Einweihung der Don Bosco Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie

Einweihung der Don Bosco Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie

Bild (v.l.): Gewährten zum Tag der offenen Tür in der Don Bosco Tagesklinik am neuen Standort rund 100 Gästen eindrucksvolle Einblicke und Innenansichten: Alexianer-Seelsorger Stefan Pölling, Andrea Gerlach (Stationsleiterin), Dr. Mariele Haverkock-Brillert (Ltd. Oberärztin), Hanna (ehem. Patientin) und Dr. Christopher Kirchhoff (Chefarzt). Foto: A. Große Wöstmann

Don Bosco Tagesklinik hat ihren neuen Standort direkt gegenüber des Clemenshospitals

Heilsamer Ort mit Tradition und Atmosphäre

Münster – „Es hat lange gedauert, viele Rückschläge gegeben, aber am Ende habe ich wieder zu leben gelernt“. Mit eindrucksvollen und sehr offenen Worten schilderte Hanna, eine ehemalige Patientin der Don Bosco Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, wie sie den mühsamen Weg aus ihrer Depression und Essstörung meisterte und so auch die „Liebe zum eigenen Leben“ wiederfand. Kurz nach dem Abitur kam sie als junge Frau in die Klinik, war dort einige Monate in Behandlung und führte in dieser schweren Zeit Tagebuch über ihr Erleben der Erkrankung.
„Ich hab` geschrien und geweint, weil ich so enttäuscht von mir war, hielt mich schon selbst für einen hoffnungslosen Fall“, beschrieb Hanna ihre innere Wut und auch ihre Zukunftsängste und Orientierungslosigkeit. Doch am Ende besiegte sie ihre Erkrankung und steht heute kurz vor dem Abschluss ihres Psychologiestudiums.

Anlässlich der Einweihung und offenen Tür der Alexianer Don Bosco Tagesklinik an ihrem neuen Standort im ehemaligen Salvatorkolleg gegenüber vom Clemenshospital gaben diese tiefen Einblicke einer ehemaligen Betroffenen den rund 100 Gästen einen überaus authentischen Einblick in die Krankheitsbilder und Tätigkeitsfelder der modernen Klinik. Mit hellen und lichtdurchfluteten Therapieräumen, farbenfroher Innengestaltung, einem großen Garten zum Toben und Spielen im Innenhof und einer rundlich angelegten Kapelle mit Lichtkuppel kommt sie so ganz anders daher als ihr ernster Zweck es eigentlich vermuten lässt: Freundlich, hell, einladend! Und so zeigten sich auch schnell die vielen Gäste überzeugt: „Ein idealer und heilsamer Ort zur Genesung von jungen verletzten Seelen“.

Die besondere Strahlkraft des ehemaligen Klosters hob auch Regionalgeschäftsführer Stephan Dransfeld in seiner Begrüßung der zahlreichen Jugendexperten hervor. Er ging kurz auf die Historie des neuen Domizils ein und stellte fest: „Zu den vier Säulen der salvatorinaischen Spiritualität gibt es erstaunliche Parallelen. Denn auch dies hier ist jetzt wieder ein Ort des Zusammenlebens, der Begegnung und der Sorge um junge Seelen, insofern auch ein wunderbarer Ort für das therapeutische Wirken der Alexianer“.

Wie Dransfeld bedankte sich auch Dr. Mariele Haverkock-Brillert, die leitende Oberärztin der Don Bosco Tagesklinik, bei allen Mitwirkenden und kreativen Mitgestaltern des Umbaus für ihre tolle Unterstützung, aber natürlich auch bei ihrem gesamten Team. „Könnten diese Wände sprechen, hätten sie sicher viel zu erzählen. Nun aber kommen auch Kinderstimmen, Kinderweinen und Kinderlachen hinzu“. Trotz aller schönen Ausstattung und bunten Farben verdeutlichte sie: „Dies hier ist und bleibt eine Klinik, in der schwer erkrankte Kinder und Jugendliche mit oftmals großem Leid zu uns kommen und unsere Hilfe suchen“. Dabei die jungen Patient*innen so anzunehmen, wie sie sind, sei eine wesentliche Grundhaltung ihrer Arbeit.

Nach Einblicken in die pflegerische Arbeit durch Stationsleiterin Andrea Gerlach folgten dann im Festvortrag von Chefarzt Dr. Christopher Kirchhoff weitere Innenansichten in den Klinikalltag. Er widmete sich dem Thema „Wie ist es, depressiv zu sein?“ und stellte dabei zuvor grundlegend fest: „Wir Therapeuten sind gewollt, aber nie gewünscht“. Die Behandlung von Depressionen sei oftmals ein mühsames Geschäft, aber: „Es wirkt und wir werden heute in der auch für junge Menschen immer komplexer werdenden Welt mehr denn je gebraucht!“ Sehr detailliert beschrieb Kirchhoff, wie er und sein Team ihren Patient*innen Schritt für Schritt dabei helfen, ihren „schwarzen Hund“ an die Leine zu nehmen.
„Ich glaube, dass wir von unseren Patient*innen lernen können, was wir als Therapeuten zu tun haben“, so der Klinikchef abschließend, bevor Alexianer-Seelsorger Stefan Pölling dem neuen Domizil (der Don Bosco Tagesklinik) den geistlichen Segen spendete.

Krankenhausreform: „Von tragbaren Rahmenbedingungen weit entfernt“

Krankenhausreform: „Von tragbaren Rahmenbedingungen weit entfernt“

Bild (v.li.): Annika Wolter, Regionalgeschäftsführerin Franziskus Stiftung, Dr. Nils Brüggemann, Vorstandsvorsitzender Franziskus Stiftung, Maria Klein-Schmeink (MdB), Andreas Barthold, Sprecher der Hauptgeschäftsführung Alexianer Gruppe, Maik Büscher, Regionalgeschäftsführer Alexianer Gruppe. (Foto: St. Franziskus-Stiftung Münster)

Franziskus Stiftung und Alexianer fordern von der Politik über das Eckpunkte-Papier hinaus eine verlässliche Krankenhausreform

Münster – In der vergangenen Woche wurde das Eckpunkte-Papier zur Krankenhausreform von Bund und Ländern verabschiedet, mit der drei zentrale Ziele verfolgt werden sollen: Die Gewährleistung von Versorgungssicherheit (Daseinsvorsorge), die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität sowie eine Entbürokratisierung. Auch vor dem schwierigen Hintergrund der Entwicklung der medizinischen und pflegerischen Fachkräftesituation in Deutschland soll eine qualitativ hochwertige, flächendeckende und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung sichergestellt werden. Darüber diskutierten Vertreter der Alexianer Gruppe und der Franziskus Stiftung gemeinsam mit der Bundestagsabgeordneten Maria Klein-Schmeink.

„Es ist unbestritten, dass wir eine grundlegende Krankenhausreform brauchen. Allerdings benötigt der damit verbundene Transformationsprozess dringend verlässliche Rahmenbedingungen und eine ebenso verlässliche und auskömmliche Finanzierung – und dies bereits kurzfristig und bevor die Effekte der Krankenhausreform greifen,“ so Dr. Nils Brüggemann, Vorstandsvorsitzender der Franziskus Stiftung. Bereits in 2024 kommen mit den jüngst verabschiedeten Tarifabschlüssen auf große Träger wie die Franziskus Stiftung und die Alexianer nicht refinanzierte Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe zu. Viele Einrichtungen in Deutschland wird dies finanziell überfordern.

Auch wenn im Eckpunkte-Papier von der notwendigen finanziellen Ausstattung durch Bund und Länder für den Transformationsprozess und der Verpflichtung der Länder zur Vorhaltung einer bedarfsgerechten Krankenhausstruktur sowie zur auskömmlichen Finanzierung notwendiger Investitionen in diese Krankenhausstruktur die Rede ist, bleiben die Trägervertreter skeptisch. „Ist der Rauch, der aus Berlin kommt, wirklich weiß oder nimmt der Gesundheitsminister eine Strukturbereinigung, also das Schließen von Krankenhäusern, zum Beispiel in der Fläche, bewusst in Kauf,“ gibt Andreas Barthold, Sprecher der Hauptgeschäftsführung der Alexianer Gruppe zu bedenken.

Von einer schwierigen Lage für die Krankenhäuser spricht auch die Bundestagsabgeordnete Maria Klein-Schmeink. Nach Corona und aufgrund der angespannten Personalsituation würden die früheren Fallzahlen nicht mehr erreicht, damit erhielten die Häuser weniger Einnahmen. Zudem belaste die Inflation und die gestiegenen Personalkosten. „Wir haben bereits mit Extra-Zuweisungen die Pädiatrie und die Geburtshilfe abgesichert. Außerdem wurden Inflationsausgleiche für bis zu 6 Mrd. Euro bis 2024 einschließlich bereitgestellt. Nun prüfen wir, was wir im Rahmen der Krankenhausreform auch finanziell tun können, damit der grundlegende Systemwechsel auch gelingt. In Zukunft werden die Grundkosten eines Krankenhauses zu 60 Prozent vorab ausgeschüttet, nur noch 40 Prozent des Krankenhausbudgets werden dann von der Anzahl der behandelten Patienten abhängig sein. Das wird den großen und den kleinen Häusern helfen und insbesondere den Patientinnen und Patienten zugutekommen, denn sie sollen sich aufgrund der den Krankenhäusern zugeordneten Leistungsgruppen auf eine durchgängig gute Qualität verlassen können“, sagt Klein-Schmeink.

Ohne geeignetes Personal sind die Reformvorhaben nicht zu stemmen, darin sind sich die Trägervertreter einig. Vor diesem Hintergrund kommt Ausbildung und Integration von internationalen Fachkräften, vor allem in der Pflege, eine große Bedeutung zu. Das sieht auch Maria Klein-Schmeink, die jüngst Eindrücke zur Ausbildungsvorbereitung in Indien sammeln konnte und gerne konkret die Gespräche mit den großen Trägern über die Integration von ausländischen Fachkräften fortsetzen möchte.

Über die Alexianer Gruppe

Die Alexianer Gruppe ist eins der größten konfessionellen Gesundheits- und Sozialwirtschafts- Unternehmen und als Verbund bundesweit in zwölf Regionen, acht Bistümern und sechs Bundesländern tätig. Die Alexianer beschäftigen derzeit 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und betreiben somatische und psychiatrische Krankenhäuser, medizinische Versorgungszentren sowie Einrichtungen der Senioren-, Eingliederungs- und Jugendhilfe. Als gemeinsames Dach der Unternehmensgruppe arbeitet die Alexianer GmbH im Auftrag der Stiftung der Alexianerbrüder, die als Träger und Gesellschafter das Erbe der 800 Jahre alten Ordensgemeinschaft der Alexianerbrüder und anderer Ordensgemeinschaften bewahrt. 2022 erwirtschaftete die Gruppe einen Umsatz von 1,83 Mrd. Euro.

Über die Franziskus Stiftung

Die St. Franziskus-Stiftung Münster zählt zu den größten konfessionellen Krankenhausgruppen Deutschlands. Sie wird nach modernen Managementkonzepten geführt. Die Stiftung trägt Verantwortung für derzeit 14 Krankenhäuser sowie neun Behinderten- und Senioreneinrichtungen in den Ländern Nordrhein-Westfalen und Bremen. Darüber hinaus hält sie Beteiligungen u.a. an ambulanten Rehabilitationszentren, Pflegediensten und Hospizen. In den Einrichtungen der Franziskus Stiftung werden jährlich über 587.000 Menschen stationär und ambulant behandelt, in den Langzeiteinrichtungen etwa 1.000 Menschen betreut. Über 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen für kranke, behinderte und alte Menschen. Der Vorstand besteht aus Dr. Nils Brüggemann (Vorstandsvorsitzender) und Dr. Daisy Hünefeld (Vorstand).

Hier die vereinbarten Krankenhausreform-Eckpunkte zwischen Bund und Länder: Bund und Länder einigen sich auf Eckpunkte und Das Eckpunktepapier der neuen Krankenhausreform (als PDF-Dokument)
Angehörigengruppe: „Wie ein Rettungsring“

Angehörigengruppe: „Wie ein Rettungsring“

Bild: Ekaterina Berger (l.) und Eugenia Bozer (r.) auf der kinderneurologischen Frührehabilitation des Clemenshospitals.

Angehörigengruppe: Therapiegruppe für Angehörige von schwerstkranken Kindern und Jugendlichen im Clemenshospital

Münster – Die Schwangerschaft verlief problemlos, zu Hause liefen die letzten Vorbereitungen für das neue Familienmitglied. Doch dann gab es Komplikationen während der Geburt, das Gehirn des Babys bekam zu wenig Sauerstoff und wurde schwer geschädigt. Einen Monat später wurde der kleine Louis mit dem Krankentransport von der Klinik im Raum Düsseldorf in das münsterische Clemenshospital gebracht, dessen kinderneurologische Frührehabilitation auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit schweren Hirnschäden spezialisiert ist. Doch der Schaden war so groß, dass der kleine Louis nach einem Monat den Kampf verloren hat. „Wer das nicht erlebt hat, kann nicht verstehen, was es für die Eltern bedeutet“, ist sich Louis‘ Mutter Ekaterina Berger sicher.

Seit einem dreiviertel Jahr gibt es im Clemenshospital, einer Klinik der Alexianer, eine Gruppe für Angehörige schwerkranker Patientinnen und Patienten der kinderneurologischen Frührehabilitation, deren Leiterin, die Psychologische Psychotherapeutin Eugenia Bozer, noch in der Klinik Kontakt zu den Eltern aufgenommen hat. „Erst war ich skeptisch. Ich dachte, dass in einer solchen Gruppe zu meinem eigenen Schmerz noch der Schmerz der anderen Eltern hinzukommt, aber das ist nicht so! Die Gruppe ist für mich wie ein Rettungsring.“ Bozer kennt diese anfänglichen Zweifel: „Die Hürde ist oft groß, aber man sollte solchen Hilfsangeboten immer eine Chance geben.“ Neben dem Schmerz über den Verlust des Kindes oder des alten Lebens mit einem gesunden Kind, sind es oft auch Schuldgefühle, mit denen die Menschen zu kämpfen haben. „Habe ich etwas falsch gemacht? Habe ich nicht aufgepasst? Eine weitere wichtige Aufgabe der Gruppe neben der Trauerbewältigung besteht darin, den Eltern diese Schuldgefühle zu nehmen. In der Angehörigengruppe besteht die Möglichkeit, sich offen darüber auszutauschen und dabei in der Trauerverarbeitung unterstützt zu werden.“ Ekaterina Berger ist froh, das Angebot von Eugenia Bozer angenommen zu haben: „Nach Louis‘ Tod war alles dunkel, alles war schwer. Mit jedem Treffen der Gruppe wurde es wieder heller. Ich habe noch immer zu vielen Eltern aus der Gruppe Kontakt.“

Während die Angehörigen an den Gruppensitzungen teilnehmen und nicht bei den schwerkranken Kindern sein können, kümmern sich neben der Pflege viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer um die kleinen Patientinnen und Patienten, „Das ist eine große Entlastung und sorgt dafür, dass sich die Angehörigen ganz auf die Gruppenstunden einlassen können“, wie Eugenia Bozer berichtet. Ermöglicht wurde die Angehörigengruppe im Clemenshospital, durch eine Spende der Schober-​Stiftung für christliche Hospizarbeit. „Das Schicksal der Familie Berger hat uns sehr berührt. Gleichzeitig ermutigt es uns, auf unserem Weg weiterzugehen“, so die Vorsitzende des Vorstands, Dr. Anna Schober. Ihr Stellvertreter, Prof. Dr. Peter Witte, ergänzt: „Im Mittelpunkt der Hospizidee stehen der sterbende Mensch und die ihm Nahestehenden. Die Sorge für die Angehörigen, die oft am Ende ihrer Kräfte sind, ist also wesentlich, kommt allen zugute.“

KI: Künstliche Intelligenz im Krankenhaus

KI: Künstliche Intelligenz im Krankenhaus

Bild: Oberarzt Dr. Markus von Wardenburg (li.) und Prof. Dr. Johannes Wessling (re.) vor einer Röntgenaufnahme, die von der KI überprüft wurde.

Clemenshospital und Raphaelsklinik setzen modernste Computertechnologie beim Bewerten von Röntgenaufnahmen ein

Münster – Die künstliche Intelligenz (KI) hilft in immer mehr Bereichen des täglichen Lebens, auch im Krankenhaus ist dieser Prozess seit einiger Zeit zu beobachten. „Gerade in der Radiologie ist der Einsatz von KI besonders sinnvoll, da unsere Daten ohnehin ausnahmslos digital vorliegen“, erläutert der Chefarzt und Leiter des Zentrums für Radiologie, Neuroradiologie, und Nuklearmedizin des Clemenshospitals und der Raphaelsklinik, Prof. Dr. Johannes Wessling. Aktuell werden die Röntgenaufnahmen beider Kliniken der Alexianer anonymisiert über eine sichere Datenverbindung zu einem Kooperationspartner in Frankreich übermittelt, von der dortigen KI-Software automatisch analysiert und wieder nach Münster gesendet. „Das Ganze dauert weniger als zehn Minuten. Wenn der Patient aus dem Röntgen zurückgekehrt ist, liegen die Ergebnisse oft schon vor“, wie der Oberarzt Dr. Markus von Wardenburg berichtet.

Die KI analysiert unter anderem Röntgenbilder des Skelettsystems auf der gezielten Suche nach Knochenbrüchen, um so auffällige von unauffälligen Aufnahmen zu trennen und den Fokus der Ärzte vor allem auf die pathologischen Befunde zu lenken. Auf diese Weise können auffällige und behandlungsbedürftige Befunde vorrangig bearbeitet und eine noch schnellere Diagnosestellung ermöglicht werden. „Besonders am Morgen, wenn zahlreiche Röntgenaufnahmen des Nachtdienstes bewertet werden müssen, ist die Unterstützung durch die KI im Hintergrund eine große Hilfe“, sagt Wessling. „Aber auch im Nachtdienst selber kann sie eine gute Unterstützung sein, nicht nur für uns Radiologen, sondern auch für die Kollegen anderer Abteilungen. Sie fungiert als zweite Instanz, die unsere Aufnahmen im Hintergrund zweit-begutachtet, getreu dem Motto: vier Augen sehen mehr als zwei“. In der neuesten Version führt die KI zudem eigenständig Messungen verschiedener Winkel zum Beispiel an Hüfte, Becken- und Fußskelett durch, wichtige Informationen für die behandelnden Ärzte, die üblicherweise von Hand vorgenommen werden müssen und wertvolle Zeit kosten.

Ersetzen kann und wird sie den Radiologen nicht, da sind sich die Experten sicher, vielmehr sei die KI eine Unterstützung im Hintergrund. Sie hilft bei der Priorisierung der Fälle, kann die Sicherheit durch eine zweite Überprüfung der Röntgenbilder erhöhen und entlastet von zeitraubenden, einfachen Messarbeit. Alle Befunde werden jedoch weiterhin durch entsprechend fachqualifizierte Ärzte verfasst, betont Wessling.

Neben dieser Anwendung helfen KI-Programme im Clemenshospital und in der Raphaelsklinik auch an anderen Stellen. In der Computertomographie (CT) wird die Dosis der erforderlichen Röntgenstrahlung bei vielen Anwendungen erheblich reduziert. Bei der Untersuchung des Gehirns mit dem Magnetresonanztomographen (MRT) hilft sie Muster der Demenz zu erkennen. Bei neurologischen Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose werden Verlaufsbeurteilungen vereinfacht und standardisiert. Von Wardenburg betont: „Die KI soll uns unterstützen und entlasten, um uns mehr Zeit für komplexere diagnostische Aufgaben, Einordnung der Befunde und dem Patientengespräch zu geben.“ Mit Hilfe von KI wird es außerdem zunehmend darum gehen, diagnostische Informationen aus allen Bereichen eines Krankenhauses und zum Zweck einer präziseren Diagnosestellung und zielgenaueren Behandlung sinnvoll zusammen zu führen. KI wird – so Wessling abschließend – auch ganz praktisch helfen, Untersuchungs-, Prozess- und Zeitabläufe von der Aufnahme bis zur Entlassung der Patientinnen und Patienten weiter zu optimieren.

Rückenmark verrutscht: Defekt in der Rückenmarkshaut

Rückenmark verrutscht: Defekt in der Rückenmarkshaut

Bild: Sven Gövert (l.) freut sich, dass die Neurochirurgin Prof. Dr. Uta Schick (r.) den Defekt an der Wirbelsäule operativ beheben konnte.

Rückenmark: Neurochirurgen des Clemenshospitals operieren seltenen Defekt mit Ventralverlagerung des Rückenmarks

Münster – Erst ein Kribbeln am rechten Unterbauch, dann Taubheitsgefühle im Oberschenkel, die nach und nach bis zu den Zehen herunterwanderten, Sven Gövert war zunehmend beunruhigt. „Dann veränderte sich auch noch mein Gangbild und mir wurde klar, dass hier irgendetwas nicht stimmt!“ berichtet der 49-Jährige, der bis zu diesem Zeitpunkt ein begeisterter Laufsportler war. Der Gang zum Orthopäden war naheliegend, brachte aber kein Ergebnis. Es folgte der Neurologe, der eine Untersuchung im Magnetresonanztomografen (MRT) anfertigen ließ.

Die Aufnahmen zeigten eine Verlagerung des Rückenmarks nach vorne im Bereich des siebten und achten Brustwirbelkörpers, deren Ursache von den Medizinern zunächst in einer dahinterliegenden Zyste gesehen wurde. „Das war eine Fehldiagnose. Bei Herrn Gövert lag eine sehr seltene Veränderung vor, ein Loch in der Dura, das ist die Haut, die das gesamte Rückenmark innerhalb des Wirbelkanals umhüllt“, wie die Chefärztin der Klinik für Neurochirurgie des Clemenshospitals, Prof. Dr. Uta Schick, berichtet. Die Neurochirurgin ist Expertin für diese Art von Fehlbildungen und hat beim ersten Blick auf die MRT-Aufnahmen erkannt, dass dringender Handlungsbedarf bestand. „Das MRT zeigte eine typische V-Form des Rückenmarks. Wer sich damit auskennt, weiß sofort, dass ein Loch in der Dura vorliegt, durch das das Rückenmark durchgerutscht ist. Es zeigten sich außerdem die typischen Symptome einer beginnenden Querschnittslähmung. Ohne eine Operation hätte Herr Gövert sicher bald seine Beine nicht mehr bewegen können!“

Das Loch war über zwei Zentimeter groß und lag auf der Vorderseite. Um dort operieren zu können, mussten Schick und ihr Team zunächst die Wirbelbögen mit dem Dornfortsatz heraussägen und dann innerhalb der Rückenmarkshaut sehr vorsichtig das Rückenmark leicht zur einen und dann zur anderen Seite rotieren. „Das Rückenmark hatte sich bereits durch das Loch hindurchgezwängt und sah aus wie der Kopf eines Champignons, der am Hals eingeklemmt ist. Um diesen Teil zurückzuholen, mussten wir zunächst das Loch sogar noch etwas vergrößern“, berichtet Prof. Dr. Uta Schick. In Millimeterarbeit wurden sogenannte Fibrinschwämmchen mit einem speziellen Kleber eingebracht, um das Loch außen abzudecken und zusätzlich eine künstliche Faszie von innen ausgerollt zum Verschluss gebracht. Während des Eingriffs wurde laufend die motorische und sensible Leitung des Rückenmarks zu und von den Beinen überwacht. So wurde sichergestellt, dass die empfindlichen Strukturen nicht beschädigt werden. Zum Schluss wurde das herausgesägte Stück des Knochens wiedereingesetzt und mit Miniplättchen befestigt.

„Es geht Herrn Gövert schon deutlich besser, er konnte bereits kurz nach dem Eingriff ohne Hilfsmittel stehen und gehen, die Spastik hat sich verbessert, die Nervenströme sogar normalisiert. Leider erholt sich das Rückenmark nur mäßig von Schädigungen, hier ist Geduld gefragt“, wie Professor Dr. Uta Schick vom Clemenshospital, einem Krankenhaus der Alexianer, betont.