Lupus: eine Krankheit mit tausend Gesichtern

Lupus: eine Krankheit mit tausend Gesichtern

Bild: Die Gesichter hinter der Studie (v.l.n.r.): Dr. Márcia Pereira, Helen Fuhrmann, Dr. Sylvio Redanz, Prof. Martin Kriegel, Ulrike Löschberger und Dr. Nathalie Becker (Foto: Uni MS/ E. Wibberg)

Darmbakterien als Schlüsselfaktor: neue Hoffnung für Lupus-Patienten?

Münster (mfm/nn) – Lupus: eine Krankheit mit tausend Gesichtern – unberechenbar, schubweise, oft unsichtbar. Wer betroffen ist, fühlt sich vom eigenen Körper verraten: Das Immunsystem greift gesunde Zellen an, statt sie zu schützen. Weil Lupus sich in unterschiedlichsten Formen zeigt, ist die Diagnose schwierig und sind die Therapiemöglichkeiten begrenzt. Doch nun ein Hoffnungsschimmer: Ein Forscherteam um Prof. Martin Kriegel von der Universität Münster hat eine bislang unbekannte Verbindung zwischen Darmbakterien und Lupus entdeckt. Die im Fachjournal Science Translational Medicine veröffentlichte Studie der Arbeitsgruppe zeigt, dass bestimmte Bakterien aus dem Darm entweichen und eine fehlgeleitete Immunantwort auslösen können. Diese Erkenntnis ebnet den Weg zu gezielten Therapien.

Darmbakterien gehören hinter die Darmschranke. Doch bei den betroffenen Patienten versagt diese körpereigene Barriere. „Einige Bakterien können sie durchbrechen und Immunzellen aktivieren“, erklärt Prof. Kriegel, der die Rheumatologie und klinische Immunologie an der Uniklinik Münster leitet. Besonders brisant: Enterococcus gallinarum. Dieses Bakterium stimuliert sogenannte Th17-Zellen, welche Entzündungen auslösen. Gleichzeitig fördert es die Produktion spezieller Autoantikörper – spezifisch IgG3 –, die körpereigenes Gewebe attackieren. Gesteuert wird diese fatale Fehlreaktion über den Toll-like-Rezeptor 8, der bei Lupus-Patienten besonders durch das Bakterium aktiviert wird.
Diese Erkenntnisse konnten gewonnen werden, weil die neue Studie erstmals auch menschliche Immunzellen untersuchte. „Die Forschung zum Darmmikrobiom beschränkte sich bislang meist auf Tiermodelle. Unsere Arbeit schließt diese Lücke, indem sie sowohl solche als auch Zellen von Lupus-Patienten nutzt“, so Kriegel. Dieses translational angelegte Vorgehen bringt entscheidende Erkenntnisse – und eine gute Nachricht für Betroffene: Das bewährte Lupus-Medikament Hydroxychloroquin kann den schädlichen Mechanismus blockieren.

Für seine Forschung bekommen Kriegel und sein Team Unterstützung von der Lupus Research Alliance (LRA), die innovative wissenschaftliche Projekte finanziert, um neue Therapieansätze und letztlich eine Heilung für die Krankheit zu finden. Bei der Stiftung ist der münstersche Uni-Mediziner kein Unbekannter: Sie förderte sein Engagement in der Lupus-Forschung bereits mit mehreren Preisen, darunter dem „Global Team Science Award“ (2022) und dem „Lupus Insight Prize“ (2021). Kriegel blickt hoffnungsvoll in die Zukunft: „Ziel ist es, diese bakteriellen Trigger gezielt auszuschalten, ohne das Immunsystem pauschal zu unterdrücken. Unsere Studie liefert damit eine vielversprechende Grundlage für neue Lupus-Therapien“. [PubMed-Link]

Neuer Weg im Kampf gegen MRSA: Forscher machen ein gefährliches Bakterientoxin unwirksam

Neuer Weg im Kampf gegen MRSA: Forscher machen ein gefährliches Bakterientoxin unwirksam

Bild: Neuer Weg im Kampf gegen MRSA: Forscher machen ein gefährliches Bakterientoxin unwirksam

Greifswald/Münster (ug) – Mit der zunehmenden Antibiotika-Resistenz werden alternative Verfahren zur Behandlung bakterieller Infektionen immer notwendiger. Forschern der Universität Greifswald ist es in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Münster gelungen, Zielzellen pathogener Bakterien enzymatisch so vorzubehandeln, dass eine bedeutende toxische Wirkung des Bakteriums Staphylococcus aureus ausblieb. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift „Toxins“ veröffentlicht.

Jeder dritte Mensch weltweit trägt das Bakterium Staphylococcus aureus ständig auf der Haut und im vorderen Nasenraum mit sich herum ohne davon etwas zu bemerken. Die Bakterien nutzen allerdings Abwehrschwächen, beispielsweise durch Alter, Bettlägerigkeit oder Virusinfekt, um sich schneller zu vermehren. Dadurch können sie pathogen werden und neben oberflächlichen Furunkeln oder Abszessen auch Infektionen im Körperinneren wie Herzinnenhautentzündung und Lungenentzündung verursachen. Überschreiten die Bakterien lokal im Körper eines Wirtes (Mensch oder Tier) eine kritische Bakteriendichte, beginnen sie mit der Produktion löslicher Toxine, die im Wirtsgewebe physiologische Veränderungen oder sogar den Zelltod auslösen können.

Eines der bedeutenden Toxine von S. aureus ist das sogenannte alpha-Toxin. Es kann Blutzellen zerstören und wird daher auch Hämolysin A genannt. Das alpha-Toxin trägt erheblich zur Pathogenität des Bakteriums bei, so dass es als einer der wichtigsten Virulenzfaktoren von S. aureus gilt. Der Wirkmechanismus des alpha-Toxins beruht auf der Bildung von Transmembranporen in den Oberflächen der Wirtszellen, den sogenannten Zellmembranen. Die dadurch entstehende offene Verbindung zwischen Extra- und Intrazellularraum erlaubt es Ionen und kleinen organischen Molekülen, Konzentrationsgefällen zu folgen und unkontrolliert in die Zelle einzuströmen oder aus der Zelle auszutreten. Damit verbunden sind erhebliche zellphysiologische Probleme. Zum Beispiel können epitheliale Zellen ihre Barrierefunktion zwischen Umwelt und Körperinnerem nicht mehr voll ausüben.

Wissenschaftler der Universität Greifswald um Dr. Sabine Ziesemer und Prof. Jan-Peter Hildebrandt in Kooperation mit einem Kollegen der HNO-Klinik am Universitätsklinikum Münster, PD Dr. Achim G. Beule, suchen daher nach Wegen, die Wirkung des alpha-Toxins auf Zielzellen zu unterdrücken. Da S. aureus auch an der Entstehung von Lungenentzündungen (Pneumonien) beteiligt ist, nutzen die Forscher Kulturen menschlicher Atemwegsepithelzellen als Modellsysteme. Anhand dieser untersuchen sie, wie das alpha-Toxin auf die Struktur und Funktion der Zellen wirkt, mit dem Ziel, mögliche Angriffspunkte für eine abschwächende Wirkung des Toxins zu finden.

Die jetzt in „Toxins“ publizierten Ergebnisse zeigen, dass ein bestimmter Lipid-Bestandteil der Zelloberfläche, das Sphingomyelin, für den Zusammenbau und damit für die Bildung der alpha-Toxin-Pore essentiell ist. Die Forscher haben dieses Membranlipid mit einem Enzym (einer Sphingomyelinase) chemisch modifiziert und festgestellt, dass sich in den Zellmembranen der anschließend mit alpha-Toxin behandelten Zellen keine Toxin-Poren mehr ausbildeten. Und nachfolgend blieben auch alle sonst üblichen zytotoxischen Wirkungen des alpha-Toxins auf die Atemwegsepithelzellen aus.

Angesichts der global zunehmenden Resistenz vieler Staphylococcus-Stämme gegen Antibiotika (MRSA, Methicillin-resistente Staphylococcus aureus-Stämme) und dem Rückzug vieler Pharma-Konzerne aus der kostenintensiven Antibiotika-Forschung werden alternative Verfahren zur Beherrschung bakterieller Infektionen immer notwendiger. Die Grundlagenforschung aus Greifswald und Münster zeigt einen Ansatz, wie durch vorbeugende Maßnahmen die durch das alpha-Toxin vermittelte pathogene Wirkung von S. aureus verhindert werden kann. [Link zur Publikation]

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