Krankenhausreform: „Von tragbaren Rahmenbedingungen weit entfernt“

Krankenhausreform: „Von tragbaren Rahmenbedingungen weit entfernt“

Bild (v.li.): Annika Wolter, Regionalgeschäftsführerin Franziskus Stiftung, Dr. Nils Brüggemann, Vorstandsvorsitzender Franziskus Stiftung, Maria Klein-Schmeink (MdB), Andreas Barthold, Sprecher der Hauptgeschäftsführung Alexianer Gruppe, Maik Büscher, Regionalgeschäftsführer Alexianer Gruppe. (Foto: St. Franziskus-Stiftung Münster)

Franziskus Stiftung und Alexianer fordern von der Politik über das Eckpunkte-Papier hinaus eine verlässliche Krankenhausreform

Münster – In der vergangenen Woche wurde das Eckpunkte-Papier zur Krankenhausreform von Bund und Ländern verabschiedet, mit der drei zentrale Ziele verfolgt werden sollen: Die Gewährleistung von Versorgungssicherheit (Daseinsvorsorge), die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität sowie eine Entbürokratisierung. Auch vor dem schwierigen Hintergrund der Entwicklung der medizinischen und pflegerischen Fachkräftesituation in Deutschland soll eine qualitativ hochwertige, flächendeckende und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung sichergestellt werden. Darüber diskutierten Vertreter der Alexianer Gruppe und der Franziskus Stiftung gemeinsam mit der Bundestagsabgeordneten Maria Klein-Schmeink.

„Es ist unbestritten, dass wir eine grundlegende Krankenhausreform brauchen. Allerdings benötigt der damit verbundene Transformationsprozess dringend verlässliche Rahmenbedingungen und eine ebenso verlässliche und auskömmliche Finanzierung – und dies bereits kurzfristig und bevor die Effekte der Krankenhausreform greifen,“ so Dr. Nils Brüggemann, Vorstandsvorsitzender der Franziskus Stiftung. Bereits in 2024 kommen mit den jüngst verabschiedeten Tarifabschlüssen auf große Träger wie die Franziskus Stiftung und die Alexianer nicht refinanzierte Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe zu. Viele Einrichtungen in Deutschland wird dies finanziell überfordern.

Auch wenn im Eckpunkte-Papier von der notwendigen finanziellen Ausstattung durch Bund und Länder für den Transformationsprozess und der Verpflichtung der Länder zur Vorhaltung einer bedarfsgerechten Krankenhausstruktur sowie zur auskömmlichen Finanzierung notwendiger Investitionen in diese Krankenhausstruktur die Rede ist, bleiben die Trägervertreter skeptisch. „Ist der Rauch, der aus Berlin kommt, wirklich weiß oder nimmt der Gesundheitsminister eine Strukturbereinigung, also das Schließen von Krankenhäusern, zum Beispiel in der Fläche, bewusst in Kauf,“ gibt Andreas Barthold, Sprecher der Hauptgeschäftsführung der Alexianer Gruppe zu bedenken.

Von einer schwierigen Lage für die Krankenhäuser spricht auch die Bundestagsabgeordnete Maria Klein-Schmeink. Nach Corona und aufgrund der angespannten Personalsituation würden die früheren Fallzahlen nicht mehr erreicht, damit erhielten die Häuser weniger Einnahmen. Zudem belaste die Inflation und die gestiegenen Personalkosten. „Wir haben bereits mit Extra-Zuweisungen die Pädiatrie und die Geburtshilfe abgesichert. Außerdem wurden Inflationsausgleiche für bis zu 6 Mrd. Euro bis 2024 einschließlich bereitgestellt. Nun prüfen wir, was wir im Rahmen der Krankenhausreform auch finanziell tun können, damit der grundlegende Systemwechsel auch gelingt. In Zukunft werden die Grundkosten eines Krankenhauses zu 60 Prozent vorab ausgeschüttet, nur noch 40 Prozent des Krankenhausbudgets werden dann von der Anzahl der behandelten Patienten abhängig sein. Das wird den großen und den kleinen Häusern helfen und insbesondere den Patientinnen und Patienten zugutekommen, denn sie sollen sich aufgrund der den Krankenhäusern zugeordneten Leistungsgruppen auf eine durchgängig gute Qualität verlassen können“, sagt Klein-Schmeink.

Ohne geeignetes Personal sind die Reformvorhaben nicht zu stemmen, darin sind sich die Trägervertreter einig. Vor diesem Hintergrund kommt Ausbildung und Integration von internationalen Fachkräften, vor allem in der Pflege, eine große Bedeutung zu. Das sieht auch Maria Klein-Schmeink, die jüngst Eindrücke zur Ausbildungsvorbereitung in Indien sammeln konnte und gerne konkret die Gespräche mit den großen Trägern über die Integration von ausländischen Fachkräften fortsetzen möchte.

Über die Alexianer Gruppe

Die Alexianer Gruppe ist eins der größten konfessionellen Gesundheits- und Sozialwirtschafts- Unternehmen und als Verbund bundesweit in zwölf Regionen, acht Bistümern und sechs Bundesländern tätig. Die Alexianer beschäftigen derzeit 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und betreiben somatische und psychiatrische Krankenhäuser, medizinische Versorgungszentren sowie Einrichtungen der Senioren-, Eingliederungs- und Jugendhilfe. Als gemeinsames Dach der Unternehmensgruppe arbeitet die Alexianer GmbH im Auftrag der Stiftung der Alexianerbrüder, die als Träger und Gesellschafter das Erbe der 800 Jahre alten Ordensgemeinschaft der Alexianerbrüder und anderer Ordensgemeinschaften bewahrt. 2022 erwirtschaftete die Gruppe einen Umsatz von 1,83 Mrd. Euro.

Über die Franziskus Stiftung

Die St. Franziskus-Stiftung Münster zählt zu den größten konfessionellen Krankenhausgruppen Deutschlands. Sie wird nach modernen Managementkonzepten geführt. Die Stiftung trägt Verantwortung für derzeit 14 Krankenhäuser sowie neun Behinderten- und Senioreneinrichtungen in den Ländern Nordrhein-Westfalen und Bremen. Darüber hinaus hält sie Beteiligungen u.a. an ambulanten Rehabilitationszentren, Pflegediensten und Hospizen. In den Einrichtungen der Franziskus Stiftung werden jährlich über 587.000 Menschen stationär und ambulant behandelt, in den Langzeiteinrichtungen etwa 1.000 Menschen betreut. Über 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen für kranke, behinderte und alte Menschen. Der Vorstand besteht aus Dr. Nils Brüggemann (Vorstandsvorsitzender) und Dr. Daisy Hünefeld (Vorstand).

Hier die vereinbarten Krankenhausreform-Eckpunkte zwischen Bund und Länder: Bund und Länder einigen sich auf Eckpunkte und Das Eckpunktepapier der neuen Krankenhausreform (als PDF-Dokument)
Krankenhausreform: UKM begrüßt Vorschlag der Regierungskommission

Krankenhausreform: UKM begrüßt Vorschlag der Regierungskommission

Bild: Das Zentralklinikum Münster

Die Pläne zu einer bundesweiten Krankenhausreform, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Dienstag vorgestellt hat, finden beim UKM-Vorstand weitgehend Zustimmung. Insbesondere die Abkehr von einer reinen Vergütung über Fallpauschalen sei begrüßenswert. Aber auch die Weiterentwicklung der Krankenhausstruktur durch klar definierte Versorgungsstufen für die Kliniken sei notwendig.

Münster (ukm/aw) – Mit großem Interesse habe er die Pressekonferenz des Bundesgesundheitsministers verfolgt, so Univ.-Prof Alex W. Friedrich, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKM (Universitätsklinikum Münster). „Zunächst mal hat die Regierungskommission um Karl Lauterbach einen guten Vorschlag gemacht, daraus muss jetzt in den nächsten Monaten das entsprechende Gesetz werden. Entscheidend ist aber, dass es endlich zu der langerwarteten und sehr grundlegenden Veränderung in unserem gesamten Gesundheitssystem kommt – nämlich der Abkehr von den DRGs, also Fallpauschalen. Endlich gehen wir Schritte, die unsere europäischen Nachbarn teilweise schon umgesetzt haben. Auch wir stehen als UKM vor großen Herausforderungen, die wir nur durch eine veränderte Rahmenstruktur gut bewältigen können.“ Konkret spricht Friedrich die Stufenplanung in den Gesetzesplänen an. Danach sollen die Krankenhäuser in mehrere Versorgungsstufen eingeteilt werden. Das Behandlungs-Portfolio der Häuser darf dann nur noch das der entsprechenden Versorgungsstufe sein. „Das heißt, die Häuser konzentrieren sich auf das, was sie jeweils am besten können. Das garantiert den Patientinnen und Patienten, dass sie mit ihrer jeweiligen Erkrankung in dieser Klinik auch am besten aufgehoben sind. Das UKM ist universitärer Maximalversorger der obersten Stufe. Für uns heißt das, dass wir in unserer Versorgungsregion Nordwest die beste medizinische Expertise und erstklassige Ausstattung bieten, für Behandlungen, auf die sonst keine Klinik spezialisiert ist. Die Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern in unserer Versorgungsregion wird daher eine wichtige Voraussetzung sein. Das soll im Rahmen des Krankenhausplans NRW erfolgen. Aus meiner Sicht sind daher die Pläne aus Düsseldorf und Berlin gut miteinander vereinbar.“

Auch der Kaufmännische Direktor des UKM, Dr. Christoph Hoppenheit, begrüßt ausdrücklich die Krankenhausreform-Pläne: „Es ist richtig, dass den Universitätskliniken endlich ihre herausragende Rolle in der medizinischen Versorgung zuerkannt wird. Die geplante sukzessive Einführung einer Vorhaltevergütung auf Basis der definierten Leistungsgruppen und Qualitätsanforderungen garantiert uns als Universitätsklinik, dass wir künftig die medizinische Ausstattung, vor allem aber unser hochspezialisiertes Personal, ein Stück weit in der Krankenhausfinanzierung abgebildet sehen.“

Die Steuerung der Gesundheitsversorgung in einzelnen Regionen sei der richtige Ansatz, so Hoppenheit. Allerdings glaubt der Kaufmännische Direktor nicht, dass das zentral-direktiv aus Berlin geschehen könne, da die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung eben Ländersache sei. „Dennoch: Die vom Bundesminister vorgesehenen Leistungsstufen passen hervorragend auch zum Krankenhausplan NRW. Wir befinden uns in Nordrhein-Westfalen schon längst auf dem Weg zur Umsetzung. Mit den Reformplänen, die nun auch Rückenwind durch den Bund bekommen, können wir die vorhandenen Ressourcen in den Häusern besser verteilen.“ Für ihn sei aber auch klar, dass angesichts der allgemeinen Preissteigerung auch mehr Geld ins System müsse. „Alle Häuser stehen aufgrund der Krisen der letzten Jahre finanziell unter immensem Druck.“ Die Soforthilfen für Kliniken seien ein richtiger Schritt gewesen. „Insgesamt“, so Hoppenheit, „begrüßen wir als Vorstand des UKM die angestrebte substanzielle Strukturreform und werden unseren Teil durch aktive Schritte dazu beitragen, dass die Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen und bundesweit auf neue Füße gestellt wird.“

Hier können Sie den kompletten Vorschlag zur Krankenhausreform der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung einsehen