Familiendiagnose Krebs: wenn mein Kind mitleidet
Wenn ein Elternteil an Krebs erkrankt, verändert sich schlagartig das Leben aller Familienmitglieder – auch das der Kinder. Um sie in dieser schwierigen Zeit voller Ängste und Sorgen zu unterstützen, bietet das WTZ (Westdeutsches Tumorzentrum) Münster gemeinsam mit der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am UKM nun ein besonderes Beratungsangebot an.
Münster (ukm/lie) – „Mama, musst du jetzt sterben?“ Diese Frage auszusprechen, fällt nicht leicht. Eine ehrliche und zugleich altersgerechte Antwort darauf zu finden, ebenso wenig. „Die Krebserkrankung eines Elternteils stellt für viele Familien eine enorme Belastung dar. Es ist wichtig, offen über die damit verbundenen Ängste und Sorgen zu reden“, sagt Prof. Georg Romer, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am UKM (Universitätsklinikum Münster). Doch entsprechende Gesprächsangebote gibt es zumeist nur für Erwachsene. „Um das zu ändern, haben wir eine Beratung für Kinder krebskranker Eltern eingerichtet“, ergänzt Prof. Philipp Lenz, Geschäftsführer des WTZ (Westdeutsches Tumorzentrum) Münster am UKM. „Wir wollen auch Kinder als Angehörige und Mitbetroffene begleiten und unterstützen.“
Eine zentrale Frage für Eltern: Wie sage ich es meinem Kind?
Die Diagnose Krebs stellt den gesamten Familienalltag plötzlich auf den Kopf. Vieles, was zuvor selbstverständlich war, ist nun ungewiss. Wie geht es gesundheitlich weiter? Und wie beruflich? Welche Therapie ist die richtige und wie sind die Heilungschancen? „Für Eltern kommt in dieser schwierigen Situation eine zentrale Frage hinzu: Wie sage ich es meinem Kind?“, erzählt Romers Kollegin Melanie Ramm, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, die die Beratungen im WTZ Münster anbietet. Nicht selten sei die Unsicherheit über die richtigen Worte und den richtigen Moment auch so groß, dass ein entsprechendes Gespräch unbewusst immer weiter hinausgeschoben wird. „Häufig reden die Eltern miteinander und auch mit anderen Erwachsenen – Freunden, Nachbarn und Kollegen – über die Erkrankung. Sie kommunizieren quasi über die Köpfe ihrer Kinder hinweg. Doch auch die Kinder haben ein Recht auf Information“, ergänzt Prof. Romer, der sich bereits seit gut 20 Jahren intensiv mit dem Thema beschäftigt und während seiner Zeit am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf das präventive Beratungsprogramm COSIP (Children of somatically ill parents; deutsch: Kinder körperlich kranker Eltern) maßgeblich mit entwickelt hat. „Kinder haben als Angehörige oft seelische Not“, so der Therapeut. „Mit unserem speziellen Unterstützungsangebot möchten wir den Familien dabei helfen, die Sprachlosigkeit zu überwinden und die aktuelle Lebenssituation zu bewältigen – damit sich psychische Probleme wie Ängste, Depressionen oder sozialer Rückzug möglichst gar nicht erst entwickeln.“
Der Fokus der Beratung kann dabei sehr unterschiedlich sein – je nach Alter der Kinder, ihrer Persönlichkeit und der Familiensituation variieren die jeweiligen Sorgen und Bedürfnisse. Auch die Art und der Verlauf der Krebserkrankung des betroffenen Elternteils haben Auswirkungen auf den Umgang damit. „Deswegen führen wir immer zunächst ein ausführliches Gespräch mit den Eltern“, sagt Melanie Ramm. „Schließlich kennen sie ihre Kinder am besten.“ Im Anschluss finden je nach Bedarf weitere Gespräche mit den Kindern statt – einzeln, mit ihren Geschwistern oder auch gemeinsam mit den Eltern. „Wir möchten den betroffenen Familien Sicherheit im Umgang miteinander geben und die Eltern dabei unterstützen, ihre Kinder durch diese Krisensituation zu lotsen.“
Weitere Informationen unter: jmk.ukmuenster.de