Bild (v.l.): Freuen sich auf fünf Jahre (noch) engerer Zusammenarbeit unter dem Dach des „EULAR Centre“ (v.l.n.r.): Prof. Richard Stange, Prof. Dirk Föll, Prof. Thomas Pap, Prof. Martin Kriegel, Prof. Christine Hartmann und Prof. Tobias Hirsch (Foto: WWU / Marcus Heine)
Münster (mfm/jg) – Die Zukunft hat viele Namen – die der europäischen Rheumatologie heißt nun auch Münster: Für zunächst fünf Jahre – von 2022 bis 2027 – erhält die Medizinische Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster die Auszeichnung „EULAR Centre of Exellence of Rheumatology“. Den Titel verleiht der Dachverband Europäischer rheumatologischer Fachgesellschaften „European Alliance of Associations for Rheumatology“ (EULAR) an Standorte, deren Forschungsarbeit das Potenzial zeigt, die Zukunft der internationalen Rheumatologie richtungsweisend mitzugestalten.
Die Auszeichnung geht an die auf dem Gebiet der Rheumatologie arbeitenden Einrichtungen der Medizinischen Fakultät, die neben den Standorten Berlin und Erlangen nun das dritte EULAR-Centre in Deutschland bilden. „Da wir zu verschiedenen Schwerpunkten arbeiten, stammen unsere Projekte aus mehreren Bereichen mit unterschiedlichen Protagonisten“, erläutert Prof. Thomas Pap, Direktor des Instituts für Muskuloskelettale Medizin. „Diese Vielseitigkeit hat uns erleichtert, die für eine Bewerbung als EULAR-Centre geforderte Mindestzahl an ‚Impact-Factor-Points‘ zu erreichen. Anhand dieser Werte wird der Einfluss publizierter Forschungsergebnisse auf die Fachwelt gemessen.“
Für die erfolgreiche Bewerbung Münsters war das von Pap geleitete Institut mit der Abteilung für Translationale Rheumatologie und Immunologie unter der Führung von Prof. Martin Kriegel, die Sektion für Rheumatologie und Klinische Immunologie am Universitätsklinikum Münster (ebenfalls unter Kriegel) sowie die Klinik für Pädiatrische Rheumatologie und Immunologie unter Leitung ihres Direktors Prof. Dirk Föll verantwortlich. Während Pap vor allem neue Ansätze zur Behandlung der Gelenkzerstörung bei rheumatischen Erkrankungen untersucht, erforscht Kriegel als Mikrobiom-Experte, wie die bakterielle Zusammensetzung des Darms mit der Entstehung von autoimmunen und entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zusammenhängt. Föll arbeitet mit seinem Team vor allem zur Diagnostik und Therapie rheumatischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen.
Das EULAR-Zertifikat erkennt zum einen bisherige Leistungen an, hat zugleich aber auch eine langfristige Perspektive. „Unsere Stärke ist schon jetzt, dass und wie eng wir trotz der unterschiedlichen Schwerpunkte zusammenarbeiten – motiviert von der Auszeichnung werden wir in Zukunft sowohl in der Forschung als auch der Klinik noch weiter zusammenrücken“, so Kriegel. Damit nicht genug: „Bei künftigen Projekten wird EULAR primär mit den ausgezeichneten Standorten zusammenarbeiten“, ergänzt Föll und nennt ein konkretes Beispiel: „Für die Entwicklung von Empfehlungen, die die Gesellschaft für europäische Kinder und Erwachsene mit rheumatischen Erkrankungen herausgibt, werden vorwiegend Forschende aus den EULAR-Exzellenzzentren berufen.“ Als einziger deutscher Standort ist Münster mit zwei Mitgliedern – Pap und Föll – in dem 24-köpfigen „EULAR Research Committee“ vertreten, das über die Forschungsrichtung des Europäischen Dachverbandes in den nächsten Jahren entscheidet. Zudem ist Kriegel Gründungsmitglied in einer kürzlich formierten EULAR-Arbeitsgruppe zum Thema Mikrobiom.
Bild: Studentin Jule König während einer Wurzelkanalbehandlung – Zahnärztin Dr. Laurentia Schuster (l.) und Assistenz Anh Gnoc Le begutachen ihre Arbeit (Foto: WWU / P. Leßmann).
Weniger Kosten bei mehr Geduld
Münster (mfm/mw) – Studierendenbehandlung? „Mein erster Gedanke dazu war ein Studierender, der auf dem Zahnarztstuhl sitzt. An einen studentischen Behandelnden habe ich nicht gedacht“, sagt Dieter Eich. Der Rentner wird gerade von angehenden Zahnärztinnen und Zahnärzten mit einer Totalprothese, volkstümlich: den „Dritten“, versorgt. Über 150 Studierende der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster behandeln pro Semester in der Uni-Zahnklinik in den vier Kursen der Zahnersatzkunde und Zahnerhaltung. Auch wenn es einen internen „Pool“ der Klinik gibt, benötigen die Studierenden ständig neue Patientinnen und Patienten mit insuffizientem Zahnersatz, erneuerungsbedürftigen Füllungen sowie ähnlichen Problemen. Für Interessierte winken Preisnachlässe: Die Medizinische Fakultät der WWU unterstützt die Studierendenbehandlung mit Preisnachlässen auf die zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen.
Zahnärztinnen und Zahnärzte müssen, wenn sie in den Beruf einsteigen, nicht nur theoretisch ausgebildet, sondern auch fit für die Praxis sein. Dieses auch in der Approbationsordnung festgeschriebene Ziel ist ohne die unmittelbare Behandlung von echten Patientinnen und Patienten nicht umsetzbar. „Zahnmedizin ist ein hochgradig praxisorientiertes Studium“, erklärt die Direktorin der Poliklinik für Prothetische Zahnmedizin des Universitätsklinikums Münster, Prof. Petra Scheutzel. „Im Mittelpunkt steht die Arbeit am Menschen. Da die ‚passenden‘ Patientinnen und Patienten aber nicht immer in benötigter Zahl zur Verfügung stehen, schafft die Universität einen zusätzlichen Anreiz durch ermäßigte Behandlungskosten“.
Wer dieses Angebot nutzt, wird nicht zu einer Art „Experimentierkaninchen“: Zum einen haben alle Behandelnden in drei Jahren Ausbildung bereits ihr Können unter Beweis gestellt und verfügen über umfangreiche theoretische und praktische Kenntnisse. Erst ab dem siebten Semester – und dann bis zum Examen im zehnten Semester – versorgen die Studierenden die Patientenschaft in mehreren Fachdisziplinen der Zahnmedizin. „Das erfolgt immer unter Aufsicht“, betont Scheutzel. Hinter jeder Zahnmedizinerin und jedem Zahnmediziner in spe steht auch mindestens eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt – meist in der Behandlungsbox nebenan. Die einzelnen Schritte werden kleinteilig nach dem Vier-Augen-Prinzip kontrolliert. „Gerade ängstlichere Hilfesuchende fühlen sich über die stufenweise Abfolge der Behandlung mehr integriert und einbezogen“, erklärt Studentin Jule König während einer Wurzelkanalbehandlung im 7. Semester.
Bild (v.l.): Der betreuende Zahnarzt Dr. Nico Peter Schwarzbach gibt den Studierenden Amelie Zipser und Nick Paßlack sowie dem „Klinik-Profi“ Dieter Eich Tipps für das Einsetzen der neuen „Dritten“ (Foto: WWU / P. Leßmann).
Weitere Vorteile des universitären Ausbildungsbetriebes: Die technische Ausstattung ist auf dem neuesten Stand, und die Patientinnen und Patienten erwartet eine Behandlung nach aktuellem wissenschaftlichem Erkenntnisstand. Zum Behandlungsspektrum der klinischen Kurse gehören unter anderem Füllungstherapie, Inlays, Onlays, Teilkronen aus Keramik oder Gold, Wurzelkanalbehandlungen, Prophylaxe-Maßnahmen, festsitzender und herausnehmbarer Zahnersatz wie Kronen, Brücken, Teleskoparbeiten, Teil- sowie Vollprothesen. Leistungen mit hohem Zuzahlungsanteil wie Kunststofffüllungen, Wurzelkanalbehandlungen oder Zahnersatz können durch die Bezuschussung der Studierendenkurse stark vergünstigt angeboten werden.
Einziges Manko: Die Behandlung in der Uni-Zahnklinik nimmt infolge des Vier-Augen-Prinzips und ausführlicher Besprechungen aller Arbeitsschritte mehr Zeit in Anspruch als ein Besuch bei niedergelassenen Berufskollegen. Wer diesen höheren Zeitaufwand nicht scheut, kann sich nach vorheriger Anmeldung in der Klinik vorstellen (Telefon: 0251-83-45500). Berücksichtigt werden können solche Patientinnen und Patienten, deren zahnmedizinische Befunde sich für eine Behandlung in der studentischen Ausbildung eignen. In einer Eingangsuntersuchung und Beratung wird jeder Einzelfall geprüft.
Bild: Auf die künftigen Studierenden des Bachelor-Studiengangs Hebammenwissenschaft freuen sich zusammen mit den dafür verantwortlichen Mitarbeiterinnen (v.l.n.r.: Frauke Wagener, Sandra Kroner-Beike und Felizitas Dirkmann) auch der Dekan der Medizinischen Fakultät Prof. Frank Ulrich Müller (2.v.l.) und der Ärztliche Direktor des UKM Prof. Alex W. Friedrich (Foto: WWU/M. Heine).
Münster (mfm/sw) – Ob die Bezeichnung aus dem Althochdeutschen stammt und für „Großmutter“ steht oder ob sie auf die „Hebende“ zurückgeht, ist noch ungeklärt. Was allerdings klar ist: Hebammen kommen künftig aus Hochschulen. Eine EU-Richtlinie sieht die vollständige Akademisierung des Berufes bis Ende 2022 vor; an die Stelle der Hebammenschulen tritt ein Bachelorstudium mit hohem Praxisanteil. Das soll den Beruf attraktiver machen und die Ausbildung noch besser. Auch die Westfälische Wilhelms-Universität (WWU) Münster arbeitet an ihrem ersten Studiengang Hebammenwissenschaft: „Zum 1. Oktober soll es mit den ersten 24 Studierenden losgehen“, sagt die leitende Hebamme Sandra Kroner-Beike, die mit zwei Kolleginnen die inhaltlichen und organisatorischen Vorbereitungen trifft.
Die Premiere erfordert aufwändige Vorkehrungen, denn die Besonderheiten des neuen Studiengangs, der an der Medizinischen Fakultät der WWU angesiedelt sein und dual laufen wird, stellen die Zuständigen vor neue Herausforderungen. „Es muss nicht nur ein akademisches Konzept ausgearbeitet, sondern auch eine ausreichende Zahl von Praxispartnern gefunden werden. Diese müssen den gesetzlichen Vorgaben und beruflichen Ansprüchen gerecht werden – das braucht seine Zeit“, erläutert Kroner-Beike.
Als Kooperateur „gesetzt“ und damit zentraler Vertragspartner der Medizinischen Fakultät ist das Universitätsklinikum Münster (UKM). Es wird als Knotenpunkt eines Netzwerkes fungieren, das weit ins Münsterland hineinreicht und das neue Studium auch zu einer regionalen Angelegenheit macht. „Für jeden Studienplatz ist ein Praxisplatz für die notwendigen 2.200 Stunden pro Person erforderlich. Das UKM wird daher Kooperationsverträge mit weiteren Kliniken, vornehmlich Akademischen Lehrkrankenhäusern der WWU, sowie mit freiberuflichen Hebammen abschließen“, so Kroner-Beike. Die Suche danach sei kein Selbstläufer, denn durch die Akademisierung seien die Partner auch selbst gefordert: Die gesetzlichen Vorgaben – das Hebammengesetz und die zugehörige Prüfungsverordnung – sehen sogenannte „qualifizierte Praxisanleitungen“ vor. Das heißt: Die Praxispartner müssen teils Personal weiterqualifizieren und benötigen zusätzlich mehr Mitarbeitende. „Diesen Anforderungen in Zeiten des Personalmangels gerecht zu werden, gleicht einer Mammutaufgabe“, seufzt Kroner-Beike
Das UKM als verantwortliche Praxiseinrichtung plant eine Koordinationsstelle für alle Studierenden, um so viele Prozesse für die Beteiligten der berufspraktischen Ausbildung zu vereinfachen. Die Lehre liegt in der Hand der WWU. Zusammen mit Sandra Kroner-Beike treiben Frauke Wagener und Felizitas Dirkmann, beide ebenfalls akademisierte Hebammen und kürzlich für den Aufbau des neuen Studiengangs eingestellt, die Entwicklung des Curriculums voran. Parallel läuft mit Hochdruck das Berufungsverfahren für die ebenfalls neu eingerichtete Professur für Hebammenwissenschaft; die Probevorträge der Bewerberinnen und Bewerber haben bereits stattgefunden.
Der gesetzliche Rahmen grenzt die Medizinische Fakultät bei der Entwicklung des Curriculums eng ein – eine Herausforderung. Aber Freiraum für eigene Vorstellungen der Akademisierung bleibt trotzdem – und wird genutzt. So konzipierte Sandra Kroner-Beike ein fachübergreifendes und individuell wählbares Modul, in dem die Studierenden Erkenntnisse aus einer anderen akademischen Disziplin in die Hebammentätigkeit übertragen. „Zur Auswahl stehen zum Beispiel die Sport- und Erziehungswissenschaften“, sagt Sandra Kroner-Beike. Hebammen seien eng in die Familie eingebunden und mit unterschiedlichen sozialen und gesellschaftlichen Perspektiven und Herausforderungen konfrontiert, die über das Kerncurriculum hinausgehen. „Wir ermöglichen einen Perspektivwechsel und damit eine mögliche Weiterentwicklung des Hebammenberufes“.
Einen besonderen Fokus soll der Bachelor-Studiengang an der WWU auf die Forschung legen: „Den Studierenden das Rüstzeug mitzugeben, dass sie ihren Beruf – und das über den Studienabschluss hinaus – stets am aktuellen Stand der Wissenschaft ausrichten, ist die Kernkompetenz einer Universität“, betont der Studiendekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Bernhard Marschall. Er sieht seine Fakultät hervorragend gerüstet für die Hebammenwissenschaft: „Wir haben langjährige Erfahrungen mit innovativen Lehrprojekten und mit einer integrativen interprofessionellen Ausbildung“, erläutert der Mediziner und verweist unter anderem auf das „Studienhospital Münster“.
Bevor es in einigen Monaten losgeht, muss Marschalls Studiengangs-Team noch viel curriculare Arbeit, aber auch Organisatorisches erledigen. So stehen neben der Akkreditierung und berufsrechtlichen Genehmigung des Studienprogramms derzeit die Beschaffung von Modellen und Materialien für die Praxisübungen im Simulations-Kreißsaal sowie der Aufbau einer hebammenspezifischen Fachliteratur-Sammlung oben auf der Agenda.
Infos für Studieninteressierte:
Bewerben können sich Interessierte für das kommende Wintersemester von Anfang Mai bis zum 15. Juli; das Verfahren läuft online. Bei Annahme des Studienplatzes wird von Seiten des UKM ein Vertrag über die akademische Hebammenausbildung reserviert, so dass die eigene Suche nach einem passenden Praxispartner entfallen kann. Mehr Informationen zum B.Sc. Hebammenwissenschaft gibt es auf der Website des Studiengangs sowie in Online-Info-Veranstaltungen (nächster Termin: 28.03.2022).
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