Bild: Ein bekanntes Gesicht in der NAKO-Studienzentrale Münster: Bundesministerin Svenja Schulze trat zu ihrer Folgeuntersuchung an – natürlich mit Mundschutz, wie es im Gebäude vorgeschrieben ist (Foto: WWU / M. Heine)
Münster (mfm/sw) – Für eine „Herzensangelegenheit“ nimmt man einiges in Kauf – auch mal eine dreistündige Untersuchung am frühen Morgen. Für Bundesministerin Svenja Schulze fällt die NAKO-Gesundheitsstudie klar unter diesen Begriff: Das Mammut-Forschungsprojekt wurde von ihr – damals noch als NRW-Wissenschaftsministerin – selbst mit initiiert. Den Standort Münster eröffnete sie 2014 – und fand vier Jahre später selbst eine Einladung als Studienteilnehmerin in ihrem Briefkasten. Jetzt wurde sie zur Folgeuntersuchung gebeten – und erschien pflichtbewusst im Studienzentrum am Pottkamp 17a.
Die NAKO ist eine bundesweite Langzeitstudie – das bedeutet: Viele Probandinnen und Probanden sind mehrfach „an der Reihe“, so auch Svenja Schulze. Das Ziel: „Falls bei Folgeuntersuchungen bestimmte Erkrankungen entstanden sind, können wir erkennen, ob es zuvor bereits Anzeichen dafür gab“, so Prof. André Karch, stellvertretender Leiter des Instituts für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster. Das Institut betreibt das münstersche NAKO-Studienzentrum. Neben Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck – den „Klassikern“ unter den Volkskrankheiten – werden dort auch Infektionen und psychische Krankheiten ins Visier genommen: Insbesondere Depressionen – auch in Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Pandemie – sind für die NAKO von Interesse.
Für Schulze war das größtenteils von Bund und Ländern finanzierte Projekt von Beginn eine „Herzensangelegenheit“: „Volkskrankheiten auf lange Sicht zu erforschen und zu verstehen, was unser Verhalten im Alltag für Folgen für unsere Gesundheit haben kann – das finde ich besonders wichtig“, so die amtierende Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. „An einem solchen Projekt, das man selbst mit auf die Beine gestellt hat – rein zufällig – als Probandin teilzunehmen, ist schon etwas ganz Besonderes. Da trage ich gerne zum Erfolg bei, was ich kann“. Nach dem Erstdurchgang mit über 200.000 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern deutschlandweit, davon über 10.000 allein in Münster, sind neben Schulze schon rund 5.000 Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt der Einladung zur NAKO-Zweitvorstellung gefolgt – und haben sich einer umfangreichen Untersuchung unterzogen, samt Blutentnahme, Lungenfunktion und Herzultraschall. Schulzes Besuch hat Symbolkraft – und, so hofft sie, auch Vorbildfunktion: „Gerne mache ich für eine solche Studienteilnahme Werbung – hoffentlich kommen so viele wie möglich!“
Das hoffen auch Karch und Studienzentrumsleiter Dr. Henning Theismann – denn eine Langzeitstudie ist auf die „Ausdauer“ der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer angewiesen. Nur so kann das Forschungsteam sicherstellen, dass die Kohorten mit ihren eigenen Daten verglichen werden können. Das Projekt befindet sich aktuell in der zweiten Förderperiode, in der es mit rund 256 Millionen Euro unterstützt wird. Neben Münster sind in Nordrhein-Westfalen Düsseldorf und Essen beteiligt; bundesweit wirken insgesamt 18 Standorte an der größten Gesundheitsstudie mit, die es je in Deutschland gab.
Bild: Eine Probandin lässt sich von einer Mitarbeiterin im Studienzentrum Münster der NAKO untersuchen (Foto: WWU / E. Wibberg)
Heidelberg/Münster – Zu den Folgen, die eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit charakterisieren, zählt – neben Angst- und Depressionssymptomen sowie vermehrtem Stress – auch verstärkte Einsamkeit. Das geht aus der Studie „Einsamkeit während der ersten Welle der SARS-CoV-2 Pandemie“ hervor, deren Ergebnisse ein Autorenteam der NAKO-Gesundheitsstudie um Prof. Klaus Berger von der Universität Münster (WWU) jetzt veröffentlicht hat. Einsamkeit wird in der im „Bundesgesundheitsblatt“ veröffentlichten Untersuchung als selbst wahrgenommene Qualität der Beziehungen zu anderen Menschen verstanden.
Im April und Mai 2020, also während des ersten „harten Lockdowns“ in Deutschland, wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der NAKO-Gesundheitsstudie gebeten, sich zusätzlich an einer speziellen COVID-19-Befragung zu beteiligen. Nach den ersten 30 Tagen standen den Forschenden knapp 114.000 ausgefüllte Fragebögen zur Verfügung, was bereits einer Antwortquote von fast 60 Prozent entspricht. Dieser Datenpool bildet die Grundlage der jetzt publizierten Studie. Bis zum Ende der COVID-Erhebung im Sommer 2020 stieg die Beteiligung sogar auf 82 Prozent der NAKO-Probanden.
Als einsam betrachtete sich mit 32 Prozent fast ein Drittel der Teilnehmer – darunter deutlich mehr Frauen als Männer (37 zu 26 %). Ältere Personen waren weniger betroffen als junge. Insgesamt gaben 80 Prozent an, dass sie manchmal oder oft das Gefühl des Fehlens der Gesellschaft anderer empfunden hatten. Jede/r zweite fühlte sich während des ersten Lockdowns einsamer als zuvor – Frauen häufiger als Männer (57 zu 44 %). „Personen, die während der Pandemie Einsamkeit empfanden, gaben bereits in der NAKO-Basisuntersuchung mehr Symptome von Depression und Angst an als solche, die hiervon nicht betroffen waren“, so Prof. Berger, Direktor des Instituts für Epidemiologie und Sozialmedizin der WWU und Erstautor der aktuellen NAKO-Studie. Außerdem seien Personen ohne Lebensgemeinschaft oder Teilnehmer, die Angst vor Corona angaben, stärker von Einsamkeit betroffen, so eine weitere Beobachtung der Autorengruppe.
Hintergrund: NAKO Gesundheitsstudie
Die NAKO-Gesundheitsstudie ist ein gemeinsames Projekt von 27 wissenschaftlichen Institutionen, die sich zusammengeschlossen haben, um gemeinsam die bislang größte bevölkerungsbasierte und prospektive Langzeitstudie in Deutschland durchzuführen. Ab 2014 wurden 205.000 Männer und Frauen zwischen 20 und 69 Jahren, die nach dem Zufallsprinzip aus den kommunalen Melderegistern ausgewählt wurden, in den 18 Studienzentren der NAKO medizinisch untersucht und nach ihren Lebensumständen befragt. Ziel ist es, chronische Erkrankungen wie Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rheuma, Infektionen und Depression genauer zu erforschen. Derart soll eine Grundlage geschaffen werden, um Prävention, Früherkennung und Behandlung dieser weit verbreiteten Krankheiten zu verbessern.
Aus Münster haben über 10.000 Bürgerinnen und Bürger die NAKO durch ihre Teilnahme unterstützt. Hier, wie an allen Studienzentren, läuft derzeit die Zweituntersuchung, bei der alle NAKO-Teilnehmenden wieder eingeladen werden. Die Medizinische Fakultät der Universität Münster, seit Jahrzehnten eine Hochburg der Epidemiologie, fördert die Mammutstudie über zehn Jahre hinweg mit insgesamt zwei Millionen Euro.
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