Pandemie-Folgen bei Jugendlichen: Mehr „Couch-Potatoes“ und online-Zeit

Pandemie-Folgen bei Jugendlichen: Mehr „Couch-Potatoes“ und online-Zeit

Bild: Dr. Matthias Marckhoff und Priv.-Doz. Dr. Manuel Föcker haben die Auswirkungen des Lockdowns auf das Bewegungsverhalten von Jugendlichen untersucht.

Im April und Mai hat eine online-Befragung der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am UKM (Universitätsklinikum Münster) die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die körperliche Aktivität und das psychische Wohl-befinden von Jugendlichen unter die Lupe genommen. Jetzt sind die Daten ausgewertet. Ergebnis: Über ein Viertel der Jugendlichen bewegte sich unter Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen nahezu überhaupt nicht mehr. Gleichzeitig stieg der Medienkonsum bei vielen auf bis zu acht und mehr Stunden am Tag.

Münster (ukm/aw) – Für die Studie wurden 1038 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 11 und 17 Jahren in einem online-Survey zu körperlicher Aktivität, Bildschirmzeit und psychischem Wohlbefinden vor und während der Pandemiemaßnahmen befragt. Im zweiten Schritt wurde der Zusammenhang von psychischem Wohlbefinden und Bewegungsverhalten untersucht. Das Ergebnis: Die Einschränkung des Sportangebots – sowohl in Schule als auch im Freizeitbereich – ist eng mit dem psychischen Wohlbefinden verknüpft. „Grundsätzlich hatten wir eine Abnahme der Bewegung und eine Abnahme des psychischen Wohlbefindens unter den Pandemierestriktionen erwartet, sagt Oberarzt und Studienleiter Priv.-Doz. Dr. Manuel Föcker. „Allerdings sind wir von dem Ausmaß der negativen Effekte der Einschränkungen unter der Pandemie dann doch überrascht worden“, ergänzt sein Kollege Dr. Matthias Marckhoff. Im Rahmen der Studie konnten die beiden beobachten, dass über ein Viertel aller Befragten sich unter den Corona-Bedingungen nahezu überhaupt nicht mehr bewegten – vor Corona gaben nur fünf Prozent an komplett ohne Bewegung zu sein. Parallel dazu hat sich der Medienkonsum der Jugendlichen signifikant erhöht, so Marckhoff. „Vor Corona brachten es rund zwanzig Prozent der Befragten auf bis zu acht und mehr Stunden Bildschirmzeit am Tag. Während der Beschränkungen traf dies auf rund 45 Prozent, also fast die Hälfte aller Jugendlichen zu.“

Einhergehend mit dem Bewegungsmangel sei eine akute Abnahme der Zufriedenheit zu verzeichnen, so Föcker. „Rund ein Drittel der Jugendlichen gab an, sich in Zeiten der Pandemie mehr Sorgen zu machen und weniger zufrieden mit dem Leben zu sein. Zusätzlich konnten wir zeigen, dass mit der Verschlechterung des Befindens wiederum eine Abnahme der Bewegung einherging.”
Zusammengenommen seien Bewegungsmangel und eine Abnahme der Lebenszufriedenheit Risikofaktoren, die im Rahmen der Pandemierestriktionen berücksichtigt werden müssen. Föcker und Marckhoff halten es in diesem Zuge für wichtig, Bewegung in den Pandemiealltag zu integrieren und eventuell über online-Angebote nachzujustieren. Insbesondere den Sportlehrkräften in den Schulen käme in Zeiten eingeschränkter Sportangebote eine besondere Rolle zu – auch als Berater und Ideengeber für den Sport zu Hause und mit der Familie. Auf den Seiten des Sportdezernats der Bezirksregierung Münster, das auch die vorliegende Studie begleitet hat, finden Schüler, Eltern und Lehrkräfte zahlreiche Anregungen zum Schulsport unter Pandemiebedingungen.

Informationsabend 18.03.2020: Ängste, Zwänge und Depression im Jugendalter

Informationsabend 18.03.2020: Ängste, Zwänge und Depression im Jugendalter

Münster – Erwachsen zu werden ist nicht immer ganz einfach. Zusätzliche Probleme, wie z. B. die Trennung der Eltern, ein Umzug, Liebeskummer, Leistungsdruck oder Ärger mit Anderen, machen es noch schwerer. Im Jugendalter ist das Risiko, an Ängsten, Zwängen oder Depressionen zu erkranken besonders hoch. Je früher psychische Erkrankungen behandelt werden, desto besser sind die Chancen, gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln und das eigene Leben selbstbestimmt gestalten zu können. Am 18. März informieren Experten der Christoph-Dornier-Klinik über Anzeichen, Gründe und Behandlungsmöglichkeiten von Angst-, Zwangs- und depressiven Erkrankungen im Jugendalter. Der Infoabend beginnt um 18 Uhr in der Tibusstraße 7-11, 48143 Münster. Neben den Vorträgen wird es Raum und Zeit für Fragen und einen offenen Austausch geben.

Datum: Mittowch, 18.03.2020
Ort: Christoph-Dornier-Klinik, Tibusstraße 7-11, 48143 Münster
Uhrzeit: 18:00 – 20:00 Uhr
Zielgruppe: Betroffene, Angehörige und Interessierte
Besonderheiten: Der Eintritt ist frei! Um Anmeldung wird gebeten!

Infos: Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Homepage oder telefonisch unter 0251/4810-102.

Delirrate auf sechs Prozent gesenkt: UKM als Demenzsensibles Krankenhaus zertifiziert

Delirrate auf sechs Prozent gesenkt: UKM als Demenzsensibles Krankenhaus zertifiziert

Bild: Das Team des Bereichs Demenzsensibles Krankenhaus am UKM (Leiter Prof. Thomas Duning 4.v.l.) hat einheitliche Qualitätsstandards im Demenz- und Delirmanagement entwickelt und erhielt dafür nun die bundesweit erste Zertifizierung. (Foto © UKM/Wibberg)

 

Als erstes Krankenhaus in Deutschland ist das UKM (Universitätsklinikum Münster) als Demenzsensibles Krankenhaus zertifiziert worden. Durch die etablierten Qualitätsstandards stellt das UKM eine umfassende Versorgung der betroffenen Patienten sicher.

Münster (ukm/js) – Bereits 2015 hat das UKM den Bereich Demenzsensibles Krankenhaus eingerichtet. Der Grund dafür: Viele ältere Patienten haben neben der eigentlichen Erkrankung, wegen der sie im Krankenhaus sind, auch eine Demenz oder leichte kognitive Einschränkungen. Diese Patienten haben ein großes Risiko während des Krankenhausaufenthaltes ein Delir (akuten Verwirrtheitszustand) zu entwickeln. Am UKM werden Risikopatienten in Pilotkliniken gescreent und durch ein Team bestehend aus Neurologen, Apothekern, Demenz-Experten, Pflegekräfte, Pflegeberater, Sozialpädagogen und ehrenamtlichen Kräften begleitet und beraten. „Durch unser Konzept konnten wir die Delirrate am UKM von 21 Prozent auf sechs Prozent reduzieren“, erklärt Prof. Dr. Thomas Duning, Neurologe und Leiter des Bereichs Demenzsensibles Krankenhaus. Die Zertifizierung des Bereichs bestätigt die einheitlichen und hohen Qualitätsstandards nun auch offiziell. Ziel ist es, das Projekt künftig auf das gesamte UKM auszuweiten und andere Kliniken beim Aufbau eines Demenz- und Delirmanagements zu unterstützen. „Wir möchten kein Alleinstellungsmerkmal behalten, sondern unsere gewonnene Expertise an andere Einrichtungen weitergeben“, unterstreicht Duning.

 

Coronavirus: Das UKM ist vorbereitet

Coronavirus: Das UKM ist vorbereitet

Der Coronavirus stellt nach Auffassung der Mediziner am UKM (Universitätsklinikum Münster) bisher kein erhöhtes Risiko für die Bevölkerung dar. „Die Gefahr, sich mit der normalen Grippe anzustecken, sei derzeit wesentlich größer“, sagt UKM-Virologe Prof. Stephan Ludwig. Sollte es doch zu einer Verbreitung des Coronavirus kommen, ist das UKM darauf vorbereitet.

Münster (ukm/aw) – Dass das Virus 2019-nCoV weitaus weniger pathogen ist als ein saisonaler Grippevirus, ist dem Leiter des Instituts für Virologie, Prof. Stephan Ludwig, wichtig: „Ich würde dieses Thema derzeit nicht so hoch hängen. Wir müssen das vergleichen mit anderen Situationen. Beispielsweise hat die Grippewelle 2017/18 25.000 Todesopfer gefordert und wir haben derzeit vier Corona-Fälle in Deutschland. Es werden auch noch mehr Fälle dazukommen, aber es ist nicht so, dass wir Angst haben müssten, dass wir hier massiv in Kontakt mit Infizierten kommen.“

Sollte es doch zu einzelnen Fällen von Infektionen mit dem 2019-nCo-Virus kommen, ist das UKM als Klinikum der Maximalversorgung dafür gerüstet. Kommt ein Patient mit Verdacht auf eine Coronavirus-Infektion ins UKM, greift als erstes die normale Triage (Sichtung) in der UKM Notaufnahme oder – bei jungen Patienten – in der Klinik für Kinderheilkunde. „Bereits aus den Erfahrungen mit SARS und MERS heraus sind an uns spezielle Anforderungen gestellt worden, die die Isolierung der Patienten in solchen Fällen genau vorschreiben“, sagt beispielsweise der leitende Krankenhaushygieniker des UKM, Prof. Alexander Mellmann. „Im Prinzip unterscheiden sich die Strukturen, die bei uns auch für Influenza, Tuberkulose und vergleichbare Erkrankungen etabliert sind, beim Coronavirus nicht.“

In der vergangenen Woche gab es in der UKM Notaufnahme eine Patientin, die selbst den Verdacht geäußert hatte, sie könne vom Coronavirus betroffen sein. „Wir fragen bereits in der Anamnese ab, ob der Patient oder die Patientin in den vergangenen Wochen in China oder Asien war oder Kontakt zu Menschen aus dieser Region gehabt hat. Das konnten wir bei der betreffenden Frau ausschließen“, sagt Prof. Philipp Kümpers, Leiter der UKM Notaufnahme. Sollte sich aber ein begründeter Verdachtsfall vorstellen, so orientiere sich der weitere Ablauf streng an den Richtlinien, die das Robert-Koch-Institut zum Umgang mit dem Coronavirus empfiehlt. „Im Verdachtsfall machen wir eine Röntgenaufnahme und einen Schnelltest auf normale Influenza“, so Kümpers. Sollte der negativ ausfallen, es also keine Erklärung für vorliegende grippeähnliche Symptome geben, wird eine Referenzprobe ans Institut für Virologie der Charité nach Berlin geschickt. Dort werden durch den sogenannten PCR-Test derzeit Abstriche aus ganz Deutschland auf den Virus untersucht. In den nächsten Tagen wird es aber auch am UKM die Möglichkeit zu einem Nachweisverfahren geben, sodass Patienten dann direkt Gewissheit bekommen.

Das UKM hält für Infektionsfälle spezielle Isolationszimmer vor. Weitere Zimmer könnten bei größerer Ausbreitung identifiziert werden, so Krankenhaus-Hygieniker Mellmann. Für den Fall einer pandemischen Ausbreitung liegen Notfallpläne bereit.

Immunonkologie: den Krebs enttarnen mit Immuntherapie

Immunonkologie: den Krebs enttarnen mit Immuntherapie

Bild: Prof. Annalen Bleckmann, Direktorin des WTZ Netzwerkpartners Münster: „Wir haben inzwischen deutlich mehr Behandlungsoptionen.“ (Foto © UKM/Wibberg)

 

Bei den neuen Therapien (Immuntherapien) setzen Mediziner immer häufiger auf innovative Wirkstoffe, mit denen die körpereigene Abwehr für einen gezielten Angriff aufgerüstet wird.

Münster (ukm/lie) – Rund 500.000 Menschen werden jedes Jahr in Deutschland mit der Diagnose Krebs konfrontiert. Zu den ersten Fragen zählt dann zumeist die nach den Heilungschancen. „Dank neuer Erkenntnisse aus Forschung und Klinik können wir unseren Patienten inzwischen deutlich mehr Behandlungsoptionen anbieten“, erzählt Prof. Annalen Bleckmann, Direktorin des WTZ (Westdeutsches Tumorzentrum) Netzwerkpartners Münster am UKM (Universitätsklinikum Münster). „Auch dann, wenn die Behandlungsklassiker Operation, Chemo- und Strahlentherapie allein vielleicht nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben.“ Im Interview erklärt Prof. Bleckmann, wie die neuen Therapien funktionieren und bei welchen Tumorerkrankungen sie bisher zum Einsatz kommen.

Frau Prof. Bleckmann, wie genau wirken die neuen Immuntherapien?
In manchen Tumoren wimmelt es von Immun-, also Abwehrzellen. Doch statt wie bei anderen Krankheitserregern anzugreifen, verharren diese Zellen untätig im Gewebe und lassen den Krebs gewähren. Der Grund: Die Krebszellen machen sich eine Art eingebauten Sicherheitsmechanismus des Körpers, die sogenannten Checkpoints, zunutze. Checkpoints sind vergleichbar mit Kontrollstationen und sollen eigentlich eine zu starke Reaktion des Immunsystems verhindern. Manche Krebszellen nutzen diese molekularen Bremsen jedoch aus, tarnen sich damit und wachsen unkontrolliert. Hier setzen neue Medikamente wie die vielversprechenden „Checkpoint-Inhibitoren“ an. Sie lösen die Blockade und stimulieren das Immunsystem, das nun wieder die Tumorzellen erkennen und gezielt angreifen kann.

Was sind die Vorteile?
Wir erzielen mit den Checkpoint-Hemmern bei vielen Krebsformen sehr gute Behandlungserfolge. Und da es sich um eine völlig neue Therapieform (Immuntherapie) handelt, die die körpereigene Abwehr unterstützt, treten dabei nicht die klassischen, hinlänglich bekannten Nebenwirkungen wie bei einer Chemotherapie auf. Insgesamt ist somit die Lebensqualität der Patienten höher. Aber natürlich kann es auch bei den Immuntherapien, wie bei jeder Krebstherapie, zu Nebenwirkungen kommen. Hier ist vor allem die Schwierigkeit, ein Gleichgewicht zwischen der Stimulierung und der Hemmung des Immunsystems zu erreichen. Denn ein überaktives Abwehrsystem kann zu Autoimmunerkrankungen und in der Folge starken Entzündungsreaktionen führen. Die Immunonkologie bringt also neue Herausforderungen an die behandelnden Ärzte mit sich. Die Therapie sollte daher in spezialisierten Zentren erfolgen. Bei aller Euphorie über diese neuen Medikamente darf auch nicht unerwähnt bleiben, dass nicht jeder Patient darauf anspricht. Durchschnittlich sind es bisher 30 Prozent. Die Patienten, bei denen die Immuntherapie greift, profitieren dann aber von einer sehr lang anhaltenden Wirkung.

Für wen sind sie geeignet?
Die Immuntherapien finden inzwischen bei zahlreichen Krebsformen Anwendung. Die Idee, den Krebs mit dem körpereigenen Abwehrsystem zu besiegen, ist eigentlich schon sehr alt und stammt aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Aber erst seit wenigen Jahren führen die Forschungen dank eines besseren Verständnisses sowohl des Immunsystems als auch der Tumorgenetik immer häufiger zum gewünschten Erfolg. Der erste Checkpoint-Hemmer wurde 2011 für die Behandlung von schwarzem Hautkrebs zugelassen. Inzwischen gibt es mehrere unterschiedliche Wirkstoffe, die zum Beispiel gegen Lymphdrüsenkrebs oder Tumoren in der Lunge, Niere, Blase oder im Kopf-Hals-Bereich und seit Kurzem auch bei einigen Brustkrebsformen eingesetzt werden. Weitere sind in der Entwicklung.

Zu Beginn wurden die Checkpoint-Hemmer erst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien eingesetzt. Heute finden sie bei den verschiedensten Krebsformen schon frühzeitig erfolgreich Anwendung – als alleinige Therapie oder neu auch in Kombination mit den klassischen Behandlungsformen. Neben den Checkpoint-Inhibitoren gibt es in der Immunonkologie auch noch weitere innovative Ansätze, bei denen die Immunzellen außerhalb des Körpers sozusagen für den Kampf gegen die Krebszellen aufgerüstet werden – zum Beispiel die „CAR-T-Zell-Therapie“ und auch spezielle Tumor-Impfungen. Insgesamt ist viel Bewegung in der Immuntherapie, wodurch sich die Perspektiven stetig verbessern.