Therapietiere unterstützen die Behandlung von Kindern
Pudel und Schweinchen als tierische Therapeuten im Clemenshospital
Münster – Aufgeregt wuseln die Therapietiere: Pudel Flocke und Lotti durch das Spielzimmer der Station E2 im Clemenshospital. Die norwegische Waldkatze Feeli thront auf ihrem Kissen, das winzige Teacup-Schweinchen, Peppa Wutz, wartet in der Transportbox auf seinen Einsatz. Vier Meerschweinchen und zwei Kaninchen haben es sich auf dem Tisch gemütlich gemacht, den Bianca Terhürne mit Antirutsch- und Kuscheldecken präpariert hat.
Seit mittlerweile sechs Jahren gehört die tiergestützte Therapie einmal in der Woche zum Therapieprogramm der Kinderstationen im Clemenshospital. Auf der E2, der kinder-psychosomatischen Station und der kinderneurologischen Früh-Reha bringen die Vierbeiner von Bianca Terhürne Entspannung, helfen beim Abbau von Ängsten oder ermuntern zum Kuscheln.
Bianca Terhürne ist examinierte Krankenschwester und Fachkraft für Tiergestützte Intervention ISAAT (International Society for Animal Assisted Therapy). Das heißt, sie ist ausgebildet für Therapie, Pädagogik und Aktivitäten mit verschiedenen Tieren. Dazu verfügt sie über Sachkundenachweise nach dem Tierschutzgesetz. Auch die Tiere sind alle speziell ausgebildet und müssen ständig trainiert und weitergebildet werden, damit sie in der Therapie zum Einsatz kommen können. Terhürne betont: „Sie werden zu nichts gezwungen oder überredet – auch nicht mit Leckerli.“ Jedes einzelne Tier entscheide selbst, was es will und was nicht.
Karin Wrede, Heiltherapeutin im Clemenshospital, hat den Überblick, welche Kinder an diesem Tag für den Besuch der Tiere infrage kommen. „Dabei wird außer auf die medizinischen Aspekte selbstverständlich auch auf persönliche Vorlieben und Abneigungen Rücksicht genommen“, erklärt sie. Eine Information dazu geht vorab an Bianca Terhürne, damit sich die für den jeweiligen Tag geeignetsten Tiere auf den Weg zum Clemenshospital machen.
Die Kinder kommen mit ihren Eltern oder allein. Bevor sie das Spielzimmer für die Therapiestunde betreten, müssen sie einen Einmal-Kittel anziehen und sich die Hände desinfizieren. Die Therapie findet in Kleingruppen statt, immer zwei an einem Vormittag.
In der zweiten Gruppe sind heute zwei Jungen und ein Mädchen dabei. Während der jüngere Junge mit Pudel Lotti begeistert Leckerli-Suchen spielt, hat das Mädchen ihre anfängliche Scheu vor Tieren ganz allmählich, mit den Meerschweinchen überwunden. Sie macht lockende Geräusche vor deren Holzhäuschen-Versteck und streichelt, wenn sich eines der Tiere zeigt.
Der ältere Junge im Rollstuhl genießt derweil sichtlich die Nähe von Pudel Flocke und Teacup-Schweinchen Peppa Wutz (Therapietiere). Die Tiere auf dem Schoß vergräbt er die anfangs noch verkrampften Finger in Fell und Borsten. Auch seinen Kopf versucht er mit viel Mühe so zu drehen, dass er Flocke und Peppa Wutz besser sehen kann. „Die Tiere motivieren, auch mal Dinge zu versuchen, von denen die Kinder eigentlich dachten, sie klappen nicht“, verweist Karin Wrede auf einen wichtigen Punkt, mit dem Tiere die eigentliche Therapie unterstützen. Als Bianca Terhürne eine Spieluhr startet, fallen dem Jungen und den beiden Tieren schließlich – ganz entspannt – die Augen zu. Die Mutter des Jungen ist sichtlich erleichtert und freut sich mit ihrem Sohn über diese bereichernden Momente.
Bianca Terhürne ist schon lange mit den Alexianern verbunden. Vor ihrer Selbstständigkeit war sie 2000 bis 2015 als Stationsleitung und Fachkrankenschwester für Allgemeine Psychiatrie auf dem Alexianer-Campus in Amelsbüren tätig. Mit einem Hund und Eseln startete sie dort 2005 ihren Weg in die Tiergestützte Intervention, bevor sie sich 2015 komplett selbstständig machte. Außer im Clemenshospital ist sie nun auch an verschiedenen Schulen, in Kindertagesstätten, Altenhilfeeinrichtungen und therapeutischen Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, im Maßregelvollzug, in Hospizen, in der Jugendhilfe, sowie im Rahmen von Fortbildungen und Teamtagen tätig. Finanziert werden ihre Besuche im Clemenshospital durch den Henri-Thaler-Verein, der sich für schwerkranke Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsene sowie deren Eltern engagiert.
Nach zwei Gruppenstunden mit jeweils 40 Minuten ist der Besuch der Therapietiere im Krankenhaus vorbei. Sie machen es sich wieder in ihren Boxen und Käfigen gemütlich und treten im Wagen von Bianca Terhürne die Heimreise an. Zurück im Clemenshospital bleiben entspannte Kinder, denen die Tiere im Krankenhaus den Tag versüßt und sie mit neuer Motivation wieder in den Klinikalltag entlassen haben.