BRIDGE: Deutsch-niederländische Zusammenarbeit
Medizinische Ressourcen effektiv, sicher und grenzüberschreitend einsetzen
Nicht zuletzt die Covid19-Pandemie hat gezeigt, dass öffentliche Gesundheit nicht an der Grenze haltmacht. Deshalb wird sich mit einem Zuschuss von rund 1,5 Millionen Euro aus dem europäischen Förderprogramm Interreg zukünftig ein Team von niederländischen und deutschen Expertinnen und Experten u.a. aus der Medizin damit beschäftigen, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitswesen zu verbessern und damit ein robustes, widerstandsfähiges Gesundheitssystem in der Region zu konzipieren. Deutscher klinischer Partner des Euregio-Projekts BRIDGE, das im Frühjahr 2024 anlaufen wird, ist das UKM.
Münster (ukm/maz) – Menschen, die in Grenzgebieten leben, kennen das Dilemma: Das nächste Krankenhaus ist zwar nah, liegt aber auf der anderen Länderseite und ist damit nicht unmittelbar zugänglich – oder möglicherweise aufgrund der dünnbesiedelten Region nicht optimal ausgestattet. Denn Ressourcen wie Intensivbetten, Personal und Medikamente werden nicht im regionalen Verbund gesehen, sondern Länderweise. Eine Situation, die ein interdisziplinäres Team aus Politik- und Sozialwissenschaftlern, Medizinern, Ingenieuren und Informatikern der Universität Twente, dem Bureau Acute Zorg Euregio, dem UKM (Universitätsklinikum Münster) und der Universität Münster nun im Rahmen des Projektes BRIDGE nicht nur analysieren, sondern verbessern will. Denn klar ist: „Wenn wir in Versorgungsregionen über Bundesländer- und sogar Ländergrenzen hinweg denken und voneinander lernen, profitieren alle davon, die Patientinnen und Patienten, die Häuser selbst und das medizinische Personal“, sagt Prof. Alex W. Friedrich, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKM, der von 2010 bis 2021 selbst in den Niederlanden tätig war und daher die Notwendigkeit und Vorteile der grenzübergreifenden Zusammenarbeit sehr gut kennt.
Finanziert wird das Projekt BRIDGE, das ein Gesamtvolumen von rund 2 Millionen Euro hat, zu einem Großteil durch das EU-Förderprogramm Interreg und das NRW-Wissenschaftsministerium mit einem Zuschuss von knapp 1,5 Millionen Euro. Damit sollen laufende Prozesse und Kooperationen begutachtet sowie weitere Bedarfe ermittelt und Hindernisse für die gemeinsame Nutzung von Ressourcen analysiert und abgebaut werden. „Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Gesundheitsversorgung ist. Wir wollen mit BRIDGE ein digitales, 360°-umfassendes Gesundheitsnetzwerk etablieren, welches alle Akteure miteinander dauerhaft vernetzt und den sicheren Austausch von Ressourcen auch in Nicht-Pandemiezeiten zwischen den Niederlanden und Deutschland ermöglicht“, erklärt Dr. Vincent Hofbauer, Leiter der Stabsstelle UKM International. Entscheidend dafür wird das grenzüberschreitende Pooling von Ressourcen sein. Durch die gemeinsame Nutzung von beispielsweise Materialien, Kapazitäten und Personal verfügen die Krankenhäuser in der deutsch-niederländischen Grenzregion im Falle eines plötzlichen Notfalls schnell über die benötigten Ressourcen, ohne sie überall rund um die Uhr vorhalten zu müssen. Für Patientinnen und Patienten bedeutet dies kürzere Wege und schnellerer Zugang zu spezialisierter Versorgung.
Vorbild für eine digitale, grenzübergreifende Plattform: Die Datenbank für Covid19-Intensivpatienten
Derzeit findet in der Region bereits ein grenzüberschreitender Austausch von Hubschraubern und Krankenwagen statt, ebenso in der Notfall- und pädiatrischen Akutversorgung. Diese Projekte sind jedoch getrennt organisiert und die Zusammenarbeit basiert auf individuellen Vereinbarungen, sorgt außerdem für einen enormen Verwaltungsaufwand. Im Zuge von BRIDGE soll eine digitale Plattform implementiert werden, um die Koordination zu erleichtern. Vorbild für solch ein System ist die Datenbank für Covid19-Intensivpatienten, die das UKM im ersten Pandemiejahr im Auftrag des Landes NRW eingerichtet hatte, um eine zentrale Bettensteuerung der Krankenhäuser in NRW zu ermöglichen. Mittels dieser Plattform konnten Patientenübernahmen auch aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich unbürokratisch ermöglicht werden. Aktuell wird die Datenbank für die Koordinierung der medizinischen Versorgung von Kriegsverletzen aus der Ukraine eingesetzt und soll im Rahmen des Projekts BRIDGE weiterentwickelt werden, um zukünftige Ressourcen effektiv, sicher und grenzüberschreitend zu teilen.
Erklärtes Ziel ist es, die deutsch-niederländische Plattform allen Akteuren in der Gesundheitsversorgung zur Verfügung zu stellen, die an einem Austausch der Ressourcen interessiert sind. „Hier sind in erster Linie alle Krankenhäuser auf beiden Seiten der Grenze gemeint“, erklärt Hofbauer die freiwillige Teilnahme am Netzwerk. „Wir gehen aber davon aus, dass wir viele Krankenhäuser in NRW, Niedersachsen und Niederlanden gewinnen können, da diese von dem großen Netzwerk profitieren werden.“ Die gegenseitige Zusammenarbeit fällt mit der kürzlich unterzeichneten Absichtserklärung zwischen den grenzüberschreitenden Parteien zusammen. Angelegt ist das Projekt im Rahmen der Interreg-Förderung bis 31.12.2027.