„Babylotsen-Projekt“ am St. Franziskus-Hospital: Kooperationsvertrag sichert Zukunft

„Babylotsen-Projekt“ am St. Franziskus-Hospital: Kooperationsvertrag sichert Zukunft

Bild: Gelbe Rosen als symbolischer Dank (v.l.): Dr. Dagmar Schwarte (Gesundheitsamt Münster), Heiner Vogt (Stellv. Leiter Amt für Kinder, Jugendliche und Familie, Münster), Jutta Möllers (Ratsmitglied Stadt Münster, Kinder- und Jugendpolitische Sprecherin Bündnis90/Die Grünen), Petra Gittner (Leiterin Jugendamt Emsdetten), Beate Tenhaken (Leiterin Jugendamt Greven), Dr. Anke Hövels (Lt. Oberärztin Geburtshilfe), Priv.-Doz.Dr. Michael Böswald Projektverantwortlicher Chefarzt), Monja Göcke (Babylotsin), Tillmann Fuchs (Sozialdezernent Kreis Steinfurt) und Regionalgeschäftsführer Burkhard Nolte.

Münster – Mit dem „Babylotsen-Projekt“ startete das St. Franziskus-Hospital Münster vor vier Jahren ein einzigartiges Präventionsprojekt rund um Schwangerschaft und Geburt, um Familien mit Betreuungsbedarf zu erkennen und ihnen die individuell nötige Unterstützung in den Kommunen und Kreisen zu vermitteln. Das Krankenhaus als eine der größten Geburtskliniken in NRW konnte eine Projektförderung durch die Glücksspirale erreichen, die aber im vergangenen Jahr auslief. Das Hospital sprang ein, um die Finanzierung mit geringer Stundenzahl aufzufangen. Dank des Einsatzes der Projektleitung, die zusammen mit der Babylotsin die umliegenden Jugendämter persönlich aufgesucht und Anträge an die Kommunen und Kreise geschrieben hat, konnten fast alle Angesprochenen von der Dringlichkeit und der Qualität des Projektes überzeugt werden und die Finanzierung nun langfristig ausgebaut werden. In einer Feierstunde dankten die Projektbeteiligten des Hospitals den Förderern.

„Babylotsen sind Ansprechpartner und Netzwerker, wenn sich rund um die Geburt Anhaltspunkte für Belastungen bei den Schwangeren oder in der Familie ergeben“, beschrieb Beate Riße ihre Aufgabe als Babylotsin in der Geburtsklinik des St. Franziskus-Hospitals. Schon beim Aufnahmegespräch mit den Patientinnen werde mit Hilfe eines speziellen Erhebungsbogens ermittelt, ob Hilfe- und Beratungsbedarf bestehe. Da über 90 Prozent der Frauen in einer geburtshilflichen Klinik entbinden, habe man hier die einmalige Gelegenheit, den größten Teil der Mütter und Familien zu erreichen und frühzeitig zu beraten. „Das Projekt ist eine echte Herzens­angelegenheit geworden und ein gelungenes Beispiel für Prävention beim Lebensstart. Wir konnten damit eine Lücke zwischen der Jugend-, Sozial- und Gesundheitshilfe schließen“, erläuterte der projektverantwortliche Chefarzt Priv.-Doz. Dr. Michael Böswald. Im Namen des St. Franziskus-Hospitals dankte er den Vertretern der Städte Münster, Greven, Emsdetten und des Kreises Steinfurt für die finanzielle Unterstützung, die es seit Jahresanfang 2019 ermöglicht, das Beratungsangebot langfristig zu etablieren und zeitlich auszubauen: Eine anteilsmäßige Finanzierung wurde in entsprechenden Kooperationsverträgen festgeschrieben. Zusammen mit dem Eigenanteil des Hospitals stehen so jährlich rund 80.000 Euro für das Projekt zur Verfügung.

„Bisher hat das St. Franziskus-Hospital das Babylotsen-Angebot allein aus Eigenmitteln und Spenden finanziert“, erläuterte Regionalgeschäftsführer Burkhard Nolte. „Dank der finanziellen Unterstützung der Kommunen und des Kreises Steinfurt kann das Projekt nun nicht nur aufrechterhalten, sondern sogar personell erweitert werden.“ Künftig stehen den Familien zwei Mitarbeiterinnen im Hospital mit insgesamt ca. 50 Wochenstunden zur Verfügung.

„Der Beratungsbedarf bei Schwangeren und ihren Familien ist groß – und es war bisher nicht möglich, dieser Nachfrage gerecht zu werden“, führte Beate Riße aus. So habe es 2018 im St. Franziskus-Hospital 2530 Geburten gegeben und bei jeder fünften Schwangeren oder ihrer Familie sei ein Bedarf für das Babylotsen-Angebot zu erkennen gewesen. „Die individuelle Kontaktvermittlung und Beratung wird sehr gerne in Anspruch genommen und schafft bei den Schwangeren Vertrauen – und für ihre Lebenssituation Zuversicht “, sind sich Dr. Michael Böswald und Babylotsin Beate Riße einig.

Das St. Franziskus-Hospital ist neben dem Mathias Spital in Rheine das einzige Krankenhaus im Münsterland, in dem Babylotsen tätig sind.

Babylotsen sind Netzwerker, die wissen, wer helfen kann
Werdende Eltern unterliegen oftmals unterschiedlichen Belastungen: Wirtschaftliche Not oder Arbeitslosigkeit, fehlende Integration, schwindende familiäre Strukturen, Trennung oder Krankheit der Eltern. Nicht alle Familien verfügen über ausreichend eigene Ressourcen, um mit diesen Belastungen fertig zu werden. So kann es zu Überforderung und im schlimmsten Fall zur Gefährdung des Kindeswohls kommen. Babylotsen sorgen dafür, dass hilfebedürftige Schwangere und Familien frühzeitig durch den oft unübersichtlichen Dschungel aus Hilfsangeboten geleitet werden.Hierfür ist es besonders wichtig, den Hilfe- und Beratungsbedarf von Familien professionell zu erkennen und frühzeitig zu ihnen Kontakt aufzunehmen. Babylotsen zeichnen sich durch ihre besonders gute Vernetzung zu den verschiedenen Einrichtungen der frühen Hilfen aus. Sie zeigen den Familien einen Weg auf und motivieren sie, an Hilfemaßnahmen teilzunehmen. Bestehende Angebote sollen dabei nicht ersetzt werden. So gibt es von freien und kommunalen Trägern sehr viele Angebote vor und nach der Geburt. Die Wahrnehmung dieser Hilfen kann aber ausgebaut werden. Durch die Babylotsen kann in den Geburtskliniken der akute Bedarf ermittelt und Hilfe sehr früh an die Familien gebracht und die schon vorhandenen Netze besser genutzt werden. Babylotsen leisten somit einen präventiven Beitrag zum Kinderschutz.

Babylotsin Beate Riße: „Lange Zeit hatte ich ein ungutes Gefühl bei dem Gedanken, dass es so viele werdende Mütter und Familien gibt, die mit Ihrer Lebenssituation überfordert sind. Als Babylotsin habe ich den Eindruck, diesen Menschen wirklich helfen zu können. Das ungute Bauchgefühl weicht einem Gefühl der Hoffnung“.

Leben mit Magersucht: „Es ist besser, wenn sie schläft“

Leben mit Magersucht: „Es ist besser, wenn sie schläft“

Bild: Laura Mantler versucht mit Hilfe einer multimodalen Therapie ihre Magersucht in den Griff zu bekommen. (© Foto UKM)

Münster (ukm/aw) – Wie ein Leben mit Magersucht aussieht, davon haben Außenstehende kaum eine Vorstellung. Wie ist das, wenn man sich so dick fühlt, als passe man kaum in normale Kleidung hinein? Obwohl der Kopf weiß, dass man in Wahrheit viel zu dünn ist? Die Körperschemastörung ist ein häufiges Symptom der Erkrankung Anorexie. Laura Mantler lebt seit vier Jahren mit dieser Diagnose – heute „schläft“ die Essstörung bei ihr. Geholfen hat ihr die Behandlung in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am UKM.

Laura Mantler macht gerade Abitur. Das ist ohne Frage erwähnenswert, aber vor dem Hintergrund, dass die Achtzehnjährige seit ihrer frühen Jugend mit ihrer Magersucht (Anorexia Nervosa) kämpft, scheint diese Leistung umso größer. Alleine in den letzten vier Jahren musste Laura zwei Mal stationär in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am UKM (Universitätsklinikum Münster) aufgenommen werden und hat viele Monate auf der Station für PatientInnen mit Essstörungen verbracht.

Oft ist es eine verzerrte Wahrnehmung ihres Körpers, die Patientinnen mit Anorexie dazu verleitet, das eigene Gewicht zum Mittelpunkt ihrer Welt zu machen. Dabei kann das Körperschema der Betroffenen völlig verschoben sein, sagt die Therapeutin und Leiterin der Forschungsgruppe Essstörungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Dr. Ida Wessing. „PatientInnen mit einer Körperschemastörung leiden unter überdimensionierten Vorstellungen ihrer Ausmaße – und das trotz ihres extremen Untergewichts.“ Auch bei Laura habe eine schwere Körperschemastörung vorgelegen, ein Beispiel für diese falsche Wahrnehmung liefert sie selbst: „Ich hatte zum Beispiel das Gefühl, meine Schlafanzughose drückt, und ich musste sie nachts ausziehen, weil sie sich wirklich viel zu eng anfühlte und überall spannte. Ich hatte in dieser Zeit aber definitiv mein niedrigstes Gewicht.“

Um der Wahrnehmungsverzerrung zu begegnen, versuchen Therapeuten, den PatientInnen zunächst ein realistisches Bild ihres Körpers zu vermitteln. Dafür werden die PatientInnen gemessen und gewogen und man vergleicht gemeinsam den eigenen BMI (body mass index) mit dem von normalgewichtigen Gleichaltrigen. „Das kann man grafisch gut darstellen. So verdeutlichen wir den Betroffenen erst einmal, wie weit sie wirklich unter allen anderen vom Gewicht her liegen. Und dann erklären wir, was das alles für gesundheitliche Folgen hat und wie sehr, sehr gefährlich das für den Körper ist“, so Wessing.

Die Therapie der Anorexie ist ein Prozess mit multimodalen Therapie-Konzepten, der meist mehrere Monate, wenn nicht Jahre braucht. Die Körperbildstörung ist dabei ein Behandlungs- und Forschungsschwerpunkt der Kinder- und Jugendpsychiatrie am UKM. Laura war erst beim zweiten Klinikaufenthalt so weit, sich eingestehen zu können, dass ihr Problem tiefer lag. Wie viele Jugendliche bringt auch sie eine bestimmte Persönlichkeitsstruktur mit, die die Anorexie begünstigt, so Wessing: „Die PatientInnen sind häufig perfektionistisch und haben ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle. Oft sind das hochangepasste junge Menschen, die hohe Ansprüche an sich stellen und optimale Leistungen bringen wollen.“ Dazu passt, dass Laura schon im Alter von sechs Jahren damit begonnen habe, sich Essenspläne aufzuerlegen und Kalorien zu zählen. In einem abgegrenzten Bereich die Kontrolle über ihr Leben zu haben, tat ihr gut, erzählt Laura. „Ich funktionierte in allen Bereichen besser, wenn ich die Kontrolle behielt“, sagt sie. Genau das ist etwas, mit dem sie heute, nach der Therapie, immer noch zu kämpfen hat. Die Magersucht kehre in Form eines Gefühls der Fremdbestimmtheit immer wieder zurück: „Man ist nie alleine! Da ist immer jemand, der deine Handlungen bestimmt. Es gibt viele kleine Situationen im Alltag, wo man erkennt: Okay, das ist jetzt gerade eine Essstörungs-Handlung und nicht Du selbst.“ Die Essstörung beschreibt sie als „kleine Stimme“, auf die sie höre: „Ich spüre, sie ist da, und ich bin dann ganz anders.“

Inzwischen hält Laura seit längerer Zeit ihr Gewicht und neben dem Abitur sind auch wieder andere Dinge in ihrem Leben wichtig. Zum Beispiel pflege sie nun wieder stärker soziale Kontakte. Außerdem will Laura sich ihren größten Traum erfüllen: Sie plant einen Afrika-Aufenthalt, bei dem sie mit ihrem Freund zusammen einige Monate einen Freiwilligendienst leisten will.
Therapeutin Ida Wessing findet das wichtig: „Dass die Krankheit ganz verschwindet, ist ein Stück weit unwahrscheinlich. Aber wenn die PatientInnen plötzlich aufhören, ständig über Essen zu reden und sich wieder anderen Dingen zuwenden, wenn ich merke, da ist Leben und Freude drin, dann sind das ganz wichtige Anzeichen, dass es in die richtige Richtung geht.“

Dass die Essstörung irgendwann kein Thema mehr sein soll, wäre Lauras Wunsch auf einem langen Weg. Im Moment begnügt sie sich mit der Vorstellung, dass die Magersucht „schläft“: „Es ist besser, wenn sie schläft! Und es ist auch möglich, sie schlafen zu lassen.“

Info:
Die Forschungsgruppe Essstörungen der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am UKM (Universitätsklinikum Münster) sucht gesunde jugendliche Teilnehmerinnen zwischen 12 und 19 Jahren für die Studie „Körpererleben bei jugendlichen Patientinnen mit Anorexia Nervosa“. In dieser Studie werden die neuronalen Grundlagen des Körpererlebens bei Anorexia Nervosa untersucht. Probanden werden an insgesamt drei Terminen zu ihrem psychischen Befinden befragt. Außerdem werden Verhaltenstests und Messungen von Aktivität und Struktur des Gehirns durchgeführt. Alle Messungen sind strahlenfrei und gesundheitlich unbedenklich. Bei Teilnahme an allen drei Terminen erhalten die Teilnehmerinnen eine Aufwandsentschädigung von 90 €. Auch eine Teilnahme nur an einem Termin (ohne Messungen des Gehirns) ist möglich, die Aufwandsentschädigung beträgt dann 25 €.

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Studientelefon
Telefon 0152 54957693
Projektleitung
Dr. Dipl.-Psych. Ida Wessing
Ida.Wessing@ukmuenster.de

Der „Forschungscampus Ost“ der Uni-Medizin soll dem Coesfelder Kreuz ein neues Gesicht geben

Der „Forschungscampus Ost“ der Uni-Medizin soll dem Coesfelder Kreuz ein neues Gesicht geben

Bild 1: Zwischen dem jetzigen Medizin-Campus und der „Mensa am Ring“ erstreckt sich der künftige „Forschungscampus Ost“. Die vorbereitenden Maßnahmen für seine Errichtung sind angelaufen (FZ / S. Marschalowski).

Münster (mfm/tb) – Zwei Bagger machen das, was Bagger eben so machen. Metertiefe Gräben durchziehen das Gelände. Auf ihrer Sohle sind große Rohre zu erkennen. Es ist nicht zu übersehen: Es tut sich was auf dem Gelände des früheren Parkplatzes am Coesfelder Kreuz. Aber was genau? „Hier soll der künftige Forschungscampus Ost der Universitätsmedizin Münster entstehen“, klärt Prof. Sven Meuth auf. „Das Gelände an der zentralen Kreuzung in Richtung westliche Stadtteile ist Teil des ‚Masterplans Universitätsmedizin‘ und soll später mehrere große Gebäude mit vorwiegend wissenschaftlicher Nutzung beherbergen“, so der Neurologe, der der Medizinischen Fakultät der Universität Münster (WWU) als Dekan vorsteht. Doch damit diese Pläne Realität werden können, sind zunächst vorbereitende Maßnahmen notwendig. Die haben jetzt begonnen.

Die Forschungsinfrastruktur der Universitätsmedizin Münster hat zwei zentrale Limits, resultierend aus einer inzwischen rund hundert Jahre währenden Baugeschichte: eine dezentrale Gliederung mit über 100 Gebäuden und Anlagen sowie zweitens einen Mangel an geeigneten Räumen. „Ein Labor höherer Sicherheitsstufe in ein denkmalgeschütztes Klinikgebäude der 1920er Jahre einzubauen, ist logischerweise aufwändig und teuer“, erläutert Medizin-Dekan Meuth. Neubauten seien effizienter, nicht nur finanziell. Ein Tochterunternehmen der Uniklinik, die UKM IM GmbH, ist für die Bautätigkeit der Uni-Mediziner zuständig und managt auch das Großvorhaben am Coesfelder Kreuz. Dieses ist Bestandteil des “Masterplans“, den das UKM und die Medizinische Fakultät gemeinsam erarbeitet haben, und soll einen wesentlichen Beitrag leisten zu den Oberzielen des Konzepts, nämlich neue Räume zu schaffen, in denen gemeinsam geforscht werden kann, externe Anmietungen abzubauen und den Medizin-Campus stärker nach Nutzungsart – Krankenversorgung, Forschung oder Lehre – sowie nach kooperierenden Fachdisziplinen zu strukturieren.

In diesem Ansatz kommt dem Forschungscampus Ost – der Name sagt es – eine überwiegend forschende Rolle zu. Hier sollen Labore der Institute und Kliniken aus den am Standort Münster verfolgten Schwerpunkten Infektionsmedizin, Krebsforschung, Zell- und Regenerationstherapie sowie die neuropsychiatrische Forschung eine neue Heimat finden. Als bauliches Dach für einen großen Teil davon ist das „Medizinische Forschungs-Centrum“, kurz MedForCe, geplant. Hier ist zudem ein Gebäude vorgesehen, im dem Wissenschaftler verschiedener Fachdisziplinen gemeinsam der Frage nachgehen, wie Hirn und Körper interagieren. Daraus leitet sich auch der Name dieses Gebäudes ab, der mit dem „MedForCe“ einen zusammenhängenden Baukörper bilden soll: „Body & Brain Institute Münster“ (BB IM). Hier soll des Weiteren ein Parkhaus für die Beschäftigten errichtet werden und perspektivisch auch noch ein Bürogebäude. In Summe bekommt die Universitätsmedizin Münster ein großes Angebot modernster, fachübergreifend organisierte Forschungsflächen. „Das ist auch für die Gewinnung der besten Ärztinnen und Ärzte für das UKM eine wichtige Entwicklung“, sagt Prof. Robert Nitsch, Ärztlicher Direktor des UKM, „denn gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät betreiben wir Spitzenforschung zum Wohle unserer Patienten“.

Die Bauvorhaben befinden sich in unterschiedlichen Planungs-, Finanzierungs- und Beantragungsphasen. Bevor es damit aber überhaupt losgehen kann, müssen die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden – und da kommt die Stadt Münster ins Spiel. „Die Verwaltung unterstützt uns hervorragend“ freut sich Dr. Christoph Hoppenheit, Kaufmännischer Direktor des UKM, über die kooperative Zusammenarbeit mit der Kommune, die sich als Wissenschaftsstadt versteht. Der neue Forschungscampus erstreckt sich an einer sehr sichtbaren und städtebaulichen bedeutsamen Stelle, weshalb von der ersten Rahmenplanung bis hin zur Gebäudearchitektur ein besonderer Qualitätsanspruch besteht. Um den umzusetzen, haben Stadt und UKM eigens eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen.

Ein zentraler Punkt ist die geänderte Verkehrsführung. So sah der bestehende – aus den 1970er Jahren stammende – Bebauungsplan eine Fortführung der jetzigen Querspange zwischen Rishon-Le-Zion-Ring und Domagkstraße vor, um sie an die Albert-Schweitzer-Straße anzuschließen. „Diese Straße wäre mitten durch den Lindenpark an der psychiatrischen Klinik gegangen und hätte große Teile davon zerstört“, sagt Dr. Hoppenheit – und ergänzt: „Gut, dass das nie umgesetzt wurde“. Um MedForCe und BB IM parallel zum Rishon-Le-Zion-Ring errichten zu können, soll nun das Gegenteil der 1970er-Jahre-Idee gemacht werden: Die Querspange soll verschwinden und überbaut werden; im Gegenzug soll die ursprüngliche historische Erschließung der Uniklinik über die – derzeit abgeriegelte – Sertürnerstraße wieder hergestellt werden. Über diese neue Zufahrt gelangen Autofahrer in das vorgesehene Parkhaus. Die Domagkstraße will das UKM übernehmen, etwa ab der Unterführung schließen und sie – ihrem attraktiven Alleecharakter entsprechend – vorwiegend dem Radverkehr überlassen. Diese Änderungen an der Verkehrsführung setzen eine öffentliche Beteiligung inklusive Bürgeranhörung voraus, zu der die Stadt am kommenden Dienstag einlädt.
Neben planerischen Vorarbeiten sind für den Forschungscampus auch praktische zu leisten. Um die gesetzliche Frist einzuhalten, wurde zunächst das den Parkplatz umrahmende Buschwerk gerodet. Andernfalls wären diese Arbeiten in die Brutzeit gefallen. Was aktuell auf dem Gelände läuft, ist die Verlegung einer größeren Fernwärmeleitung. Auch müssen noch Bodenuntersuchungen folgen, denn nach derzeitigem Wissenstand dienten Teile des Geländes nach dem Krieg zur Ablagerung von Bauschutt. Wie bei jedem Vorhaben dieser Art wurde auch der Kampfmittelräumdienst eingeschaltet. „Anhaltspunkte für Bombenblindgänger haben sich erfreulicherweise nicht gefunden“, zeigt sich Dr. Hoppenheit zufrieden mit dem Ergebnis der Luftbildauswertung. Verlaufen alle Arbeiten, Fördermittel-Beantragungen und Genehmigungsverfahren nach Plan, hoffen die Verantwortlichen von UKM und WWU auf einen ersten Spatenstich im Herbst dieses Jahres.

Bild 2: Zur Baureifmachung gehört auch die Verlegung einer Fernwärmeleitung an den Rand des geplanten Forschungscampus Ost (Foto: FZ / S. Marschalkowski)
Spielsachen für kranke Kinder

Spielsachen für kranke Kinder

Bild: Hildegard Peppinghaus (l.) freut sich zusammen mit Sabrina Schulz vom Fundraising des Clemenshospitals darüber, dass die Kinder der Klinik für Kinder-​ und Jugendmedizin bald viele neue Spielsachen haben werden.

Münster – Um den jüngsten Patienten den Aufenthalt im Krankenhaus angenehmer zu machen, braucht es nicht nur gute Medizin und Pflege. Im Spielzimmer der Kinder-​ und Jugendklinik im Clemenshospital finden sie Ablenkung und kommen mit anderen Kindern in Kontakt. Das Spielwarengeschäft Peppinghaus in Wolbeck unterstützt das Clemenshospital nun mit einer doppelten Spende. Zum einen durch die Bereitstellung von sehr gut erhaltenem Vorführspielzeug und zum anderen durch den Verkauf bestimmter, ausgewählter Produkte: „Die Mitarbeiter der Kinderklinik haben sich 20 Spiele gewünscht, da die vorhandenen Spielsachen in die Jahre gekommen sind oder ergänzt werden müssen“, berichtet die Chefin des Geschäftes an der Hiltruper Straße, Hildegard Peppinghaus.

Die Produkte liegen in speziellen Geschenkekörben im Geschäft aus. Peppinghaus bittet ihre Kunden darum, die Spiele zu kaufen und an die Kinderklinik zu spenden. Das Spielwarengeschäft in Wolbeck beteiligt sich dabei mit einem Preisnachlass. „Diese Form des bürgerschaftlichen Engagements ist für uns enorm wichtig und stellt eine großartige Unterstützung bei der Betreuung unserer kleinen Patientinnen und Patienten dar“, freut sich Dr. Otfried Debus, Chefarzt der Klinik für Kinder-​ und Jugendmedizin des Clemenshospitals. Die Aktion startet am 5. April.

Bessere Diagnose bei Parkinson dank App?

Bessere Diagnose bei Parkinson dank App?

Bild: Differentialdiagnose per Parkinson-App: (v.l.) Patientin Irene Fischer, Prof. Tobias Warnecke und Dr. Julian Varghese. (© Foto UKM/Wibberg)

Rund 400.000 Menschen sind nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen in Deutschland von Parkinson betroffen. Um auf die Erkrankung und das Schicksal der Patienten aufmerksam zu machen, findet weltweit am 11. April der Welt-Parkinson-Tag statt. Am UKM (Universitätsklinikum Münster) werden jährlich mehr als 1.000 Patientinnen und Patienten mit Parkinson versorgt. Dabei spielen auch neue Technologien eine Rolle: Eine Studie am UKM testet zurzeit ein mobiles System zur Bewegungsanalyse von Betroffenen.

Münster (ukm/js) – Seit knapp einem Jahr existiert das Parkinsonnetz Münsterland+, ein Zusammenschluss aus Betroffenen, Angehörigen sowie Experten, die an der Behandlung der Patienten beteiligt sind. „Die Parkinson-Krankheit tritt bei den Betroffenen individuell sehr unterschiedlich auf. Daher stellt die Erkrankung eine besondere Herausforderung für Patienten, deren Angehörige aber auch uns Ärzte dar. Durch den Zusammenschluss im Parkinsonnetz wollen wir den Austausch zwischen Betroffenen und Fachleuten patientenorientiert gestalten und unsere Expertise bündeln“, erklärt Prof. Dr. Tobias Warnecke, Oberarzt und Parkinsonexperte der Klinik für Neurologie am UKM. Besonders interessiert sind die Patienten nach Warneckes Erfahrungen an Informationen zum Thema „Neue Technologien“, denn in Zeiten von Smartphones und Smartwatches könnten sich für Mediziner und Patienten in Zukunft ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Informatiker vom Institut für Medizinische Informatik der Medizinischen Fakultät Münster haben ein Mobiles Systems zur Bewegungsanalyse von Menschen mit Parkinson entwickelt, das derzeit in einer Studie in der UKM Neurologie getestet wird.

Was kompliziert klingt, ist in der Praxis ganz einfach: Mit zwei Smartwatches an den Handgelenken der Patienten, auf denen die in Münster entwickelte App installiert ist, wird eine neurologische Untersuchung durchgeführt. „So werden die Bewegungsdaten hochauflösend im Millisekunden-Bereich gemessen und mit den Methoden der Künstlichen Intelligenz ausgewertet. Derzeit werden Parkinson und andere Bewegungsstörungen in der Regel durch eine ärztliche neurologische Untersuchung festgestellt, die immer auch von der subjektiven Einschätzung des Arztes abhängig sind. Durch den Einsatz objektiver Systeme wie unserer App könnte in Zukunft die Diagnosemöglichkeit von Parkinson deutlich verbessert werden“, erklärt Dr. Julian Varghese. Er ist Arzt und Informatiker und hat das neue Mobile System in Kooperation mit der Neurologie am UKM entwickelt. Dort sollen bis Ende 2020 insgesamt bis zu 1000 Probanden untersucht werden.

Ergänzt werden die Bewegungsdaten der Hand um elektronische Fragebögen, die der Untersucher am Smartphone ausfüllt. Dadurch werden wichtige Informationen zur Familienanamnese, Medikation und Fragen zu Begleitsymptomen wie Depressionen, Müdigkeit und allgemeinen Lebensqualität ebenfalls ausgewertet. Dank des Parkinsonnetzes Münsterland+ hatten die Mediziner in Münster bislang noch keine Probleme, Probanden für die Studie zu rekrutieren. „Unsere Patienten sind sehr aufgeschlossen gegenüber den neuen Untersuchungsmöglichkeiten und erste Zwischenresultate der Studie lassen uns auf künftig verbesserte Diagnosen hoffen“, freut sich Neurologe Prof. Tobias Warnecke.