr selten sein. Eher wird eine schwere Grunderkrankung ein besonderer Grund sein, diese COVID-Impfung zu veranlassen.

Einige Erwachsene haben nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihre Kinder Angst vor Langzeitfolgen einer Impfung. Wie ist hierzu die Datenlange?

Omran: Ich habe weder bei Kindern noch bei Erwachsenen Erkenntnisse für Langzeitschäden nach den bisherigen Impfungen. Ich rechne auch nicht damit.

Langzeitfolgen der Pandemie sind hingegen bereits bekannt, vor allem psychische. Die Zahl an hilfesuchenden Kindern, Jugendlichen und Eltern ist immens gestiegen. Welchen Beitrag kann die Impfung in dieser Hinsicht leisten?

Omran: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Kinder brauchen in ihrem Leben auch Freiheit, brauchen Entwicklungsmöglichkeiten, müssen auch andere Kinder treffen können, müssen spielerisch soziale Fähigkeiten erlernen können. Das können sie eigentlich nur in der Gruppe und das können sie nur mit Menschen und nicht nur virtuell. Und deswegen ist auch da die COVID-Impfung ein gutes Instrument, um Kindern diese Entwicklungsmöglichkeiten wiederzugeben. Ich rechne damit, dass dann auch weniger psychische Probleme auftreten, weil es ja schon zum Teil besorgniserregend ist, was wir erlebt haben bezüglich dieser anderen Nebenwirkungen der Erkrankung.

Abschließend noch eine persönliche Einschätzung: Ihre Klinik ist eine der größten in der Region mit entsprechend vielen Mitarbeiter*innen, von denen selbst viele Kinder unter elf Jahren haben. Wie wird das Thema bei Ihnen untereinander diskutiert?

Omran: In unserem Kinder-Infektiologischen Team sind auch viele Ärztinnen und Ärzte, die selbst Eltern sind und Kinder im entsprechenden Alter haben. Und all die Ärzte haben sich die Studienlage intensiv angeschaut und klar gesagt, sie würden und sie werden ihre eigenen Kinder impfen lassen.

Video: „In den USA wurden mittlerweile zwei Millionen Kinder geimpft – ohne große Nebenwirkungen.“ – Das komplette Interview mit Prof. Heymut Omran.

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