Mehr Licht und Raum für Patienten am UKM

Mehr Licht und Raum für Patienten am UKM

Bild: So könnte der Medizin-Campus des UKM zukünftig aussehen. (© Foto ingenhoven architects)

Entwürfe für einen nördlichen Erweiterungsbau des Zentralklinikums wurden dem Stadtplanungsausschuss vorgestellt.

Münster (ukm/ks) – „Außen glänzen die Türme in strahlendem Weiß, innen fehlt uns aber der Platz, um auch hier die Sanierung schnell voranzutreiben“, bringt der Kaufmännische Direktor des UKM (Universitätsklinikum Münster) Dr. Christoph Hoppenheit das Dilemma auf den Punkt, in dem die Uniklinik derzeit baulich steckt. „Indem wir die geplante Erweiterung auf der Nordseite der Türme jetzt forcieren, können wir auch den dringlich nötigen Innenausbau des Zentralklinikums vorantreiben“, so Hoppenheit.

Der zukünftige Erweiterungsbau ist schon sehr lange in den Köpfen der Bauverantwortlichen der UKM-Tochter UKM Infrastruktur Management GmbH (UKM IM): Es stellt die zentrale Erweiterung des Medizin-Campus dar, die in der Masterplanung 2028 festgeschrieben ist. Auf dem Gelände des heutigen UKM-Parkdecks soll ein Gebäudekomplex mit Hubschrauberlandeplatz entstehen – vor allem aber auch ein Eingangsportal für Patienten und Besucher, das den Namen auch verdient. Bereits 2016 hatte das Architekturbüro ingenhoven architects einen städtebaulichen Wettbewerb für eine nördliche Erweiterung des Zentralklinikums gewonnen. Diese Entwürfe wurden auf die aktuellen Bedürfnisse der Universitätsmedizin Münster angepasst.

Konkret bedeutet die Überarbeitung für die Patienten des Uniklinikums: Unter anderem Bereiche wie Chirurgie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Dermatologie können zentraler auf dem Medizin-Campus angesiedelt werden. Das heißt, im Blick der Architekten und Bauprojektleiter ist die Optimierung der Erreichbarkeit der einzelnen Bereiche, die Funktionalität und eine intuitive Wegeführung. So viele Flächen wie möglich sollen außerdem begrünt werden und so viel Licht wie möglich soll in den Erweiterungsbau zugunsten der Aufenthaltsqualität für Besucher und Patienten fließen.
Die nördliche Erweiterung soll voraussichtlich in einzelnen Abschnitten realisiert werden: Als erste Maßnahme muss zunächst Ersatz für das jetzige UKM-Parkdeck geschaffen werden. Dafür soll der Wertstoffhof, der sich dort derzeit befindet, als Wertstoffhalle südwestlich des Zentralklinikums verlagert werden und zwar nach den aktuellen Ansprüchen der Nachhaltigkeit.

Diese Vorüberlegungen sind jetzt dem Stadtplanungsausschuss vorgestellt worden (21.11.2019). „Die Stadt begrüßt das Großprojekt der Uniklinik sehr. Es ist wichtig, dass die Universitätsmedizin Münster für Patienten aus dem gesamten Münsterland und darüber hinaus nicht nur fachlich und technisch, sondern auch infrastrukturell auf dem neuesten Stand ist. Stadt, Hochschulen und UKM arbeiten bei der Entwicklung der Wissensquartiere als Bündnispartner eng zusammen“, kommentiert Stadtbaurat Robin Denstorff die UKM-Pläne.

Zur Frage der Finanzierung ist man mit dem Land Nordrhein-Westfalen im Gespräch.

Lebertransplantation: 36-jähriger Patient bekommt durch Hightech-Maschine zweite Chance

Lebertransplantation: 36-jähriger Patient bekommt durch Hightech-Maschine zweite Chance

Bild: Das Team um Prof. Jens Brockmann (2. v.l.) hat erfolgreich eine Leber mit Hilfe des mobilen Leberperfusionsgerätes transplantiert. © Fotos (UKM)

Leber-Organperfusionsgerät soll Sicherheit und Zahl von Spenderorganen erhöhen

Münster (ukm/ks) – Michael Reiter* ist erst 36 Jahre alt und hat bereits zwei Lebertransplantationen hinter sich. Dass es ihm jetzt gut geht, hat er unter anderem einem neuen Hightech-Gerät in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie am UKM (Universitätsklinikum Münster) zu verdanken.
Das sogenannte normotherme Leberperfusionsgerät soll ab sofort dafür sorgen, dass mehr Lebern zur Transplantation zur Verfügung stehen und gleichzeitig die Lebertransplantation für Empfänger sicherer wird.
„Diese Maschine hat unserem Patienten die Möglichkeit auf ein neues und gesünderes Leben gegeben“, freut sich Prof. Jens Brockmann als stellvertretender Klinikleiter über den ersten erfolgreichen Einsatz des neuen Gerätes.

Die Krankheitsgeschichte von Michael Reiter* ist lang: Seit 2012 wartete er wegen einer chronisch entzündlichen Gallengangs-Erkrankung auf eine Spenderleber. Nach akutem Leberversagen erhielt der junge Mann am 2. Juni dieses Jahres endlich eine Lebertransplantation. „Leider war der postoperative Verlauf nicht erfreulich. Zwei Mal kam es zu Abstoßungsreaktionen. Wir vermuten stark, dass es bei der ersten Spenderleber durch eine zu lange Lagerung auf Eis zu neuen Gallengangs-Schädigungen gekommen ist. Das Organ hat leider zu keiner Zeit seine Funktion zufriedenstellend aufgenommen, “ so Brockmann weiter. Nach der Abstoßungsreaktion musste der Patient wieder auf die Warteliste für eine weitere Leberorgan-Transplantation.

Mitte Oktober dann stand erneut eine Leber für Reiter* zur Verfügung. Allerdings war auch dieses Organ bereits mehrere Stunden auf Eis transportiert worden und die Qualität somit fraglich. Ohne das Organperfusionsgerät hätte das Team um Prof. Jens Brockmann die erneute Transplantation vermutlich nicht durchgeführt. Dieses Mal aber konne die Leber nach Eintreffen im UKM über Nacht an die Perfusionsmaschine angeschlossen werden: „Durch den Einsatz der Maschine erhalten wir wichtige Informationen über die Funktionsfähigkeit des Spenderorgans und gewinnen gleichzeitig mehr Zeit, um den Patienten optimal vorzubereiten. Die Leber wird vom Gerät auf Körpertemperatur gehalten und dabei mit Blut, Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Ihr Zustand verbessert sich während der Anschlusszeit zusehends“, erklärt Brockmann und ergänzt: „Wir können durch den Einsatz der Perfusionsmaschine die Sicherheit für unsere Patienten erhöhen. Eine internationale Studie hat gezeigt, dass nicht nur mehr Patienten transplantiert werden können, sondern, dass bei diesen auch die Organfunktion nach der Transplantation verbessert war.“

Die zweite Transplantation bei Michael Reiter* gelang dann auch. Bereits am Abend nach der Operation wurde Michael extubiert und nach nur zwei Tagen konnte er die Intensivstation verlassen. „Der weitere Verlauf gestaltet sich bisher komplikationsfrei und dem Patienten geht es gut“ freut sich das gesamte Team mit Prof. Brockmann.

Prof. Brockmann war übrigens gemeinsam mit seinem UKM-Kollegen Dr. Thomas Vogel an der Entwicklung der Maschine an der Universität Oxford beteiligt. Aus diesem Grund hatten die beiden kürzlich das Gerät auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann bei einem Besuch des Klinikums vorgestellt, der sich für die neue Technik bei der Organkonservierung sehr interessiert zeigte.

*Name von der Redaktion geändert

Bild: Während der Perfusionsphase „arbeitet“ die Leber unter weitgehend natürlichen Bedingungen. Dadurch können Untersuchungen der Leberfunktion durchgeführt werden.
Welt-Frühchentag (17.11.2019): „Hallo PAUL!“: Frühchen-Simulator revolutioniert die Neugeborenen-Medizin

Welt-Frühchentag (17.11.2019): „Hallo PAUL!“: Frühchen-Simulator revolutioniert die Neugeborenen-Medizin

Bild: PAUL im Mittelpunkt: (v.l.)Dr. Julia Sandkötter, Kira Bendel (Frühchen-Verein), Dr. Katharina Schulze-Oechtering, Ute Wiengarten (Herzenswünsche e.V.) und Helmut Foppe freuen sich mit Michael Klatthaar (UKM Trainingszentrum) über den Frühchen-Simulator. ©Foto (UKM)

In Deutschland kommen jedes Jahr rund 8.000 Kinder noch vor der 30. Schwangerschaftswoche und mit einem Gewicht von weniger als 1.500 Gramm zur Welt. Bei einem Kind, das so viel zu früh ins Leben startet, ist die sofortige und bestmögliche medizinische Versorgung extrem wichtig. Leider kann man den Ernstfall einer so frühen Geburt nie üben, was die neonatologischen Teams vor große Herausforderungen stellt. Ein Frühchen-Simulator namens PAUL soll ab jetzt helfen, Teams zu trainieren, die solche extremen Frühchen erstversorgen. Finanziell möglich gemacht wurde PAUL auch durch Spenden.

Münster (ukm/aw) – PAUL ist 1.000 Gramm schwer und 35 Zentimeter klein. Damit entspricht er einem Frühgeborenen, das in der 27. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen ist. Dr. Katharina Schulze-Oechtering, Kursleiterin des UKM Trainingszentrums für den Bereich Pädiatrie und Neonatologie, kann künftig mit den Teams, für die die Erstversorgung solcher extremer Frühchen Arbeitsalltag ist, realitätsnah und zielgerichtet trainieren. Neugeborenen-Mediziner (Neonatologen) und Kinder- und Gesundheitspflegende werden künftig in interdisziplinären Simulationstrainings alle erdenklichen neonatologischen Ernstfälle mit PAUL üben. Oberärztin Dr. Julia Sandkötter aus der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am UKM (Universitätsklinikum Münster) freut sich darüber: „Es versteht sich von selbst, dass wir die verschiedenen Situationen niemals an einem echten Notfall durchspielen können. Für unser Realitätsempfinden ist PAUL, der in seiner Größe und seinem Verhalten einem Frühgeborenen komplett entspricht, enorm hilfreich. Es ist großartig, mit PAUL einen Simulator zu haben, der sich sogar wie ein echtes Frühgeborenes verhält.“

Ein Beispiel für eine solche Simulation: PAUL atmet immer flacher und wird durch den Sauerstoffmangel blau. Für die Teams tritt dann der Notfall ein, bei dem es gilt, die lebensrettenden Maßnahmen sofort und ohne Reibungsverluste im Team umzusetzen.
Möglich gemacht hat die rund 60.000 Euro teure Anschaffung neben der UKM-Eigeninvestition eine 20.000 Euro hohe Spende des Vereins „Das frühgeborene Kind Münster e.V.“. Vereinsvorsitzende Kira Bendel erklärte bei der Übergabe von PAUL heute im UKM Trainingszentrum: „Die Versorgung sehr kleiner Frühgeborener am UKM ist qualitativ hoch und soll es auch bleiben. Wir denken, dass ein regelmäßiges Simulationstraining mit Paul entscheidend dazu beitragen kann. Wir sind sicher, dass das Wissen um eine optimale Vorbereitung des klinischen Personals auf Notfälle Frühchen-Eltern beruhigter durch die schwierige Zeit in der Klinik bringen wird.“ Finanziell unterstützt wurde die Frühchenverein durch den Verein „Herzenswünsche e.V.“. Dessen Schatzmeisterin Ute Wiengarten sieht das Geld ebenfalls in die Sicherheit von künftigen Frühgeborenen investiert: „Herzenswünsche ist die Betreuung der allerkleinsten Patienten und ihrer Eltern ein ganz besonderes Anliegen. Deshalb unterstützen wir gerne die Arbeit des Vereins „Das frühgeborene Kind“ Münster e.V. in seinem Bemühen, die Behandlung dieser Kinder auf höchstem Niveau zu sichern.“

Übergewicht als Risikofaktor Nr. 1 für Brustkrebs

Übergewicht als Risikofaktor Nr. 1 für Brustkrebs

Münster (ukm/aw) – Die Diskussion um die Einnahme von Hormonen in Zusammenhang mit der Entstehung Brustkrebs wird seit Jahren geführt. Kaum im Bewusstsein der öffentlichen Meinung verankert ist dagegen ein Faktor, der genauso gut Brustkrebs begünstigt: Starkes Übergewicht hat dieselben negativen Konsequenzen bei der Tumorentstehung wie eine Hormoneinnahme. „Seit 1975 hat sich weltweit die Zahl der Menschen mit starkem Übergewicht (Adipositas) verdreifacht – mit bisher unabsehbaren Folgen auch in Sachen Brustkrebs“, sagt Prof. Ludwig Kiesel, Direktor der Universitäts-Frauenklinik am UKM.

Herr Prof. Kiesel, inwiefern beeinflusst Übergewicht das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken?
Das hängt sehr davon ab, von welchem Lebensabschnitt wir reden. Einfach gesagt: Wenn in der Zeit nach den Wechseljahren Übergewicht vorliegt, ist das ungünstig für das Brustkrebsrisiko. Interessanterweise gilt das nicht unbedingt für die Zeit vor den Wechseljahren. Es gibt sogar Studien, die dann ein niedrigeres Risiko zeigen können, wenn vor den Wechseljahren schon Übergewicht da war. Da gibt es viele Erklärungsansätze, beispielsweise scheint die Hormonlage eine wichtige Rolle zu spielen. Vor den Wechseljahren haben Frauen eine hohe eigene weiblich Hormonbildung – das ist eine grundsätzlich andere Risikokonstellation als nach den Wechseljahren. Wenn danach weniger Hormone vorhanden sind, dann scheint eine zusätzliche Einnahme von Hormonen oder ein Übergewicht mehr Effekt auf das Brustkrebsrisiko zu haben als davor.

Physiologisch nehmen Frauen ja aber in und nach den Wechseljahren oft von ganz alleine zu…
Möglichst früh abzunehmen, ist sicherlich hilfreich. Am besten in Kombination mit einer vermehrten körperlichen Bewegung. Gewichtabnahme ist gut, allerdings in der Gesamtauswirkung nicht ganz so gut, als wenn man vorher gar nicht zugenommen hätte. Das heißt auch für die Zukunft hat jede Gewichtszunahme einen negativen Effekt auf die Brustkrebsentstehung, allerdings kann man das etwas durch eine Gewichtsabnahme korrigieren. Vereinfacht gesagt ist es ideal, wenn man gar nicht zugenommen hat, auch wenn da natürlich noch viele andere Faktoren eine Rolle spielen. Gewicht spielt bei der Entstehung von Brustkrebs immer eine Rolle – man hat sogar herausgefunden, dass ein niedriges Geburtsgewicht mit einem geringeren Risiko, später zu erkranken, einhergeht.

Angesicht seiner Gesellschaft, in der das Übergewicht rasant zunimmt, sind das keine guten Aussichten…
Nein, in der Tat nicht. Seit 1975 hat sich die Zahl der Menschen mit Adipositas weltweit nahezu verdreifacht. Da geht es aber gar nicht so sehr um die vermeintlich „leichteren Fälle“ mit einem leicht erhöhten BMI. Entscheidend ist das zentrale Fett rund um die Körpermitte. Weniger dicke Beine oder ein dicker Po bilden ein Risiko. Gefährlich wird es, wenn die inneren Organe mitbetroffen sind. Es kommt darauf an, wo das Fett sitzt, und das wird leider oft genetisch vorgegeben. Das Fett am Bauch ist ein aktives Organ – früher dachte man, das ist nur ein Speicher für schlechte Zeiten. Inzwischen hat man verstanden, dass ein Zusammenhang zwischen dem aktiven Fett und den entzündlichen Vorgängen, die es im Körper auslöst und der Entstehung von Krebs besteht. Das betrifft natürlich auch den Brustkrebs.

Kann man das Risiko Übergewicht und das Risiko Hormontherapie gegeneinander abwägen?
Ja, das kann man tatsächlich gegeneinander abwägen: Deutliches Übergewicht hat nahezu dieselbe Wirkung wie eine Hormontherapie. Letztendlich ist es in Zahlen fast genauso ungünstig, deutliches Übergewicht zu haben, wie über mehrere Jahre Hormone einzunehmen. Nun ist Hormontherapie ja aber nicht gleich Hormontherapie. Wenn eine Frau nur Östrogene einnimmt, ist das Risiko deutlich geringer als wenn sie ein Kombipräparat aus Östrogenen und Gestagenen einnimmt. Generell gilt: Je länger man Hormone einnimmt, desto ungünstiger wirkt es sich aus. Kurzzeitig allerdings – unter einem Jahr Einnahmedauer – hat eine Hormongabe dagegen keine nennenswerten Folgen und kann helfen, Symptome wie Hitzewallungen zu überwinden.

Was wäre nun ihr Appell an Frauen, die Brustkrebs möglichst vermeiden wollen?
Zum Ersten: Unbedingt aufs Gewicht achten – möglichst auch schon vor den Wechseljahren, denn der Kalorienverbrauch nimmt dann deutlich ab. Das heißt, man muss die Ernährungsweise rechtzeitig anpassen. Zweitens: Sie müssen nicht nur weniger essen, sondern gleichzeitig auch mehr Sport machen, um die Muskelmasse zu erhalten. Trotzdem kann man all das nur bedingt beeinflussen. Ich habe eine Patientin, die war Zeit ihres Lebens eine sehr schlanke Marathonläuferin und hat nach den Wechseljahren nun plötzlich einen ganz anderen Körper. Und das, obwohl sie weiter läuft und sich gesund ernährt. Also: Da darf man sich auch nicht immer ein schlechtes Gewissen machen, man muss nicht immer automatisch etwas falsch gemacht haben, wenn man in diesem Lebensabschnitt zunimmt.

Für mehr Lebensqualität: Neues Verfahren gegen diastolische Herzinsuffizienz

Für mehr Lebensqualität: Neues Verfahren gegen diastolische Herzinsuffizienz

Bild: Erfolgreiche Behandlung mit dem neuen Verfahren gegen diastolische Herzinsuffizienz: (v.l.) Studienleiter Dr. Rudin Pistullin mit Patient Ralf Mondorf sowie die Klinikdirektoren Prof. Holger Reinecke und Prof. Helmut Baumgartner und Oberarzt Dr. Gerrit Kaleschke aus den Kardiologischen Einrichtungen am UKM.

Herzinsuffizienz wächst sich zur Volkskrankheit aus. Bei der Hälfte der Erkrankten handelt es sich um die bis vor wenigen Jahren kaum erkannte diastolische Herzinsuffizienz. Betroffene schleppen sich mit Atemnot und Wassereinlagerungen durch den Alltag – eine medikamentöse Therapie gibt es bisher nicht. Ein neues minimalinvasives Verfahren gibt Patienten jetzt Hoffnung: Das UKM (Universitätsklinikum Münster) ist weltweit eines von nur zehn Zentren, das dieses inzwischen zugelassene Verfahren jetzt im Rahmen einer Beobachtungsstudie durchführt.

Münster (ukm/aw) – Weltweit leiden mehr als 26 Millionen Menschen unter Herzinsuffizienz. Einer von ihnen ist Ralf Mondorf aus Sendenhorst. Bei dem 65-Jährigen traten die Beschwerden der Herzinsuffizienz im vergangenen Oktober erst richtig auf. „Bei einem Rückflug aus dem Urlaub fühlte ich mich urplötzlich schlecht. Es war so, als hätten mich auf einmal alle Kräfte verlassen.“, erinnert er sich. Zurück in Sendenhorst folgte eine Reihe von Arztbesuchen, denn Ralf Mondorf konnte sich quasi kaum noch vom heimischen Sofa wegbewegen. „Ich bekam fast keine Luft und konnte nur ein paar Schritte in der Wohnung herumgehen“, sagt er rückblickend. Schließlich stellte Mondorfs Kardiologe die richtige Diagnose: Diastolische Herzinsuffizienz. In Abgrenzung zur systolischen Herzinsuffizienzkann sich das Herz hier nicht mehr richtig mit Blut befüllen. Die linke Herzkammer ist versteift und hat ihre Elastizität verloren – sie reagiert wie ein ausgeleiertes Gummiband.

Wegen seiner starken Beschwerden und erheblich eingeschränkten Lebensqualität überwies der niedergelassene Kardiologe seinen Patienten ans UKM mit der Bitte, an ihm ein neuartiges minimalinvasives Verfahren auszuprobieren. „Herr Mondorf war tatsächlich der erste Patient unserer Studie“, sagt Studienleiter Dr. Rudin Pistulli aus der Klinik für Kardiologie I: Koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz am UKM. „Durch einen Katheter-Eingriff nehmen wir den Druck aus der oberen linken Herzkammer“ erklärt Pistulli. Und er erläutert weiter: „Wir setzen ein Implantat, das man sich wie ein Schirmchen vorstellen kann, zwischen den beiden Herzvorhöfen ein, nachdem wir ein kleines Loch in die Herzscheidewand stechen. Doch statt, wie bei ähnlichen Verfahren üblich, eine ungewollte Öffnung oder Loch der Vorhofscheidewand zu verschließen, hält dieses Implantat das „erwünschte“ Loch offen, weil es einen integrierten Kanal enthält“, beschreibt Pistulli. Das Implantat sorgt so dafür, dass ein Blutfluss vom linken zum rechten Vorhof entsteht und somit der Druck im ersten sinkt. Somit wirkt es ähnlich wie ein Überdruckventil.

Das Schirmchen wird per Herzkatheter durch eine Leistenvene zum Herzen geführt – der Eingriff ist damit minimalinvasiv und dauert nur etwa eine Stunde. Möglich ist das Verfahren auch durch die enge Zusammenarbeit mit den Kollegen aus der Klinik für Kardiologie III: Angeborene Herzfehler (EMAH) und Klappenerkrankungen, die eine langjährige Expertise in solchen interventionellen Verfahren besitzen.

Ralf Mondorf konnte das Krankenhaus zwei Tage nach dem Katheter-Eingriff wieder verlassen. Seither geht es für ihn langsam bergauf: „Ich werde in kleinen Schritten wieder belastbarer. Meine Lebensqualität kommt langsam zurück“, freut er sich.