Bild: Eine Mitarbeiterin der Perioperativen Altersmedizin am St. Franziskus-Hospital Münster betreut einen älteren Patienten im OP.
St. Franziskus-Hospital informiert zum Welt-Delir-Tag am 13. März
Münster – Was passiert in meinem Kopf nach einer Narkose? Ältere Menschen sorgen sich bei einer bevorstehenden Operation oft nicht nur vor dem Eingriff selbst. Zu häufig haben viele davon gehört, dass Patientinnen und Patienten nach der Narkose plötzlich verwirrt und in ihrem Verhalten nicht mehr wiederzuerkennen sind – ganz unabhängig vom eigentlichen Operationsgrund.
„Im Durchschnitt erleiden 20% aller Menschen, die älter als 65 Jahre sind, während eines Krankenhausaufenthaltes einen plötzlich auftretenden Verwirrtheitszustand, ein sogenanntes Delir“, weiß Professor Dr. Ulrich Göbel, Chefarzt der Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin am St. Franziskus-Hospital in Münster. „In den meisten Fällen erholen sie sich davon wieder. Manchmal können die Gedächtnisprobleme allerdings bleiben und es entwickelt sich unter Umständen daraus eine Demenz.“
Die Ursachen, die zu einem Delir führen, sind vielfältig. So können z.B. die Operation und die Narkose, neu verordnete Medikamente, eine Infektion oder auch ein Flüssigkeitsmangel die Symptome hervorrufen.
Am St. Franziskus-Hospital widmet man sich diesem Problem seit über 20 Jahren mit einem eigens dafür ausgebildeten Team. Die Fachkräfte der Perioperativen Altersmedizin ermitteln vor einer Operation das individuelle Risiko eines Patienten, ein Delir zu erleiden, und ergreifen Maßnahmen, ein solches zu vermeiden.
Am Tag des Eingriffs werden die Patientinnen und Patienten durch eine Pflegefachkraft der Perioperativen Altersmedizin bis in den Operationssaal begleitet und auch in den ersten Tagen nach der OP weiterhin durch sie betreut. „Es geht dabei nicht nur darum, den Patienten durch die Anwesenheit einer zusätzlichen Pflegekraft mögliche Ängste vor einer Operation zu nehmen“, sagt Dr. Wibke Brenneisen, Oberärztin der Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin. „Ein gleichbleibender, geschulter und vor allem bekannter Ansprechpartner hilft nach dem Erwachen bei der schnelleren Orientierung.“
Das mehrfach ausgezeichnete Konzept hat seit seiner Einführung Schule gemacht: so wurden vom Franziskus Hospital aus Mitarbeitende in vielen anderen Häusern darin unterrichtet. Auch im St. Marien-Hospital Lüdinghausen, das ebenfalls zur St. Franziskus-Stiftung gehört, ist man von der Vorgehensweise der Perioperativen Altersmedizin überzeugt. „Die speziell auf den Patienten abgestimmten prophylaktischen Maßnahmen können ein Delir erfolgreich verhindern,“ sagt Dr. Marcus Ullmann, Chefarzt des Zentrums für Akutgeriatrie und geriatrischen Rehabilitation am St. Marien-Hospital. Wenn doch mal ein akuter Verwirrtheitszustand bei einem Patienten auftritt, ist es wichtig, diesen rasch zu erkennen und zu therapieren. “Durch aktivierend-therapeutische Pflege aber auch durch intensive Physio- bzw. Ergotherapie gelingt es uns sehr oft, ein Delir abzuwenden,“ so Dr. Ullmann, der ebenfalls zur Informationsveranstaltung seiner Kolleginnen und Kollegen aus dem St. Franziskus-Hospital nach Münster kommen wird.
Am 13. März 2024 veranstaltet das St. Franziskus-Hospital anlässlich des Welt-Delir-Tages von 10.00 – 15.00 Uhr eine Informationsveranstaltung. Im Foyer des Hospitals stehen Pflegefachkräfte, Ärztinnen und Ärzte allen Interessierten bei Fragen rund um das Thema Delir, Vorbereitung auf eine Operation und Möglichkeiten einer Rehabilitation bei älteren Menschen zur Verfügung.
Bild: Immer an ihrer Seite: Altenpflegerin Christel Spahn unterstützt Schwester Theophila Krüer vor, während und nach ihrem operativen Eingriff. (Foto: SFH Münster)
Prämiertes Betreuungskonzept seit 20 Jahren erfolgreich
Perioperative Altersmedizin im St. Franziskus-Hospital optimiert die Versorgung älterer Menschen rund um eine Operation
Münster – An die ersten Minuten im Aufwachraum des St. Franziskus-Hospitals Münster kann sich Schwester Theophila Krüer noch gut erinnern: „Ich habe die Augen geöffnet und direkt in ein bekanntes Gesicht geschaut“, sagt sie. „Das hat mir sehr geholfen und mich sofort beruhigt.“ An ihrem Bett stand Altenpflegerin Christel Spahn. Sie war schon bei der stationären Aufnahme der 86-Jährigen dabei, begleitete sie zu den Vorbereitungsgesprächen und der Narkoseeinleitung im OP. Das sind Maßnahmen eines speziellen Betreuungskonzeptes älterer Patienten, das im Franziskus Hospital in diesem Jahr das 20. Jubiläum seiner Erfolgsgeschichte feiert.
Als sich Schwester Theophila im Juli dieses Jahres in der Klinik für Orthopädie operieren ließ, übernahm das Team der Perioperativen Altersmedizin einen Teil der Versorgung. „Sobald sich ein älterer Mensch einem Eingriff mit Narkose unterziehen muss, überprüfen wir, ob ein erhöhtes Risiko für Komplikationen wie postoperative Verwirrtheit besteht“, erläutert Dr. Wibke Brenneisen, Oberärztin der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin. „Mit einer auf den Patienten abgestimmten Narkoseführung, unserer besonderen Form der Betreuung und ergänzenden Maßnahmen in einem Team aus Pflegekräften, Ärzten und Physiotherapeuten können wir die Wahrscheinlichkeit, dass ein Delir auftritt, deutlich minimieren und gleichzeitig das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten signifikant verbessern“, ergänzt Professor Dr. Ulrich Göbel, Chefarzt der Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin.
So profitierte auch Schwester Theophila in vielerlei Hinsicht von ihrer festen Bezugsperson im Krankenhaus. „Für ältere Menschen ist es oft wichtig, immer die gleiche Person zu sehen“, weiß Christel Spahn, Altenpflegerin im Team der Perioperativen Altersmedizin. In den ersten Tagen des Aufenthalts ist sie eine konstante Ansprechpartnerin und unterstützt sowohl praktisch als auch emotional. „Nähe ist wichtig“, erklärt sie, „aber auch Unterstützung bei organisatorischen Dingen.“ Sie ist bei Arztgesprächen dabei, gibt Informationen weiter, fasst komplizierte Inhalte verständlich zusammen. „Bei der Narkoseeinleitung im OP spürte ich ihre Hand auf meiner Schulter – das ist wirklich nicht selbstverständlich“, sagt Schwester Theophila und spricht dabei aus eigener Erfahrung: Im Orden der Vorsehungsschwestern arbeitete sie selbst viele Jahre als Krankenpflegerin. „Ich weiß, dass die Pflegenden oftmals wenig Zeit haben. Umso schöner ist es, dass es hier ein Team gibt, das sich so intensiv zusätzlich kümmern kann.“
Die Perioperative Altersmedizin am St. Franziskus-Hospital startete 2001 als vom Bundesministerium für Gesundheit gefördertes Modellprojekt und wurde schnell so erfolgreich, dass sie 2003 in die Regelversorgung im Hospital übernommen wurde. Seither werden ältere Menschen, die ein besonders hohes Risiko für ein postoperatives Delir haben, rund um eine Operation von examinierten Alten- bzw. Gesundheits- und Krankenpflegerinnen betreut, um Angst, Stress und die damit verbundenen gesundheitlichen Folgen erfolgreich zu mindern. Das inzwischen mehrfach prämierte Konzept senkt nachweislich die Delir-Rate und steigert die Behandlungsqualität ebenso wie die Zufriedenheit der Patienten und ihrer Angehörigen.
Aus dem einstigen deutschlandweiten Leuchtturmprojekt ist ein etabliertes Erfolgskonzept entstanden, das Schule macht. Durch weitere Fördermittel von Land NRW werden vom Franziskus Hospital aus seit vielen Jahren auch andere Einrichtungen geschult. Auch im Jubiläumsjahr werden im Rahmen des fortführenden Projekts „Der alte Mensch im OP“ Symposien für Mitarbeitende externer Krankenhäuser veranstaltet.
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