Mukoviszidose-Forschung: der Biofilm-Bildung von S. aureus auf der Spur

Mukoviszidose-Forschung: der Biofilm-Bildung von S. aureus auf der Spur

Bild: Dipl.-Ing. Christine Rumpf – hier bei der Begutachtung eines In-vitro-Tests zum Nachweis von Biofilm – kann sich über eine Projektförderung vom Mukoviszidose e.V. freuen (Foto: Uni Münster/ M. Heine)

Mukoviszidose-Forschung: der Biofilm-Bildung von S. aureus auf der Spur

Bonn/Münster – Die Bildung von Biofilmen und die Entwicklung von mukoiden Formen macht Staphylococcus aureus in der Lunge von Mukoviszidose-Patienten schwer therapierbar. Ein Verständnis der molekularen Mechanismen und genetischen Hintergründe einer übermäßigen Biofilm-Bildung des Bakteriums kann neue Therapieoptionen sowie wirkungsvollere Medikamente für die chronische S.-aureus-Infektion bei Betroffenen der Stoffwechselkankheit erschließen. Diesem Thema widmet sich die Arbeitsgruppe um Dipl.-Ing. Christine Rumpf vom Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universität Münster in ihrem aktuellen Forschungsprojekt. Der Mukoviszidose e.V. fördert das Projekt mit rund 112.000 Euro.

Biofilm-Bildung wird vermutlich durch Umgebungsbedingungen beeinflusst

Viele Menschen mit Mukoviszidose haben chronische Infektionen mit dem weitverbreiteten Keim Staphylococcus aureus (S. aureus), der sowohl symptomlos vorkommen, aber auch schwere Lungenentzündungen verursachen und über lange Zeit in den Atemwegen überleben kann. Diskutiert wird in der Forschung auch, ob der Keim ein Wegbereiter für andere Erreger ist, die den Verlauf der auch Cystische Fibrose (CF) genannten Krankheit verschlechtern können (z.B. Pseudomonas aeruginosa).
Eine große Herausforderung bei der Behandlung von Infektionen mit S. aureus ist seine Fähigkeit, Biofilme zu bilden und sich zu mukoiden Formen zu entwickeln. Die Mechanismen, die zur Entstehung der mukoiden Formen führen, sind bislang eher wenig untersucht. Der Biofilm bildet sich wahrscheinlich abhängig von den vorherrschenden Umgebungsbedingungen in der Lunge von Menschen mit Mukoviszidose, wie der Verfügbarkeit von Nahrungsstoffen, Sauerstoff, dem pH-Wert und der Immunzellaktivität.

Übermäßig viel Biofilm durch genetische Veränderung

Die Arbeitsgruppe um Rumpf hat kürzlich eine besondere Form mukoider S.-aureus-Isolate entdeckt, die übermäßig viel Biofilm produzieren und eine genetische Besonderheit aufweisen: Hier fehlen fünf Bausteine in der DNA eines bestimmten Bereiches, wodurch die überschießende Biofilmbildung verursacht wird (5bp-Deletion). Diese S.-aureus-Form tritt insbesondere bei Menschen mit Mukoviszidose auf, sie ist aber hinsichtlich ihrer klinischen Bedeutung noch nicht charakterisiert – möglicherweise verschaffen sich die Bakterien hierdurch einen Überlebensvorteil, der es ihnen ermöglicht, langfristig in der Lunge von CF-Betroffenen zu verbleiben. Hier setzen die Forschenden an mit dem Ziel, die molekularen Mechanismen und genetischen Veränderungen zu untersuchen, die zur Entstehung von mukoiden und übermäßig Biofilme-bildenden S.-aureus-Formen führen. Außerdem soll geklärt werden, welche Umgebungsbedingungen (z.B. viel/wenig Salz, verschiedene pH-Werte, Anwesenheit von Pseudomonas aeruginosa oder Immunzellen, etc.) dieses Verhalten auslösen und wie diese S.-aureus-Formen mit den Lungenepithelzellen und Immunzellen interagieren.

Molekulares Verständnis der Biofilm-Bildung eröffnet neue Therapieoptionen

Diese grundlegende Erforschung der molekularen Hintergründe der Bildung von mukoiden und übermäßig Biofilm-bildenden S.-aureus-Formen, die eine erfolgreiche Bekämpfung der Keime erschweren, legt den Grundstein, um neue Therapieoptionen sowie wirkungsvollere Medikamente für die chronische S.-aureus-Infektion in den Atemwegen von Menschen mit Mukoviszidose zu entwickeln.

Mit seiner Forschungsförderung unterstützt der Mukoviszidose e.V. ein breites Spektrum an Projekten von der medizinischen Grundlagenforschung bis hin zu klinischen Studien, um Therapieoptionen und Lebensqualität für Betroffene zu verbessern. In Deutschland sind mehr als 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit betroffen. Durch eine Störung des Salz- und Wasserhaushalts im Körper bildet sich bei Mukoviszidose-Patienten ein zähflüssiges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauchspeicheldrüse irreparabel schädigt. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 150 bis 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren.

Neuer Weg im Kampf gegen MRSA: Forscher machen ein gefährliches Bakterientoxin unwirksam

Neuer Weg im Kampf gegen MRSA: Forscher machen ein gefährliches Bakterientoxin unwirksam

Bild: Neuer Weg im Kampf gegen MRSA: Forscher machen ein gefährliches Bakterientoxin unwirksam

Greifswald/Münster (ug) – Mit der zunehmenden Antibiotika-Resistenz werden alternative Verfahren zur Behandlung bakterieller Infektionen immer notwendiger. Forschern der Universität Greifswald ist es in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Münster gelungen, Zielzellen pathogener Bakterien enzymatisch so vorzubehandeln, dass eine bedeutende toxische Wirkung des Bakteriums Staphylococcus aureus ausblieb. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift „Toxins“ veröffentlicht.

Jeder dritte Mensch weltweit trägt das Bakterium Staphylococcus aureus ständig auf der Haut und im vorderen Nasenraum mit sich herum ohne davon etwas zu bemerken. Die Bakterien nutzen allerdings Abwehrschwächen, beispielsweise durch Alter, Bettlägerigkeit oder Virusinfekt, um sich schneller zu vermehren. Dadurch können sie pathogen werden und neben oberflächlichen Furunkeln oder Abszessen auch Infektionen im Körperinneren wie Herzinnenhautentzündung und Lungenentzündung verursachen. Überschreiten die Bakterien lokal im Körper eines Wirtes (Mensch oder Tier) eine kritische Bakteriendichte, beginnen sie mit der Produktion löslicher Toxine, die im Wirtsgewebe physiologische Veränderungen oder sogar den Zelltod auslösen können.

Eines der bedeutenden Toxine von S. aureus ist das sogenannte alpha-Toxin. Es kann Blutzellen zerstören und wird daher auch Hämolysin A genannt. Das alpha-Toxin trägt erheblich zur Pathogenität des Bakteriums bei, so dass es als einer der wichtigsten Virulenzfaktoren von S. aureus gilt. Der Wirkmechanismus des alpha-Toxins beruht auf der Bildung von Transmembranporen in den Oberflächen der Wirtszellen, den sogenannten Zellmembranen. Die dadurch entstehende offene Verbindung zwischen Extra- und Intrazellularraum erlaubt es Ionen und kleinen organischen Molekülen, Konzentrationsgefällen zu folgen und unkontrolliert in die Zelle einzuströmen oder aus der Zelle auszutreten. Damit verbunden sind erhebliche zellphysiologische Probleme. Zum Beispiel können epitheliale Zellen ihre Barrierefunktion zwischen Umwelt und Körperinnerem nicht mehr voll ausüben.

Wissenschaftler der Universität Greifswald um Dr. Sabine Ziesemer und Prof. Jan-Peter Hildebrandt in Kooperation mit einem Kollegen der HNO-Klinik am Universitätsklinikum Münster, PD Dr. Achim G. Beule, suchen daher nach Wegen, die Wirkung des alpha-Toxins auf Zielzellen zu unterdrücken. Da S. aureus auch an der Entstehung von Lungenentzündungen (Pneumonien) beteiligt ist, nutzen die Forscher Kulturen menschlicher Atemwegsepithelzellen als Modellsysteme. Anhand dieser untersuchen sie, wie das alpha-Toxin auf die Struktur und Funktion der Zellen wirkt, mit dem Ziel, mögliche Angriffspunkte für eine abschwächende Wirkung des Toxins zu finden.

Die jetzt in „Toxins“ publizierten Ergebnisse zeigen, dass ein bestimmter Lipid-Bestandteil der Zelloberfläche, das Sphingomyelin, für den Zusammenbau und damit für die Bildung der alpha-Toxin-Pore essentiell ist. Die Forscher haben dieses Membranlipid mit einem Enzym (einer Sphingomyelinase) chemisch modifiziert und festgestellt, dass sich in den Zellmembranen der anschließend mit alpha-Toxin behandelten Zellen keine Toxin-Poren mehr ausbildeten. Und nachfolgend blieben auch alle sonst üblichen zytotoxischen Wirkungen des alpha-Toxins auf die Atemwegsepithelzellen aus.

Angesichts der global zunehmenden Resistenz vieler Staphylococcus-Stämme gegen Antibiotika (MRSA, Methicillin-resistente Staphylococcus aureus-Stämme) und dem Rückzug vieler Pharma-Konzerne aus der kostenintensiven Antibiotika-Forschung werden alternative Verfahren zur Beherrschung bakterieller Infektionen immer notwendiger. Die Grundlagenforschung aus Greifswald und Münster zeigt einen Ansatz, wie durch vorbeugende Maßnahmen die durch das alpha-Toxin vermittelte pathogene Wirkung von S. aureus verhindert werden kann. [Link zur Publikation]