Adipositas: Starkes Übergewicht effektiv und nachhaltig behandeln

Adipositas: Starkes Übergewicht effektiv und nachhaltig behandeln

Bild: Spezielle Therapieprogramme zielen auf eine sichere und nachhaltige Gewichtsabnahme bei stark übergewichtigen Menschen ab. Bewegung ist dabei ein entscheidender Faktor. Foto: djd/Optifast

Studie zu Adipositas Grad III: Therapieprogramm als Alternative zur Operation

(djd) – Die Zahl adipöser Menschen steigt weltweit seit Jahren kontinuierlich an. Adipositas ist eine chronische Krankheit, die für viele andere Erkrankungen ein hohes Risiko bedeutet. Dazu zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen des Skelettsystems, Karzinome, Asthma sowie psychische Krankheiten. Besonders deutlich ist der Zusammenhang zwischen Adipositas und Diabetes mellitus Typ 2 (DMT2): Studien zufolge werden mehr als 80 Prozent aller DMT2-Erkrankungen durch starkes Übergewicht verursacht. Logische Konsequenz: Eine Reduzierung des Körpergewichts ist bei Patienten mit Adipositas auch für eine erfolgreiche Therapie des DMT2 entscheidend. Menschen mit schwerem Übergewicht – einem BMI von mehr als 40 – gelten als Patientinnen und Patienten mit Adipositas Grad III.

Adipositas Grad III: Operationen verursachen mehr Komplikationen als ein konservatives Therapieprogramm

Mit Menschen mit Adipositas Grad III beschäftigte sich eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in einem aktuellen Beitrag (Helena Thiem et. al., 2022, Thieme-Verlag). Berichtet wird über eine Studie mit Patientinnen und Patienten mit einem BMI zwischen 40 und 50, die zusätzlich an DTM2 erkrankt sind. Wie kann diesen Patienten schlussendlich am effektivsten und nachhaltigsten geholfen werden? Gegenübergestellt werden eine metabolische Operation – zum Beispiel eine Magenverkleinerung – und das Optifast 52 Programm. Ergebnis der Studie: Sowohl ein chirurgischer Eingriff als auch das konservative Programm können zu deutlichen Gewichtsverlusten führen – die Operation geht jedoch im Vergleich zum konservativen Therapieprogramm mit höheren Komplikationsraten einher.

Ernährung, Verhalten, Bewegung: Programm kombiniert mehrere Elemente

Das Optifast 52 Programm kombiniert eine Formula-Diät mit Ernährungsberatung, Verhaltenstraining, Bewegungstherapie und einer medizinischen und psychologischen Betreuung. Die Teilnehmer erlernen und trainieren ein neues Ess- und Bewegungsverhalten, um die Gewichtsreduktion langfristig zu stabilisieren. Mehr Informationen gibt es unter www.optifast.de. Das Programm erstreckt sich über 52 Wochen. Los geht es mit einer einwöchigen Vorbereitungsphase, es folgen zwölf Wochen modifiziertes Fasten mit einer Formula-Diät und acht Wochen Umstellungsphase auf vollwertige kalorienreduzierte Mahlzeiten inklusive Schulungskursen. Die restlichen 31 Wochen gelten der Stabilisierungsphase. In spezialisierten Therapiezentren in Deutschland und Österreich begleiten Teams aus Ärzten, Ernährungsfachkräften, Bewegungstherapeuten und Psychologen die Teilnehmer über die gesamten 52 Wochen des Programms. Wöchentlich wird eine Gruppensitzung angeboten.

Übergewicht als Risikofaktor Nr. 1 für Brustkrebs

Übergewicht als Risikofaktor Nr. 1 für Brustkrebs

Münster (ukm/aw) – Die Diskussion um die Einnahme von Hormonen in Zusammenhang mit der Entstehung Brustkrebs wird seit Jahren geführt. Kaum im Bewusstsein der öffentlichen Meinung verankert ist dagegen ein Faktor, der genauso gut Brustkrebs begünstigt: Starkes Übergewicht hat dieselben negativen Konsequenzen bei der Tumorentstehung wie eine Hormoneinnahme. „Seit 1975 hat sich weltweit die Zahl der Menschen mit starkem Übergewicht (Adipositas) verdreifacht – mit bisher unabsehbaren Folgen auch in Sachen Brustkrebs“, sagt Prof. Ludwig Kiesel, Direktor der Universitäts-Frauenklinik am UKM.

Herr Prof. Kiesel, inwiefern beeinflusst Übergewicht das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken?
Das hängt sehr davon ab, von welchem Lebensabschnitt wir reden. Einfach gesagt: Wenn in der Zeit nach den Wechseljahren Übergewicht vorliegt, ist das ungünstig für das Brustkrebsrisiko. Interessanterweise gilt das nicht unbedingt für die Zeit vor den Wechseljahren. Es gibt sogar Studien, die dann ein niedrigeres Risiko zeigen können, wenn vor den Wechseljahren schon Übergewicht da war. Da gibt es viele Erklärungsansätze, beispielsweise scheint die Hormonlage eine wichtige Rolle zu spielen. Vor den Wechseljahren haben Frauen eine hohe eigene weiblich Hormonbildung – das ist eine grundsätzlich andere Risikokonstellation als nach den Wechseljahren. Wenn danach weniger Hormone vorhanden sind, dann scheint eine zusätzliche Einnahme von Hormonen oder ein Übergewicht mehr Effekt auf das Brustkrebsrisiko zu haben als davor.

Physiologisch nehmen Frauen ja aber in und nach den Wechseljahren oft von ganz alleine zu…
Möglichst früh abzunehmen, ist sicherlich hilfreich. Am besten in Kombination mit einer vermehrten körperlichen Bewegung. Gewichtabnahme ist gut, allerdings in der Gesamtauswirkung nicht ganz so gut, als wenn man vorher gar nicht zugenommen hätte. Das heißt auch für die Zukunft hat jede Gewichtszunahme einen negativen Effekt auf die Brustkrebsentstehung, allerdings kann man das etwas durch eine Gewichtsabnahme korrigieren. Vereinfacht gesagt ist es ideal, wenn man gar nicht zugenommen hat, auch wenn da natürlich noch viele andere Faktoren eine Rolle spielen. Gewicht spielt bei der Entstehung von Brustkrebs immer eine Rolle – man hat sogar herausgefunden, dass ein niedriges Geburtsgewicht mit einem geringeren Risiko, später zu erkranken, einhergeht.

Angesicht seiner Gesellschaft, in der das Übergewicht rasant zunimmt, sind das keine guten Aussichten…
Nein, in der Tat nicht. Seit 1975 hat sich die Zahl der Menschen mit Adipositas weltweit nahezu verdreifacht. Da geht es aber gar nicht so sehr um die vermeintlich „leichteren Fälle“ mit einem leicht erhöhten BMI. Entscheidend ist das zentrale Fett rund um die Körpermitte. Weniger dicke Beine oder ein dicker Po bilden ein Risiko. Gefährlich wird es, wenn die inneren Organe mitbetroffen sind. Es kommt darauf an, wo das Fett sitzt, und das wird leider oft genetisch vorgegeben. Das Fett am Bauch ist ein aktives Organ – früher dachte man, das ist nur ein Speicher für schlechte Zeiten. Inzwischen hat man verstanden, dass ein Zusammenhang zwischen dem aktiven Fett und den entzündlichen Vorgängen, die es im Körper auslöst und der Entstehung von Krebs besteht. Das betrifft natürlich auch den Brustkrebs.

Kann man das Risiko Übergewicht und das Risiko Hormontherapie gegeneinander abwägen?
Ja, das kann man tatsächlich gegeneinander abwägen: Deutliches Übergewicht hat nahezu dieselbe Wirkung wie eine Hormontherapie. Letztendlich ist es in Zahlen fast genauso ungünstig, deutliches Übergewicht zu haben, wie über mehrere Jahre Hormone einzunehmen. Nun ist Hormontherapie ja aber nicht gleich Hormontherapie. Wenn eine Frau nur Östrogene einnimmt, ist das Risiko deutlich geringer als wenn sie ein Kombipräparat aus Östrogenen und Gestagenen einnimmt. Generell gilt: Je länger man Hormone einnimmt, desto ungünstiger wirkt es sich aus. Kurzzeitig allerdings – unter einem Jahr Einnahmedauer – hat eine Hormongabe dagegen keine nennenswerten Folgen und kann helfen, Symptome wie Hitzewallungen zu überwinden.

Was wäre nun ihr Appell an Frauen, die Brustkrebs möglichst vermeiden wollen?
Zum Ersten: Unbedingt aufs Gewicht achten – möglichst auch schon vor den Wechseljahren, denn der Kalorienverbrauch nimmt dann deutlich ab. Das heißt, man muss die Ernährungsweise rechtzeitig anpassen. Zweitens: Sie müssen nicht nur weniger essen, sondern gleichzeitig auch mehr Sport machen, um die Muskelmasse zu erhalten. Trotzdem kann man all das nur bedingt beeinflussen. Ich habe eine Patientin, die war Zeit ihres Lebens eine sehr schlanke Marathonläuferin und hat nach den Wechseljahren nun plötzlich einen ganz anderen Körper. Und das, obwohl sie weiter läuft und sich gesund ernährt. Also: Da darf man sich auch nicht immer ein schlechtes Gewissen machen, man muss nicht immer automatisch etwas falsch gemacht haben, wenn man in diesem Lebensabschnitt zunimmt.