Wenn die Notaufnahme für 7 Minuten stillsteht
Die Notfallversorgung ist ein Dauergeschäft, Schließzeiten gibt es ebenso wenig wie planbare Patientenströme. Umso wichtiger sind funktionierende Abläufe und gute Absprachen innerhalb des Teams – unabhängig von der Berufsgruppe. Das Leitungsteam der Notaufnahme des UKM sah in den eigenen Reihen Verbesserungspotential und führte u.a. ein Team-Timeout ein. Davon profitieren nicht nur Patientinnen und Patienten, sondern auch alle pflegerischen und ärztlichen Mitarbeitenden.
Münster (ukm/maz) – Ruhe ist eher unüblich im teils hektischen Alltag einer Notaufnahme. Doch zwei Mal täglich steht die Notaufnahme am UKM (Universitätsklinikum Münster) seit Kurzem für 7 bis maximal 15 Minuten pro Tag weitestgehend still: Immer dann, wenn alle Mitarbeitenden des Teams von Prof. Philipp Kümpers (Ärztlicher Leiter) und Sandra Schwenner (Pflegerische Leiterin) zur Abstimmung zusammenkommen. „Was früher die klassische Visite war, an der jedoch nur ein Teil des Teams teilgenommen hat oder wir auf den Zimmern unterbrochen wurden, ist jetzt unser Team-Timeout“, erklärt Kümpers das Format, das „kurz und knackig“ mit allen anwesenden pflegerischen und ärztlichen Mitarbeitenden am Tresen der Notaufnahme stattfindet. Denn das Notfallgeschäft hat besondere Herausforderungen: Rund um die Uhr dienstbereit, 365 Tage im Jahr. Wie viele Patientinnen und Patienten kommen, mit welchen Krankheitsbildern – das alles ist nicht planbar. „Die Arbeit in einer Notaufnahme unterscheidet sich in diesem Punkt schon sehr von anderen Bereichen im Krankenhaus. Deshalb sind feste Strukturen und Abläufe für das gesamte Team in diesem nicht planbaren Arbeitsalltag besonders wichtig“, erklärt Schwenner.
Wie viele Patientinnen und Patienten liegen in den Zimmern der Notaufnahme? Wo gibt es Probleme, sind instabile Patienten vom Rettungsdienst angekündigt? Und wie sieht der weitere Tagesplan aus, wer wird wann weiterverlegt? All das ist nun einmal morgens und einmal am frühen Nachmittag Thema, sodass interprofessionell alle im Dienst befindlichen Mitarbeitenden einen gemeinsamen Wissenstand über den aktuellen Patientenstatus haben. „Der Weg dorthin war nicht immer einfach, aber wir merken wie sehr es uns als Team hilft“, sagt Prof. Philipp Kümpers. Dabei ist die Einführung des Team-Timeouts nur eine Maßnahme von mehreren strukturellen Veränderungen in der Notaufnahme am UKM, auch umfangreiche Umbaumaßnahmen haben nicht nur den Aufenthalt für Patientinnen und Patienten, sondern eben auch die Arbeit für die Mitarbeitenden verbessert. Und das scheint sich herumgesprochen zu haben: „Wir registrieren eine verstärkte Nachfrage von Studierenden der Medizin, die bei uns eine Praxiseinheit absolvieren möchten. Bei den Pflegenden gibt es sogar eine Warteliste für interne wie externe Bewerberinnen und Bewerber“, freut sich das Leitungs-Duo Schwenner/Kümpers, das in der eigenen Arbeit täglich den Mehrwert des Schulterschlusses zwischen Pflege und Ärztlichem Personal vorlebt.
Damit ist die UKM Notaufnahme eines der Beispiele, die im Rahmen des großangelegten Fokusprojektes „Magnet“ am UKM bereits spürbare Erfolge erzielt haben. Ziel des Projekts ist es, den Fokus auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu legen und in diesem Zusammenhang die Arbeitsorganisation und -struktur des Stationsalltags positiv zu verändern. Den auf Nachhaltigkeit angelegten, zertifizierten Prozess haben fast alle Top-Krankenhäuser der USA durchlaufen und konnten damit die Arbeitszufriedenheit der Pflegenden steigern und gleichzeitig eine bessere Versorgungsqualität bei den Patientinnen und Patienten erreichen. Das UKM strebt diese Zertifizierung, für die das Konzept schrittweise im gesamten Haus implementiert wird, für das Jahr 2027 an.