Bild: Der Bau der neuen Räume für die Hebammenwissenschaft läuft noch, doch schon vor der Fertigstellung ist Prof. Rainhild Schäfers – hier auf der Baustelle – mit ihrer Einrichtung Mitausrichterin einer ersten Fachtagung (Foto: Uni MS / A. Aumann-Blohm)
Neue Perspektiven für die Schwangerenvorsorge
Münster (mfm/nn) – Inwiefern haben sich die Präventionsangebote für Schwangere in den letzten Jahren verändert? Wie lassen sich Frauen und ihre Familien aktiver in ihrer Schwangerenbegleitung einbeziehen? Was können Gesundheitsfachkräfte tun, um schwangeren Frauen zu helfen, die Opfer häuslicher Gewalt sind? Diese Fragen stehen im Fokus der Fachtagung „Über-, Unter- und Fehlversorgung in der Schwangerschaft – auf dem Weg zu einer evidenzbasierten, frauengerechten Schwangerenvorsorge“ in Münster. Am kommenden Samstag [21.10.2023] werden sich rund 80 Expertinnen auf der Veranstaltung austauschen, mit der das neue Institut der Hebammenwissenschaft der Universität Münster erstmals als Tagungsort in Erscheinung tritt. Weitere rund 100 Teilnehmende werden sich online zu dem Treffen zuschalten, das vom Arbeitskreis Frauengesundheit (AKF) initiiert wurde und vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert wird.
„Das Programm umfasst hoch aktuelle Vorträge von Dozentinnen aus ganz Deutschland sowie eine Podiumsdiskussion, bei der auch die Bundestagsabgeordnete Dr. Kirsten Kappert-Gonther auf der Bühne stehen wird“, freut sich Prof. Rainhild Schäfers. Die Direktorin des Ende 2022 gegründeten Instituts für Hebammenwissenschaft an der Uni MS ist Mitorganisatorin der Veranstaltung und wird selbst einen der Vorträge halten („Präventionsangebote in der Schwangerschaft – gestern und heute“). In dem Referat geht es um die Ergebnisse einer Wiederholungsstudie zur Schwangerenvorsorge, insbesondere im Hinblick auf die Durchführung diagnostischer Maßnahmen wie Ultraschalluntersuchungen oder Kardiotokographie. Hierbei werden deren Anwendung während der Schwangerschaft im Abgleich mit den derzeit geltenden Richtlinien und gesetzlichen Verordnungen dargestellt.
Schäfers erhofft sich, dass von der Tagung neue Impulse ausgehen, die das Grundgerüst für eine effizientere Unterstützung von schwangeren Menschen bilden. Gerade deshalb freut sie sich über die Zusage von Dr. Kappert-Gonther und die Unterstützung des Bundesgesundheitsministeriums: „Das werten wir als politisches Interesse an einer evidenzbasierten Schwangerenvorsorge“, erklärt sie lächelnd. Nähere Informationen zum Fachtag der AKF gibt es auf der Website des Instituts für Hebammenwissenschaft.
Bild: Selbst sind die Studierenden: Beim interprofessionellen Training standen das gemeinsame Arbeiten und gegenseitige Vermitteln im Vordergrund (Foto: WWU/Marcus Heine)
Geburt aus zwei Perspektiven
Münster (mfm/jg) – So geht Integration: Den Studiengang Hebammenwissenschaft gibt es an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster erst seit diesem Wintersemester – dennoch wird er dort immer präsenter. Ein interprofessionelles Training hat die Studierenden der Hebammenwissenschaft und Humanmedizin jetzt auf die Zusammenarbeit in Studium und Beruf vorbereitet. Geplant und umgesetzt wurde die Veranstaltung vom Institut für Anatomie und Molekulare Neurobiologie in enger Absprache mit der Hebammenwissenschaft.
„Forschen und Lehren werden immer interprofessioneller – auch in der Medizin“, betont Dr. Dogus Darici vom Institut für Anatomie. „Dementsprechend fordert der ‚Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin‘, dass die Zusammenarbeit unterschiedlicher Bereiche, die in der Praxis eng verzahnt sind, vermehrt im Studium berücksichtigt wird.“ Indem die Hebammenwissenschaft nun Teil der universitären Lehre ist, kann diese Fachdisziplin besser eingebunden werden; zuvor war dies nicht möglich, da die Ausbildung überwiegend schulisch verlief.
Die Trainingseinheit bestand aus einem Parcours: Jeweils ein/e Studierende/r der Hebammenwissenschaft und der Humanmedizin bildeten ein Paar und bearbeiteten gemeinsam die Stationen, die sowohl theoretische als auch praktische Fähigkeiten erforderten. „Die Aufgaben stammten alle aus dem Gebiet der Anatomie, mit gynäkologischen und geburtshilflichen Anwendungsbeispielen, boten aber zahlreiche Variationen – von Kaiserschnittvideos über Spermiogrammen bis zu Arbeiten an einer Leiche. Wichtig war uns, dass die Studierenden beider Studiengänge ihre Lerninhalte und Kompetenzen einbringen müssen, um die Stationen zu lösen“, erläutert Sandra Kroner-Beike aus der Studiengangleitung der Hebammenwissenschaft. „Ihre“ Studierenden konnten dabei vor allem mit praktischen Fertigkeiten punkten.
Das Echo zu der rund vierstündigen Veranstaltung war eindeutig: „Insgesamt haben wir eine fast schon überschwängliche Rückmeldung erhalten“, so Dr. Martina Schmitz vom Institut für Anatomie. Und: „Neben dem Austausch auf professioneller Ebene wurden auch persönliche Kontakte geknüpft“. Nach dem erfolgreichen Debüt ist nun geplant, derartige Veranstaltungen regelmäßig anzubieten.
Bild: WWU-Rektor Prof. Johannes Wessels (vorn, Mitte) und weitere Vertreter aus der Medizinischen Fakultät und dem UKM begrüßten die ersten 24 Studierenden des neuen Studiengang Hebammenwissenschaft (Foto: WWU/E Wibberg)
Geburts-Stunde für ersten dualen Studiengang der WWU
Münster (mfm/hh) – Eine Geburt ist immer etwas besonders – das gilt erst recht, wenn es das erste Kind ist. So auch an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster: Dort begrüßte Rektor Prof. Johannes Wessels jetzt persönlich die erste Kohorte des Studiengangs Hebammenwissenschaft. Eine Premiere an der WWU ist nicht nur das Fach, sondern auch dessen Ausrichtung: „Es handelt sich um den ersten dualen Studiengang unserer Universität. Wir sind sehr stolz, diesen Weg mit der Hebammenwissenschaft zu gehen“, so Wessels. Eine weitere Besonderheit: Die 24 Studentinnen sind nicht nur an der WWU eingeschrieben, sondern haben auch einen Arbeitsvertrag mit dem Universitätsklinikum Münster (UKM). Dessen Pflegedirektor Thomas van den Hooven sieht darin eine Chance für Gesundheitsfachberufe in Münster. „Wir hoffen, perspektivisch weitere solche Studiengänge an der WWU zu etablieren.“
Die jungen Frauen studieren an der Medizinischen Fakultät der WWU. Aus deren Leitung hießen der Prodekan für klinische Angelegenheiten Prof. Sven Martens und der Studiendekan Prof. Bernhard Marschall die Erstsemester willkommen. „Wir werden überall mit offenen Armen empfangen“, freut sich die Studiengangsleiterin Sandra Kroner-Beike über die Rückendeckung. Die Abstimmung der verschiedenen Partner sei herausfordernd gewesen, letztendlich habe die Zusammenarbeit aber reibungslos funktioniert.
Das war auch deshalb wichtig, weil das Interesse am neuen Studiengang groß war und ist: Über 200 Bewerbungen gingen für die ersten 24 Studienplätze ein – ein Verhältnis von rund 8 zu 1. Nur wer eine sehr gute Abiturnote hatte, konnte daher einen Studienplatz erhalten. Die zwei Dutzend junge Frauen, die es geschafft haben, sind zwischen 18 und 30 Jahren alt; viele von ihnen wechseln aus einem anderen Hochschulstudium in die Hebammenwissenschaft – so wie Charlott Schlosser. Die 22-Jährige hat vorher zwei Semester Landschaftsarchitektur studiert. Jetzt möchte sie lieber etwas Praktisches machen: „Ich habe schon im Kreissaal hospitiert, das hat mir viel Spaß gemacht“, erzählt sie.
In den nächsten vier Jahren wird Schlosser mit ihren Kommilitoninnen auf ihre Tätigkeit als Hebamme vorbereitet. Bevor die praktische Arbeit beginnt, warten zwei Semester Theorie auf die Studentinnen. „Wir finden es wichtig, zunächst eine gute Wissensbasis zu legen“, erklärt Kroner-Beike. In den ersten beiden Semestern bekommen die Studentinnen ein Grundverständnis für den menschlichen Körper, für die physiologische Schwangerschaft und das Wochenbett. Praxisfähigkeiten trainieren sie im Skills-Training des „Studienhospitals“ der Medizinischen Fakultät. „Wir sind überzeugt, dass die Studentinnen dadurch in ihrem ersten Praxiseinsatz besser mitarbeiten und das Erlebte zudem besser reflektieren können“, sagt Kroner-Beike. Eine weitere Besonderheit des Studiums sei die interdisziplinäre Lehre, die durch die Angliederung an die Medizinische Fakultät ermöglicht wird. „Wir profitieren von der bestehenden Lehre der Anatomie und Physiologie. Die Konzepte werden für die Bedürfnisse der Hebammenstudentinnen angepasst“, sagt Kroner-Beike.
Zum neuen Fach gehört auch eine neue Professur; das Berufungsverfahren dafür steht kurz vor dem Abschluss. Auch das Akkreditierungsverfahren des Studiengangs ist auf der Zielgerade; es liegt bereits ein positives Fachgutachten vor. Pünktlich zum Studienstart erteilte die Bezirksregierung Münster die berufsrechtliche Eignung des Konzeptes, sodass die Studierenden nach erfolgreichem Abschluss des Studiums die Berufsbezeichnung „Hebamme Bachelor of Science“ tragen dürfen. In voraussichtlich vier Jahren werden die ersten Absolventinnen von der WWU ihr Zeugnis erhalten und dürfen mit ihrem Abschluss dann EU-weit als Hebamme praktizieren. Linkzum Studiengang:»Angewandte Hebammenwissenschaft«
Bild: Auf die künftigen Studierenden des Bachelor-Studiengangs Hebammenwissenschaft freuen sich zusammen mit den dafür verantwortlichen Mitarbeiterinnen (v.l.n.r.: Frauke Wagener, Sandra Kroner-Beike und Felizitas Dirkmann) auch der Dekan der Medizinischen Fakultät Prof. Frank Ulrich Müller (2.v.l.) und der Ärztliche Direktor des UKM Prof. Alex W. Friedrich (Foto: WWU/M. Heine).
Münster (mfm/sw) – Ob die Bezeichnung aus dem Althochdeutschen stammt und für „Großmutter“ steht oder ob sie auf die „Hebende“ zurückgeht, ist noch ungeklärt. Was allerdings klar ist: Hebammen kommen künftig aus Hochschulen. Eine EU-Richtlinie sieht die vollständige Akademisierung des Berufes bis Ende 2022 vor; an die Stelle der Hebammenschulen tritt ein Bachelorstudium mit hohem Praxisanteil. Das soll den Beruf attraktiver machen und die Ausbildung noch besser. Auch die Westfälische Wilhelms-Universität (WWU) Münster arbeitet an ihrem ersten Studiengang Hebammenwissenschaft: „Zum 1. Oktober soll es mit den ersten 24 Studierenden losgehen“, sagt die leitende Hebamme Sandra Kroner-Beike, die mit zwei Kolleginnen die inhaltlichen und organisatorischen Vorbereitungen trifft.
Die Premiere erfordert aufwändige Vorkehrungen, denn die Besonderheiten des neuen Studiengangs, der an der Medizinischen Fakultät der WWU angesiedelt sein und dual laufen wird, stellen die Zuständigen vor neue Herausforderungen. „Es muss nicht nur ein akademisches Konzept ausgearbeitet, sondern auch eine ausreichende Zahl von Praxispartnern gefunden werden. Diese müssen den gesetzlichen Vorgaben und beruflichen Ansprüchen gerecht werden – das braucht seine Zeit“, erläutert Kroner-Beike.
Als Kooperateur „gesetzt“ und damit zentraler Vertragspartner der Medizinischen Fakultät ist das Universitätsklinikum Münster (UKM). Es wird als Knotenpunkt eines Netzwerkes fungieren, das weit ins Münsterland hineinreicht und das neue Studium auch zu einer regionalen Angelegenheit macht. „Für jeden Studienplatz ist ein Praxisplatz für die notwendigen 2.200 Stunden pro Person erforderlich. Das UKM wird daher Kooperationsverträge mit weiteren Kliniken, vornehmlich Akademischen Lehrkrankenhäusern der WWU, sowie mit freiberuflichen Hebammen abschließen“, so Kroner-Beike. Die Suche danach sei kein Selbstläufer, denn durch die Akademisierung seien die Partner auch selbst gefordert: Die gesetzlichen Vorgaben – das Hebammengesetz und die zugehörige Prüfungsverordnung – sehen sogenannte „qualifizierte Praxisanleitungen“ vor. Das heißt: Die Praxispartner müssen teils Personal weiterqualifizieren und benötigen zusätzlich mehr Mitarbeitende. „Diesen Anforderungen in Zeiten des Personalmangels gerecht zu werden, gleicht einer Mammutaufgabe“, seufzt Kroner-Beike
Das UKM als verantwortliche Praxiseinrichtung plant eine Koordinationsstelle für alle Studierenden, um so viele Prozesse für die Beteiligten der berufspraktischen Ausbildung zu vereinfachen. Die Lehre liegt in der Hand der WWU. Zusammen mit Sandra Kroner-Beike treiben Frauke Wagener und Felizitas Dirkmann, beide ebenfalls akademisierte Hebammen und kürzlich für den Aufbau des neuen Studiengangs eingestellt, die Entwicklung des Curriculums voran. Parallel läuft mit Hochdruck das Berufungsverfahren für die ebenfalls neu eingerichtete Professur für Hebammenwissenschaft; die Probevorträge der Bewerberinnen und Bewerber haben bereits stattgefunden.
Der gesetzliche Rahmen grenzt die Medizinische Fakultät bei der Entwicklung des Curriculums eng ein – eine Herausforderung. Aber Freiraum für eigene Vorstellungen der Akademisierung bleibt trotzdem – und wird genutzt. So konzipierte Sandra Kroner-Beike ein fachübergreifendes und individuell wählbares Modul, in dem die Studierenden Erkenntnisse aus einer anderen akademischen Disziplin in die Hebammentätigkeit übertragen. „Zur Auswahl stehen zum Beispiel die Sport- und Erziehungswissenschaften“, sagt Sandra Kroner-Beike. Hebammen seien eng in die Familie eingebunden und mit unterschiedlichen sozialen und gesellschaftlichen Perspektiven und Herausforderungen konfrontiert, die über das Kerncurriculum hinausgehen. „Wir ermöglichen einen Perspektivwechsel und damit eine mögliche Weiterentwicklung des Hebammenberufes“.
Einen besonderen Fokus soll der Bachelor-Studiengang an der WWU auf die Forschung legen: „Den Studierenden das Rüstzeug mitzugeben, dass sie ihren Beruf – und das über den Studienabschluss hinaus – stets am aktuellen Stand der Wissenschaft ausrichten, ist die Kernkompetenz einer Universität“, betont der Studiendekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Bernhard Marschall. Er sieht seine Fakultät hervorragend gerüstet für die Hebammenwissenschaft: „Wir haben langjährige Erfahrungen mit innovativen Lehrprojekten und mit einer integrativen interprofessionellen Ausbildung“, erläutert der Mediziner und verweist unter anderem auf das „Studienhospital Münster“.
Bevor es in einigen Monaten losgeht, muss Marschalls Studiengangs-Team noch viel curriculare Arbeit, aber auch Organisatorisches erledigen. So stehen neben der Akkreditierung und berufsrechtlichen Genehmigung des Studienprogramms derzeit die Beschaffung von Modellen und Materialien für die Praxisübungen im Simulations-Kreißsaal sowie der Aufbau einer hebammenspezifischen Fachliteratur-Sammlung oben auf der Agenda.
Infos für Studieninteressierte:
Bewerben können sich Interessierte für das kommende Wintersemester von Anfang Mai bis zum 15. Juli; das Verfahren läuft online. Bei Annahme des Studienplatzes wird von Seiten des UKM ein Vertrag über die akademische Hebammenausbildung reserviert, so dass die eigene Suche nach einem passenden Praxispartner entfallen kann. Mehr Informationen zum B.Sc. Hebammenwissenschaft gibt es auf der Website des Studiengangs sowie in Online-Info-Veranstaltungen (nächster Termin: 28.03.2022).
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