Bild: Dr. Alicia Başoğlu, hofft mit ihrer Forschung schwangeren MS-Erkrankten helfen zu können. (Foto: privat)
Alicia Başoğlu initiiert Projekt zur Untersuchung der Medikamentenanwendung
Münster (mfm/nn) – Die „Krankheit mit den Tausend Gesichtern“ – auch bekannt als Multiple Sklerose (MS) – hält die Forschung seit eh und je auf Trab. Aufgrund ihrer vielfältigen Verlaufsformen stellen die Diagnose und Behandlung von MS die Medizin vor eine große Herausforderung. Vor allem für schwangere Patientinnen ist die Wahl der Therapie schwierig. Hier setzt das Projekt von Dr. Alicia Başoğlu, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster, an. Mit ihrer „Sekundärdatenanalyse zur Arzneimitteltherapiesicherheit von schwangeren Multiple Sklerose-Patientinnen vor dem Hintergrund neu zugelassener, innovativer Therapien (Preg-MS-PV)“ bewarb sie sich erfolgreich für die Nachwuchsakademie Versorgungsforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Nun wurde ihr Projektantrag bewilligt und mit rund 65.000 Euro gefördert. 2024 geht es los.
Başoğlus Projekt konzentriert sich darauf, die Sicherheit von Arzneimitteltherapien für schwangere Frauen mit MS zu analysieren. Während dieser Phase ist die Wahl der richtigen Medikamente sehr wichtig, da einige Immuntherapien das ungeborene Kind in Gefahr bringen können. „Unser Ziel ist es, die aktuelle Versorgungslage zu beschreiben sowie zu analysieren, wie häufig schwangere MS-Patientinnen Medikamente verschrieben bekommen, die während der Schwangerschaft nicht empfohlen sind“, erklärt Başoğlu. Dafür nutzt sie Abrechnungsdaten der BARMER Krankenversicherung aus den Jahren 2013 bis 2022. Anhand dieser Informationen wird untersucht, wie oft welche Medikamente verschrieben wurden und welchen Effekt diese auf die Schwangerschaft hatten. Auch Details wie Dosierungen, Intervalle zwischen den Verschreibungen und mögliche Therapiewechsel gehen in die Analyse ein. Zusätzlich wird das Ergebnis der Schwangerschaften erfasst, wie Lebend-, Fehl- oder Totgeburt. Başoğlu erhofft sich, aus diesen Daten Empfehlungen für das Gesundheitswesen ableiten zu können, um potenzielle Risiken zu minimieren.
Die Nachwuchsakademie Versorgungsforschung wurde von der DFG ins Leben gerufen, um die Erfolgsaussichten von nachfolgenden größeren Projektanträgen zu erhöhen, indem die Teilnehmenden mit finanziellen Mitteln sowie fachlicher Expertise „gecoacht“ werden. Die Akademie mit Başoğlus Beteiligung bestand aus insgesamt drei Phasen mit dem Ziel, bis Juni 2023 eine Projektskizze als Forschungsantrag bei der DFG einzureichen, damit die Projekte 2024 umgesetzt werden können.
Bild: Wollen mit Folgestudien die neuen Erkenntnisse über die Wirkung von CLA weiter vertiefen: Ann-Kathrin Fleck (l.) und Prof. Luisa Klotz (Foto: WWU/E. Wibberg)
Münster (mfm/sk) – „Das zweite Gehirn“ heißt ein populärwissenschaftliches Buch über den Darm. Der Titel deutet es an: Das komplexe innere Organ beeinflusst auch unser zentrales Nervensystem, unser Immunsystem und dessen Gesundheit. Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste chronisch entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems (ZNS). Was läge also näher, als zur Behandlung der MS nicht nur Rückenmark und Gehirn, sondern auch das Verdauungsorgan ins Visier zu nehmen? Die Darm-ZNS-Achse steht seit einigen Jahren weit oben auf der Forschungsagenda – auch für die Neurowissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern der Universität Münster. Die haben in einer hochkarätig publizierten Studie aufgezeigt: Konjugierte Linolsäure (CLA) kann sowohl Entzündungsprozesse im Darm als auch im Gehirn positiv beeinflussen.
CLA findet sich zum Beispiel in Rindfleisch und Milchprodukten. Wird sie Mäusen verabreicht, die an einer Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems leiden, verbessert sich deren Gesundheitszustand. Auffällig ist aber: Die erkrankten Tiere weisen alle auch Entzündungen im Magen-Darm-Trakt auf; die Zusammensetzung ihres Darm-Mikrobioms zeigte sich in der Studie gegenüber gesunden Nagern deutlich verändert. Aber auch im Verdauungsorgan wirkte CLA entzündungshemmend „Unsere Daten machen deutlich: CLA verändert die Immunantwort des Darms nachhaltig“, erklärt Ann-Katrin Fleck, Doktorandin aus der Arbeitsgruppe von Prof. Luisa Klotz. Sie bearbeitet seit Jahren ein Projekt des DFG-Sonderforschungsbereichs 128 und hat die Experimente für den nun veröffentlichten Artikel umgesetzt.
Was bei Mäusen Erfolg hatte, funktionierte auch beim Menschen. In einer kleinen Studie erhielten 15 Patienten, die parallel zu ihrer langfristigen MS-Therapie sechs Monate lang täglich CLA als Nahrungsergänzung erhalten haben. Danach zirkulierten in ihrem Blut sehr viel weniger entzündliche myeloide Immunzellen – ein wichtiges Kennzeichen dafür, dass auch autoreaktive Immunprozesse eingedämmt werden können. Diese ersten Hinweise sind vielversprechend. „Um diese vorteilhaften Modulationen noch zu verstärken und somit eine tatsächliche Ergänzung zur bestehenden Erstlinien-Therapie zu ermöglichen, ist bereits eine weitere, größer angelegte klinische Studie mit Multiple Sklerose-Patient geplant“, kündigt Prof. Klotz an, die als Oberärztin an der münsterschen Uniklinik für Neurologie arbeitet. In dem Folgeprojekt sollen die potenziellen ergänzenden Effekte einer kombinierten Nahrungsergänzung mit CLA und probiotischen Bakterien untersucht werden.
Umfassende Forschungsarbeiten sind noch aus einem anderen Grund vonnöten, denn wie so oft macht die richtige Dosis den Unterschied. Die konjugierte Linolsäure ist zwar als Nahrungsergänzungsmittel – so für das Bodybuilding – zugelassen, doch haben frühere Studien an Mäusen und Probanden gezeigt, dass bei falscher Dosierung Nebenwirkungen auftreten können. Dazu gehören erhöhte Leberenzym-Werte oder eine Insulinresistenz. Von Selbstversuchen rät das Forschungsteam aus Münster daher ab und weist darauf hin, dass die Nahrungsergänzung kein Ersatz zu den etablierten Erstlinientherapien darstellt. Somit gilt für künftige Untersuchungen: Die optimale Dosis CLA ist zu bestimmen, um so eine vorteilhafte Anwendung ohne negative Effekte zu ermöglichen. [Studie bei PubMed]
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