Bild: Heinrich Willenborg (Mitte) und sein interdisziplinäres Behandlungsteam, v.l.: Neuro-Orthopäde Dr. Eckhard Maicher, Gefäßchirurgen Dr. Efthymios Beropoulis und PD Dr. Martin Austermann, Diabetologe (ambulant) Dr. Dirk Lammers sowie die Diabetologen (stationär) Dr. Tobias Poeplau und Prof. Dr. Bernhard Glasbrenner.
Diabetisches Fußsyndrom: Kompetenzen bündeln für optimale Behandlung
Münster – Viele Menschen, die von Diabetes mellitus betroffen sind, kennen die Angst vor einer Fußamputation, weil sich eine Wunde gebildet hat, die nicht heilen will. In vielen Fällen lässt sich dieses Schreckensszenario jedoch verhindern, wenn der Patient mit dem sogenannten „Diabetischen Fußsyndrom“ qualifiziert, strukturiert und umfassend betreut wird. Das St. Franziskus-Hospital Münster hat aktuell das Zertifikat „Fußbehandlungseinrichtung DDG“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft erhalten. Damit bescheinigen unabhängige Experten, dass das Krankenhaus die strengen Qualitätsvorgaben der DDG erfüllt und Patienten mit dem Diabetischen Fußsyndrom auf höchstem Niveau versorgt. Spezialisten aus den Gebieten Diabetologie, Gefäßchirurgie, Orthopädie und Fußchirurgie bündeln hier ihre Kompetenzen und arbeiten interdisziplinär zusammen. So wie bei Heinrich Willenborg:
Anfang des Jahres bekam der 86-jährige Diabetiker Schmerzen in seinem linken Fuß. Trotz regelmäßiger Pflege wurden die Beschwerden nicht besser. Dr. Dirk Lammers, der ihn seit Jahren in der Diabetologischen Praxis im FranziskusCarré betreut, überwies ihn an das St. Franziskus-Hospital, wo in enger Abstimmung der Gefäßchirurgen und Diabetologen zunächst mittels eines komplexen Kathetereingriffs die arterielle Durchblutung des betroffenen Fußes verbessert werden konnte. „Solche Eingriffe bedürfen eines versierten, langjährig erfahrenden Teams.“, so Priv.-Doz. Dr. Martin Austermann. Während des stationären Aufenthaltes wurden die Wunden von ausgebildeten Wundmanagern versorgt. Aufgrund der schweren Infektion war bereits eine ausgedehnte Schädigung der großen Zehe eingetreten, sodass diese nicht erhalten bleiben konnte. Der Neuro-Orthopäde Dr. Eckhardt Maicher führte abschließend die Operation unter Lokalanästhesie durch. Nur durch die schnelle Behandlung und die interdisziplinäre Zusammenarbeit konnte die Amputation des ganzen Fußes vermieden werden. Nach der intensiven Reha und mit speziell angepassten Schuhen kann der rüstige Senior inzwischen weitestgehend normal laufen und wieder regelmäßig Kegeln gehen.
Kooperation mit Spezialisten im Herz-Jesu-Krankenhaus MS-Hiltrup
„Die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms ist sehr komplex und erfordert das Zusammenspiel von vielen Spezialisten. Wichtig ist, dass die Patienten engmaschig betreut werden und bereits kleinste Wunden oder Empfindungsstörungen schnell bemerkt werden. So kann das Fortschreiten verhindert werden und der Fuß in vielen Fällen erhalten bleiben“, erklärt Diabetologe Dr. Tobias Poeplau. Sollte aufgrund der Schwere der Erkrankung eine umfassende Fuß-Operation notwendig sein, kooperiert das Hospital eng mit den fußchirurgischen Spezialisten im Herz-Jesu Krankenhaus Münster-Hiltrup, um möglichst fußerhaltend zu operieren und die weitestmögliche Mobilität der Patientinnen und Patienten sicherzustellen.
In Deutschland werden jährlich rund 40.000 Diabetes-Patienten Teile des Fußes oder der gesamte Fuß amputiert. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 80 Prozent dieser Fälle durch eine bessere Behandlung vermeidbar wären. Für die Betroffenen bedeutet der Verlust des Fußes einen großen Verlust an Lebensqualität und ein erhöhtes Sterberisiko. Daher ist eine zeitnahe strukturierte Versorgung des Fußes bei Patienten mit Diabetes unerlässlich.
Fußbehandlungseinrichtung der Deutschen Diabetes Gesellschaft
Das Zertifikat erlangt nur eine Einrichtung, in dem alle Beteiligten über besondere Erfahrung bei Diagnose, Therapie und Nachsorge beim Diabetischen Fußsyndrom verfügen. Ein Schwerpunkt liegt auf der interdisziplinären Zusammenarbeit und es muss u.a. eine Mindestanzahl von Untersuchungen und Interventionen nachgewiesen werden. Das Zertifikat gilt drei Jahre. Dann muss erneut nachgewiesen werden, dass die strengen Kriterien weiterhin erfüllt sind.
Die Zahl der Patient*innen mit Diabetes Mellitus hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die durch die Krankheit oft langjährigen Schädigungen von Schlagadern und Nerven der unteren Extremitäten führen letztlich zu einer zunehmenden Verschlechterung der Durchblutung von Beinen und Füßen. In der Vergangenheit blieb als letzte Therapie-Option häufig nur die Amputation. Diese aber birgt lebensbedrohliche Komplikationen. Eine interdisziplinäre Sprechstunde am UKM (Universitätsklinikum Münster) berät nun diese Patient*innen, um Amputationen schon weit im Vorfeld abzuwenden.
Münster (ukm/aw) – Schlecht heilende Wunden, die sich bis tief in die Gewebsschichten des Fußes und sogar bis auf den Knochen ausbreiten können: Diesem landläufig als „offenes Bein“ bezeichneten Zustand liegt häufig ein diabetisches Fußsyndrom (DFS) zugrunde. Ein Team unter Beteiligung von Experten aus der Gefäßchirurgie, Diabetologie und Plastischen Chirurgie des Universitätsklinikums Münster und der Fachklinik Hornheide hat sich nun zusammengeschlossen, um die Patient*innen ganzheitlich zu behandeln und interdisziplinär die bestmögliche Therapie bei diesem komplexen Krankheitsbild zu ermöglichen.
„Wenn das DFS nicht rechtzeitig oder nicht korrekt behandelt wird, kann das im schlimmsten Fall eine Amputation des betroffenen Fußes nach sich ziehen und, je nach Ausbreitung, sogar Teile des Unterschenkels betreffen“, weiß Univ.-Prof. Alexander Oberhuber, Direktor der Klinik für Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie am UKM. „Eine Amputation als Resultat einer schlechten Durchblutung geht leider mit einer deutlich verkürzten Lebenserwartung und einem starken Verlust an Lebensqualität einher“, so Oberhuber weiter, „Wir als Gefäßchirurgen versuchen daher in erster Linie, das erkrankte Gewebe zu re-vaskularisieren, also die Durchblutung wiederherzustellen, um einen komplizierten Verlauf abzuwenden und die optimale Voraussetzung zu schaffen für eine Weiterversorgung und Wunddeckung in der Plastischen Chirurgie.“
Doch nicht immer kommen Patient*innen rechtzeitig oder lassen sich die peripheren Durchblutungsstörungen ausreichend behandeln: Bei über 70 Prozent der jährlich rund 40.000 Amputationen in Deutschland liegt ursächlich eine Diagnose Diabetes Mellitus zu Grunde. Anlass genug, sich diese Patientenklientel schon von der Erstdiagnose an genauer anzuschauen. „Ein wichtiger Teil der Arbeit in unserer Ambulanz ist die Prophylaxe und Prävention des DFS. Unser erklärtes Ziel aus diabetologischer Sicht ist es, durch engmaschige Betreuung Betroffene frühzeitig zu identifizieren und in unserer Sprechstunde zu beraten“, sagt Dr. Elena Vorona, Ärztliche Leiterin des Funktionsbereichs Endokrinologie/Diabetologie in der Medizinische Klinik B.
Liegt ein großer Weichteilverlust vor, wird der Part der ebenfalls an der Sprechstunde beteiligten Plastischen Chirurgie bedeutsam. „Dank modernster mikrochirurgischer Verfahren können wir in vielen Fällen eine drohende Amputation abwenden“, sagt Univ.-Prof. Tobias Hirsch, Chefarzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie an der Fachklinik Hornheide in Münster und Leiter der Plastischen Chirurgie am UKM. „Wir versorgen die Wunde mittels Transplantation von Haut, Fettzellen oder durch spezielle mikrochirurgische Weichgewebsrekonstruktionen. Eine Heilung wird so wahrscheinlicher und schneller“, so Prof. Tobias Hirsch.
Die interdisziplinäre Sprechstunde wendet sich ab sofort an diabetologische Patienten aller Sektoren, die eine konsiliarische Einschätzung wünschen. Eine Anmeldung zur Sprechstunde erfolgt telefonisch unter: 0251 83 45782 oder per Mail an DFS@ukmuenster.de
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